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Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin

Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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genug gewesen. Rani empfand augenblicklich Dankbarkeit dafür, dass sie sich nicht an die rutschige Seide ihres Balkareen hatte klammern müssen.
    Bevor Rani noch einmal zum Turm hinaufschauen konnte, zog Mair sie tiefer in die Schatten. Rani folgte ihr gehorsam, lief am Fuß des Gebäudes entlang, bis sie den Hof erreichten. Die Wagen standen noch dort, wo die Soldaten sie zurückgelassen hatten, und warteten darauf, dass die Ochsen sie durch die Stadttore ziehen würden.
    Die ersten drei Wagen, die Rani überprüfte, waren festgezurrt, die Planen waren stramm über die deutliche Form der Fässer und Kisten gespannt. Bevor Rani jedoch verzweifeln konnte, hörte sie Mair ihr vom nächsten Wagen aus etwas zuzischeln.
    Rani konnte den Herbstgeruch riechen, während sie herankam. Der Wagenkasten war tief und mit frisch geschnittenem Heu gefüllt. Das Gras war teilweise auf dem Feld getrocknet, aber es verströmte noch immer den schweren Duft des Herbstes.
    Mair grinste Rani an und deutete auf den Wagen. Rani brauchte nur einen Moment, um ihren Umhang fester um ihre dürftige Kleidung zu schlingen und sich auf das Rad zu ziehen, woraufhin sie zuerst ein Bein und dann das andere über das Seitenteil des Holzwagens schwang. Sie zerrte Mair neben sich, zog fest an der gesunden Hand der Freundin, und dann verbargen sich beide Mädchen tief in ihrem duftenden Bett, schufen sich ein warmes, sicheres, vor dem Zorn des Königs geschütztes Nest.

7

    Shea stemmte die Hände in die Hüften und sah die Fuhrleute an. »Ihr habt euch Zeit gelassen, hierherzukommen, nicht wahr?«
    Der Wagenführer warf einen raschen Blick auf ihre Sonnentätowierung. Seine eigene Sonnentätowierung war klein und hoch oben auf dem Wangenknochen angebracht. »Diese ganze Reise war verflucht, gute Frau. Wir haben die Stadt zu spät verlassen. Die Löwen des Königs zwangen uns, die gesamte Ladung neu zu packen.«
    »Das war vor einer Woche! Konntet ihr unterwegs nicht Zeit aufholen?«
    Der Mann wurde zornig, und Shea dachte einen Moment, sie wäre ihn vielleicht zu hart angegangen. Aber sie waren beide Sonnen. Sie sollten beide ihren Platz unter dem Himmel kennen. Sie sollte nicht mit jemandem ihrer eigenen Art streiten müssen, nur um ihre Arbeit tun zu können, nur um dem Kleinen Heer zu dienen.
    Der Fuhrmann sah seine Leute an, die Fässer und Kisten aus den Wagen luden, und Shea befürchtete einen kurzen Moment, er würde ihnen befehlen, die Arbeit niederzulegen. Der Mann schüttelte jedoch nur den Kopf. »Beschwert Euch nicht bei uns, gute Frau. Truppen waren nach Norden unterwegs, die gen Osten segeln sollten. Wir mussten die Straße jedes Mal räumen, wenn sie vorüberkamen.«
    »Nun, ich habe hier auch Truppen – hungrige Mäuler, die gefüttert werden wollen. Ich hoffe, ihr habt uns genug Vorräte mitgebracht. Meine Löwen haben einen guten Appetit.«
    »Es gibt keine Löwen in Sin Hazars Kleinem Heer.« Die schlichte Feststellung nahm Shea den Wind aus den Segeln. Natürlich gab es keine Löwen unter den Kindern. Ihre Tätowierungen waren alle entfernt worden. Sie waren alle in kastenlose Vagabunden verwandelt worden, Kinder ohne Zuhause, ohne Familien – störrische kleine Wesen, die um ihren angemessenen Platz in der Welt rangen.
    Shea fragte sich nicht zum ersten Mal, ob es Glück war, dass Davin ihr zu bleiben erlaubt hatte. Dieser seltsame alte Mann hatte ihr Tränke verabreicht, die aus Kräutern gemischt waren, von denen sie noch nie gehört hatte, und hatte ihre Pulsschläge gezählt, bis er erklärte, sie sei von dem eigenartigen, das Herz angreifenden Schmerz geheilt, der sie auf der Straße niedergestreckt hatte. Sie hatte geglaubt, dass er sie nun hinauswerfen würde, sie wieder auf die Straße zwingen würde, mit oder ohne Crestman.
    Er hatte jedoch nichts dergleichen getan. Stattdessen hatte er gemurrt, sie könne in einer verlassenen Hütte schlafen, eines von einem halben Dutzend verfallender Gebäude, die sein eigenes erbärmliches Häuschen umgaben. Er hatte Crestmans seltsame Geschichte akzeptiert, die Geschichte über den Hauptmann und das Kindermädchen des Königs.
    Der alte Mann hatte auch Crestmans Rang akzeptiert und den anderen Jungen befohlen, ihren neuen Hauptmann zu akzeptieren. Davin hatte die beiden nicht König Sin Hazars Leuten übergeben – weder dem Kleinen Heer noch den erwachsenen Soldaten, die in unregelmäßigen Abständen durchritten. Davin hatte beschlossen, Crestman nicht als Deserteur abzustempeln.

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