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Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin

Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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von seiner Wange zu entfernen. Er trug das Haar immer noch wie ein Soldat streng nach hinten genommen, was die harten Linien seiner mageren Züge noch betonte.
    Stück für Stück, wie ein Spatz, der sich daran gewöhnt, Brotkrumen anzunehmen, begann sich Crestman in ihrer Gegenwart zu entspannen. Tagsüber ließ seine Hand von dem gebogenen Messer ab, das er in seinem Ledergürtel trug. Einmal, als Shea in einer schlammigen Furche auf der Straße ausglitt, beugte sich Crestman über sie, und Besorgnis verzog sein Gesicht, wo noch am Tag zuvor Verärgerung gewesen war. Als sie in einen der häufigen herbstlichen Regengüsse gerieten, zögerte Crestman nicht länger, nahe an Shea heranzurücken und unter ihrem geölten Umhang Schutz zu suchen.
    Am Morgen nach dem schwersten Regenguss hatte Shea jedoch ihren ersten wahren Streit mit dem Jungen. Es war wenig überraschend, dass es um ihr Ziel ging.
    »Warum sollten wir zum Schwanenschloss ziehen?«, hatte sich Crestman beschwert. »Dort gibt es keine Schwäne mehr. Das Schloss ist verwaist.«
    »Warst du dort?«
    »Ja.« Crestman wirkte unbehaglich, als wollte er einen schlechten Traum vergessen. »Meine Einheit wurde auf dem Schlossgelände ausgebildet.«
    »Ausgebildet? Was meinst du? Was hast du im Schwanenschloss erlebt?« Crestman wich Sheas Blick aus, aber seine Finger schlichen sich zu der Narbe unter seinem Auge. »Da haben sie es also getan? Haben sie dort deine Tätowierung fortgeschnitten?« Crestman zog nur seinen Gürtel fester und nahm sein karges Bündel wieder auf. »Du kannst mich nicht ignorieren, Junge! Du musst älteren Menschen antworten, wenn sie mit dir sprechen!«
    Crestman wollte jedoch nicht antworten. Sheas Augen blitzten ärgerlich, und sie setzte ihm noch eine Weile länger zu. »Sind die Truppen noch dort? Benutzt König Sin Hazar das Schwanenschloss noch als Ausbildungslager für sein Kleines Heer?«
    »Ich weiß es nicht! Hört auf, mir Fragen zu stellen! Ich weiß nicht, wer jetzt dort ist! Ich weiß nur, dass die Truppen des Königs vor Jahren lange und hart darum gekämpft haben, es den Rebellen abzunehmen. Sin Hazar beschloss nach dem Aufstand, es als Übungsgelände für seine Heere zu benutzen.«
    Lange und hart gekämpft… Das stimmte. König Sin Hazar hatte mit Blut bezahlt, um seine rebellischen Schwäne zu besiegen. Er hatte jedoch auch einen Vorteil daraus gezogen. Shea war jetzt mehr denn je gezwungen, zum Schwanenschloss zu ziehen. Nun, wo sie von der Aufgabe befreit war, ihre Waisen zu beschützen, musste sie sehen, wo der Aufstand entstanden war, wo ihre Welt auf den Kopf gestellt worden war. Sie musste den Ort der Schlachten sehen, in denen ihr Pom genommen worden war. Pom, der in den ersten Lagern des Kleinen Heers gestorben war, der gefallen war, während er gerade lernte, die treuen Schwäne des Königs in den gefährlichen Jahren unmittelbar nach dem Aufstand zu beschützen. Pom, der gerade lernte, seine Lebensweise zu schützen…
    Als sie eine Woche unterwegs waren, war Shea es leid, mit ihrem Löwenjungen zu streiten. Crestmans anfänglicher Gehorsam, sein früherer Sinn für Dankbarkeit waren geschwunden wie am Morgenhimmel verblassende Sterne. Je weiter sie nach Süden kamen, desto heftiger stellte Crestman jede Feststellung in Frage, die Shea traf. Sie musste erklären, warum sie zu einer bestimmten Zeit am Morgen aufbrachen, warum sie eine bestimmte Weggabelung nahmen. Sie musste rechtfertigen, warum sie anhielten, um an einem bestimmten Rinnsal zu angeln, warum sie jene speziellen Pilze nicht essen konnten. Sie musste jede Entscheidung, jede Wahl begründen.
    Und sie tat es. Sie hielt dem Löwenjungen stand, als hätte sie nicht ihr ganzes Leben damit verbracht, nach den Entscheidungen anderer zu handeln. Sie hielt stand, als hätte die Sonne ihr altes Selbst fortgebrannt, ihre uralte Identität zerbröckelt und mit den Herbstwinden davongeweht, die immer häufiger bliesen. Shea war eine vollkommen andere Person geworden, sie war nicht mehr die sanftmütige Sonnenfrau.
    Nun handelte Shea nicht mehr wie eine Sonne. Sie besaß Freiheiten, von denen sie niemals geträumt hätte. Einmal auf ihrer Wanderung trafen sie auf einen Bestand krausen Süßblatts. Shea wusste, dass sie die dunkelgrünen Blätter ernten sollte, sie für den zukünftigen Gebrauch sammeln und die Samen tragenden Früchte weit über ihre Schulter werfen sollte, damit sich der Flecken kostbaren Krautes ausbreitete. Es kümmerte sie jedoch

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