Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel
sollen sich morgen ganz sicher fühlen, damit Sie sich ganz allein auf die Fragen konzentrieren können.“
„Übrigens fotografiert immer nur eine von den vier Kameras“, warf die rundliche Frau Berghahn ein. „Man kann sie an dem roten Licht erkennen, das über ihr aufflammt, wenn sie gerade dran ist.“ Als Champion wollte sie zeigen, daß sie kein Neuling mehr war, und ihre Erfahrungen herausstreichen.
Zur selben Zeit gestattete sich der rosafarbene Herr Bertram einen Spaziergang durch die Frühlingssonne und zum Bahnhof Zoo. Dort schloß er sich in eine Telefonzelle ein, wählte die Nummer des Hotels Kempinski, die er inzwischen bereits im Kopf hatte, und ließ sich von der Zentrale mit der Bellevue-Suite verbinden.
„Herrn Kunwar Singh, wenn ich bitten darf.“
„Leider alles total besetzt“, bedauerte ein paar Minuten später eine fremdländisch klingende Stimme, die sich unter „Sekretariat Mister Singh“ gemeldet hatte.
Nur mit Ach und Krach bekam das Dutzendgesicht schließlich doch noch einen Termin, und zwar für morgen sechzehn Uhr.
„Aber, please , pünktlich sein, der Meister hat um sechzehn Uhr dreißig eine Konferenzpresse — excuse me — eine Pressekonferenz in der Bristol-Bar des Hotels.
„Ich werde mich keinesfalls verspäten“, versicherte der Mann in der Telefonzelle und bedankte sich überschwenglich. Er hängte den Hörer wieder an den Automaten, blieb stehen und starrte durch die Glastür auf die vorbeigehenden Menschen, ohne sie eigentlich zu sehen. „Der Meister hat eine Pressekonferenz“, klang es wie Musik in seinen Ohren nach.
Er explodierte innerlich beinahe vor Freude. Himmeldonnerwetter, er schwamm augenblicklich tatsächlich im Glück. Sein ursprünglicher Plan, das große Ding in der Nacht zu drehen, wäre kompliziert und gefährlich gewesen. Und diesen Plan konnte er jetzt, Gott sei’s getrommelt und gepfiffen, in den nächsten Gully feuern. Diese Pressekonferenz um sechzehn Uhr dreißig bedeutete, daß er vor ihrem Beginn der letzte Besucher sein würde und daß die Suite vermutlich hinterher so leer war wie ein ausgekippter Mülleimer. Einfacher ging’s wirklich nicht.
Ein Klopfen an der Scheibe holte ihn aus seinen Gedanken zurück.
„Wenn Sie unbedingt pennen wollen, dann doch nicht ausgerechnet hier“, schimpfte ein junger Bursche, der mehr Pickel im Gesicht hatte als normalerweise Streusel auf einem Bäckerkuchen sind. „Das hier ist eine öffentliche Telefonzelle, haben Sie verstanden?“
Auch andere Leute warteten schon.
Er stammelte „Entschuldigung“ und drückte sich an ihnen vorbei.
Trotzdem, dämlich und paradox, überlegte das Dutzendgesicht, als es die Kantstraße hinaufschlenderte. Da muß man sich drängeln und wie ein Idiot bedanken, damit man bei diesem indischen Kaffeesatzleser seine Piepen loswerden darf.
Anschließend besuchte er einen Maskenverleih in der Uhlandstraße, dessen Adresse ihm der alte Ede gepfiffen hatte. Er ließ sich einen eleganten Kinnbart mit Zubehör verpassen. Also mit Klebstoff und Klebstoffentferner. Daraufhin suchte er sich noch einen eleganten und breitrandigen Hut aus, der zum Taubenblau von Dr. Glossners Anzug paßte .
Als er wieder auf die Straße trat, entdeckte er eine rabenschwarze Katze, die eingerollt in der Sonne döste. Er blieb stehen, und der Schreck schoß ihm in die Glieder. Erst nach einer Weile beruhigte ihn der Gedanke, daß dieses Unglücksbiest seinen Weg ja noch nicht gekreuzt hatte.
„Das besagt also überhaupt nichts“, redete er sich ein. Er drehte sich kurz entschlossen um und verfügte sich in die entgegengesetzte Richtung.
Als die Ampel an der Ecke zur Bleibtreustraße auf Rot sprang, mußte er warten.
Allmählich schmilzt mein Kapital weg wie Butter in der Sonne, schoß es ihm durch den Kopf. Er blickte einem Pferdewagen nach, der mit seinen Bierfässern ganz selbstverständlich zwischen den Autos über den Ku’damm trabte.
Dieser Maskenverleiher hat auch ganz schön hingelangt. Naja, Verschwiegenheit muß man teuer berappen, dagegen ist kein Kraut gewachsen. Das hat sich ja auch bei Ede Krüger schon gezeigt. Er hat sich diesen lausigen Schlüssel bezahlen lassen, als sei er aus Gold oder Platin. Und morgen kostet mich dieser indische Maharadscha einen halben Tausender. Das sind Brocken, mit denen ich nicht gerechnet hatte.
Die Ampel zeigte inzwischen Grün.
Ich muß morgen einen Schritt machen, der sich gewaschen hat. Dann sitzt die Maus wieder im Speck.
Mr.
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