Die Glaszauberin pyramiden1
helfen Boaz verstehen und dann vernichten zu können.
»Es war vor zwei Nächten. Ta’uz war fertig mit mir, und ich stand hinter dem Bett und zog mich an, da kam Boaz herein. Es brannte nur eine Lampe, ich stand im Schatten, und Boaz sah mich nicht sofort. Ta’uz war außer sich über Boaz’ Eintreten; der Magier hatte nicht geklopft und auch keine Zeit an Höflichkeiten verschwendet.«
Raguel erschauderte bei der Erinnerung. »Ich weiß nicht, wie sie es schafften, nicht aufeinander einzuschlagen, denn der Haß zwischen ihnen ist tief. Sie fingen an, sich über irgendeine verwaltungstechnische Kleinigkeit zu streiten, von denen Boaz glaubte, daß Ta’uz sie übersehen hatte – ich glaube, Boaz hatte kurz zuvor von einem der Schreiber davon erfahren. Dann warf Ta’uz außer sich vor Zorn einen Stapel Papyri zu Boden und schrie, daß verwaltungstechnische Kleinigkeiten das letzte seien, woran er denke, da doch die Pyramide… Er verstummte mit einem Mal, und Boaz fragte ihn, wovon er spräche. Ta’uz erzählte ihm von dem Tod des Sklaven, dann sah er Boaz an.
Boaz schwieg eine Weile, dann meinte er, der Tod eines Sklaven sei bei einem Werk von dieser Größenordnung völlig unbedeutend. Ta’uz starrte ihn an und sagte, sie wüßten es doch beide besser.«
»Was hat er damit gemeint?« fragte Isphet.
Raguel breitete hilflos die Hände aus. »Ich weiß es nicht, leider. Mittlerweile war ich so tief in den Schatten gekrochen, wie ich nur konnte. Ich hatte Angst, daß… wenn Boaz mich sieht… selbst Ta’uz hatte mich vergessen… und ich dachte…«
Sie schüttelte sich und fuhr fort. »Boaz wollte das Thema wechseln, deutete an, Ta’uz würde sich vor Schatten fürchten, aber dann sagte Ta’uz: ›Das nächste Mal werden es drei sein, Boaz, und dann fünf, sieben, elf. Wir wissen beide, was diese Zahlen bedeuten.‹ Er sagte, daß die Pyramide gefressen habe.« Hier brach Raguels Stimme. »Und da sie einmal gefressen habe, würde sie auch weiterhin fressen müssen.
Boaz hatte es die Sprache verschlagen, dann öffnete er den Mund, als wollte er etwas sagen. Ta’uz ließ ihn jedoch nicht zu Wort kommen und sagte, man hätte die Pyramide niemals bauen dürfen. Er sagte, die Formel sei zu gefährlich und viel zu unberechenbar. Dann… dann glaube ich, drang ein Luftzug durch das offene Fenster und brachte die Vorhänge um das Bett in Bewegung, und als Nächstes wurde mir bewußt, daß Boaz mich anstarrte und mich dann anbrüllte, zu verschwinden.«
»Und Ta’uz?« fragte Isphet.
»Ta’uz hat mich nicht einmal angesehen. Er starrte aus dem Fenster auf die Pyramide. Als ich aus dem Raum floh, sagte er: ›Bei der Eins, sie beobachtet uns!‹«
Eine Zeitlang herrschte Schweigen.
»Wir schlagen zu, und zwar bald«, sagte Yaqob schließlich.
Ishkur schaute von seinen Händen auf; sie waren groß wie Schaufeln und voller Schwielen. »Wir sind noch nicht bereit.«
Yaqob holte tief Luft; er mochte es nicht, wenn man ihm widersprach. »Tausende sind bereit. Was ist, wenn Boaz die Herrschaft an sich reißt und seinen Onkel bittet, noch ein paar seiner vergoldeten Speerträger zu schicken? Wir haben jetzt noch die Möglichkeit, die Wachmannschaft und die Soldaten zu überwältigen, aber nicht, wenn womöglich weitere Verstärkungen eintreffen.«
»Und was ist mit den Waffen?« fragte Isphet. »Ohne…«
»Einige unserer Schmiedewerkstätten haben seit Monaten Klingen hergestellt und versteckt. Aber wir brauchen mehr – vor allem wegen der Soldaten, die Chad Nezzar zurückgelassen hat. Mit Glück können wir der Wachmannschaft welche stehlen – wir kennen ein paar ihrer Waffenlager.«
»Aber wenn wir sie bestehlen, dann wissen sie, daß eine Revolte geplant ist«, sagte ich, weil ich mich um Yaqob sorgte.
Er berührte meine Wange. »Keine Angst. Wir werden die Lager nicht anrühren, bis wir zuschlagen. Was meinst du, Ishkur?«
»Wenn wir Männer in der Nähe der Waffenlager unauffällig unterbringen, wenn wir das Signal für die Erhebung geben«, sagte Ishkur, »dann können sie einbrechen und sich die Waffen holen, bevor die Wächter merken, was passiert. Dann haben wir vielleicht eine Chance. Vielleicht.«
Es klang nach einer Chance, die mehr auf Hoffnung als auf Sicherheit setzte. Vielleicht.
»Ishkur, wir verlassen uns auf die Arbeiter als die größte Truppe unserer Kämpfer«, sagte Isphet. »Du besitzt ihre Loyalität und ihren Respekt. Aber werden sie auch kämpfen?«
»Ja«, sagte er.
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