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Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin

Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin

Titel: Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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dem Gerichtsgebäude gefunden.«
    Sandro bekreuzigte sich, aber es war eher eine unabsichtliche, in langen Mönchsjahren geübte Geste. »Der Inquisitor von Sevilla.«
    Der Hauptmann klopfte Sandro auf die Schulter und lachte. »Bei Eurem Talent für Mordfälle, Carissimi, seid Ihr bald der letzte lebende Geistliche in Trient. Wisst Ihr, was Euer Problem ist: Ihr seid zu weich. Das wird Euch das Genick brechen.«
    Sandro warf Forli einen gereizten Blick zu, erwiderte jedoch nichts. Er schob sich an Forli vorbei in den Amtsraum. Fürstbischof Madruzzo wandte ihm mühsam das Gesicht zu.
    »Wir warten bereits ungebührlich lange, Bruder Carissimi.«
    »Verzeiht, Exzellenz, ich befand mich im Verhör.« Sandro küsste den Bischofsring. Da der Fürstbischof ihm nicht zu verstehen gab, sich setzen zu dürfen, blieb er stehen.
    »Ihr wisst, was vergangene Nacht passiert ist, Bruder Carissimi?«
    »Ich wurde soeben informiert.«
    »Cespedes war ein angesehener und tüchtiger Geistlicher in einem Land, das von Kaiser Karl regiert wird. Bertani, nun gut, das war ja noch zu verkraften, denn der Papst konnte ihn nicht leiden. Aber Cespedes: Er hat den Sommer des letzten Jahres in Rom verbracht und viele Verbindungen zu einflussreichen Familien geknüpft. Und er sollte Großinquisitor werden! Man hat den künftigen Großinquisitor von Spanien ermordet! In meiner Stadt! Und was macht Ihr? Steht hier herum und tut nichts.«
    »Weil Ihr mich habt rufen lassen, Exzellenz.«
    Dieses Detail ignorierte Madruzzo. »Wie weit seid Ihr mit dem Verhör der zweifelhaften Frauensperson?«
    »Sie bestreitet nicht, bei Bischof Bertani gewesen zu sein, aber sie bestreitet, etwas mit dem Mord zu tun zu haben.«
    »Sie war also bei Bertani. Sie war zu der Zeit, als Cespedes getötet wurde, nicht auffindbar. Sie trug, als sie aufgegriffen wurde, einen Dolch bei sich. Und – in ihrem Quartier befindet sich ein höchst seltsames Mädchen.«
    »Das alles ist richtig.«
    »Hauptmann Forli hält sie für schuldig.«
    »Er hat gewiss mehr Erfahrung in solchen Dingen als ich.«
    »Bruder de Soto hält sie ebenfalls für schuldig.«
    »Bruder de Soto ist zweifellos ein wacher Geist.«
    »Also haltet auch Ihr sie für schuldig.«
    »Ich bin mir nicht sicher, Exzellenz.«
    »Ihr seid Euch nicht …« Der Fürstbischof schnappte nach Luft. »Seid Ihr irrsinnig geworden, Bruder Carissimi?«
    »Zugegeben, Carlotta da Rimini ist verdächtig. Aber einiges passt nicht zusammen. Wenn ich Euch erklären darf …«
    Madruzzos knallte seine Stockspitze auf den Boden, als wolle er eine hässliche Spinne erschlagen. »Ich war bisher äußerst geduldig, Bruder Carissimi. Als Ihr – ohne es mit mir abzusprechen – den württembergischen Gesandten verhaftet und damit beinahe eine diplomatische Krise ausgelöst habt, habe ich Euch gewähren lassen. Ich habe geduldet, dass Ihr mich über Eure Fortschritte im Unklaren lasst. Aber nun …« Er atmete dreimal tief durch, wobei seine Zunge auf der Unterlippe lag. »Aber nun«, fuhr er langsamer fort, »ist aus dem Mord eine Reihe von Morden geworden, und das ist das Schlimmste, was einem Fürstbischof passieren kann, der zweihundert Geistliche beherbergt. Das Konzil wird in Aufruhr geraten, der Kaiser wird Rechenschaft verlangen, der Heilige Vater wird Rechenschaft verlangen. Und Ihr« – er sprach er jedes einzelne Wort so langsam aus, als sei es eine Duftschwade, die sich im Raum verbreitete – »seid Euch nicht sicher.«
    Sandro fühlte, wie er gegen seinen Willen errötete. Er hatte sich, bevor er in den Raum gekommen war, vorgenommen, wahrhaftig zu bleiben. Er hielt Carlotta zu diesem Zeitpunkt weder für schuldig noch für unschuldig. Das Offensichtliche sprach gegen sie. Sobald er jedoch versuchte, Carlotta als Täterin zu akzeptieren und alle Details dieser Theorie anzupassen, merkte er, dass sie sich nicht ohne Weiteres einfügen ließen. Carlottas Schuld war für ihn eine offene Frage. Das war die Wahrheit. Jetzt, wo er vor dem Fürstbischof stand und seine Wahrheit vertreten musste, wurde sein Kopf heiß und sein Herz schwer.
    »Wenn Ihr Euch nicht sicher seid«, fuhr Madruzzo fort, »dann verschafft Euch Sicherheit. Die Mittel hierfür stehen Euch zur Verfügung. Trient ist für peinliche Befragungen bestens ausgerüstet.«
    Sandro schluckte. »Ich – ich möchte diese Methode nur im äußersten Notfall anwenden, Exzellenz.«
    »Zwei ermordete Prälaten! Wann tritt Eurer Ansicht nach der Notfall ein? Wenn

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