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Die Glasfresser

Titel: Die Glasfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Vasta
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Beinhaltung, unbequemer und weniger ordentlich, verlagern uns deshalb auf das kleine Rasenstück des Beets und bemühen Gesäß, Schenkel und Waden, um ein bisschen unangepasst und anders auszusehen. Als wir die Diskussion fortsetzen, nehmen wir eine Stellung ein, als wären wir mit engen Riemen an Gynäkologenstühle geschnallt. Die Ellbogen hinten aufgestützt, das ganze Gewicht auf dem Kreuzbein, der Unterleib zusammengezogen,
die gespreizten Beine gebeugt, die Knie gen Himmel. Wir wissen, dass wir viral sind, doch wir wissen nicht, wie.
    Scarmiglia meint, die Läuse seien schon in der Klasse, in den anderen Klassen rede man seit Tagen davon. Manche hätten schon Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Pulver, Shampoo. Bocca sagt, als seine Mutter klein war, habe man die Kinder zur Läusebekämpfung kahl geschoren und den Kopf mit DDT besprüht. Er sagt auch etwas über Morana, doch ich verteidige ihn. Morana hat nichts damit zu tun. Sicher, er ist schmutzig, doch was heißt das schon. Morana sollte für uns sogar ein Vorbild sein, aber das denke ich und sage es nicht, der wahre virale Junge, die Inkarnation des unschuldigen Übels, ein wasserscheuer rostfleckiger Hund, jemand, der jeden Tag, hartnäckig und ohne jegliche Fähigkeit, es zu verstehen, mit der Infektion lebt, sie in sich aufnimmt und verbreitet.
    Bocca erzählt auch, dass in diesen Tagen bei ihm zu Hause nur über Politik geredet werde. Sein Vater bringe mittags verschiedene Zeitungen mit, außer dem Giornale di Sicilia auch die Repubblica und die Unità . Moro soll jeden Tag sterben, doch er stirbt nie. Er wird von Worten am Leben gehalten. Von Verhandlungen. Vom Atem Andreottis und dem Fanfanis, von dem Craxis und dem Zaccagninis, wie wenn man mit einer Seifenblase spielt und sie in der Luft hält, indem man von unten bläst, ihr neue Kraft gibt, wenn sie gefährlich abdriftet, sie an keine Kante herankommen lässt und sie durch den Atem auch deformiert.
    Ich sage nicht, dass ich Moro fast gegessen habe, dass ich gefühlt habe, wie er winzig klein, gekrümmt und im Zustand der Ursprünglichkeit hinab in meinen Körper und in die Welt gestürzt ist. Und dann war alles vorbei, ein Neuanfang, freier Atem. Auch wenn es hier in Palermo nicht so viel Schmerz gibt: Im März hat sich etwas gelockert, ist aus dem Tritt gekommen, das versteht man aus den Gesprächen beim Abendessen - man isst mit anderen Körpern, die neben den unseren am Tisch sitzen, man isst mit den Brigadisten, mit ihren hungrigen Gespenstern. Doch während der Abendnachrichten ist die Spannung groß,
und dann noch eine Stunde lang, bis die Gespenster verschwinden: Zurück bleibt eine Spannung aus zweiter Hand, nebensächlich.
    Und doch, für uns, die wir sie wahrzunehmen verstehen, ist eine Unruhe da. Eine Erregung. Das Bedürfnis, aktiv zu werden, das Bedürfnis nach irgendetwas, das einen packt und mitreißt, nach irgendetwas, auf das man sich konzentrieren kann. Auf den Kampf zum Beispiel. Denn darum handelt es sich. Das Wort Kampf enthält Sex, Wut und Traum. Also versucht man es leise, doch schamlos auszusprechen, und man versucht es mit einer Aktion zu verbinden. An diesem Punkt jedoch kehrt das Glanzlose, das Matte zurück und trennt jedes Vorhaben von seiner Verwirklichung.
    »Habt ihr darüber nachgedacht, was ich euch über die Roten Brigaden gesagt habe?«, will Scarmiglia plötzlich wissen.
    »Über die Sprache, meinst du?«, fragt Bocca.
    »Ja. Und darüber, dass sie sich nicht auf die Sprache beschränken. Sie handeln.«
    »Worüber sollten wir nachdenken?«, frage ich.
    »Dass das, was sie tun, einen Sinn hat.«
    »Auch wenn sie töten?«
    »Erinnerst du dich, was ich dir über das Schuldigsein gesagt habe?«, fragt er mich, ohne zu antworten.
    Ich nicke.
    »Schuldigsein ist eine Verantwortung. Die Roten Brigaden übernehmen diese Verantwortung.«
    »Sie machen Moro zu einem Unschuldigen«, sage ich.
    »Das stimmt«, sagt Scarmiglia, »auch das geschieht, aber es ist unvermeidlich. Wenn einer den Mut hat, schuldig zu sein, hat das Folgen. Eine der Folgen ist, aus Moro ein Opfer zu machen.«
    »Jedenfalls stimmt es«, sagt Bocca vorsichtig, »dass nur sie handeln.«
    »Sicher«, sagt Scarmiglia. »Es geht ihnen nicht darum, eine Gruppe zu bilden. Die Roten Brigaden handeln . Sie führen Aktionen aus.«

    Während wir sprechen, nehme ich die Maisonne auf meiner Haut wahr, die um uns herum verstreuten Grillen, ein paar Bienen, ihre Frühlingspsychose.
    »Die Roten Brigaden«, sage

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