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Die Glut des Bösen: Kriminalroman (German Edition)

Die Glut des Bösen: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Glut des Bösen: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anette Huesmann
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eine andere Erklärung? Grieser beschloss, das Gespräch mit dem Kollegen abzuwarten, bevor er weitere Überlegungen anstellte. Er ließ den leeren Kaffeebecher und die Papiertüte in den Mülleimer neben der Bank fallen und schlenderte hinüber zur Theodor-Heuss-Brücke, wo er mit Eckart Rührig verabredet war. Der alte Hauptkommissar hatte damals den Fall bearbeitet und war seit zwei Jahren im Ruhestand.
    Rührig wartete wie vereinbart am öffentlichen Telefon unmittelbar am Fuß der Neckarbrücke. Der pensionierte Beamte war kleiner als Grieser und hatte ein paar Kilo zu viel. Er trug einen klassischen dunkelblauen Trainingsanzug, eine dünne Mütze und Turnschuhe. Neben ihm lehnte ein Paar Nordic-Walking-Stöcke.
    »Morgen«, brummte er als Erwiderung auf Griesers Begrüßung. Er griff nach seinen Stöcken und forderte Grieser auf, ihn zu begleiten.
    Grieser sah zweifelnd an sich herab. Seine Motorradkleidung und vor allem die Stiefel waren nicht für längere Spaziergänge gemacht. Mit einem Blick zu Rührig beschloss er, dass er es trotzdem mit dem zwanzig Jahre Älteren aufnehmen konnte.
    Rührig setzte sich in Bewegung und steuerte einen Spazierweg entlang der Neckarwiese an. Er schwang seine Stöcke energisch durch, und Grieser brauchte ein paar Schritte, bis er sich auf das Tempo eingestellt hatte.
    »Sie sind also an der alten Geschichte dran«, stellte Rührig fest. Seine Stöcke trafen mit einem metallischen Klicken auf den Asphalt.
    »Kann man so nicht sagen.« Grieser berichtete Rührig von dem Fund in Bingerbrück und von der Verbindung zwischen der ermordeten Frau und dem Pater. Der alte Hauptkommissar schwieg kurz, dann begann zu erzählen.
    »Wir sind nach Ziegelhausen gerufen worden, weil zunächst die Todesursache nicht ganz klar war. Später hat sich herausgestellt, dass Pater Benedikt am Tag vor seinem Tod von einer Eibe ein paar Zweige mitgenommen hatte. Die Nadeln hat er wohl mit Wasser püriert und das Gebräu irgendwann abends in seinem Zimmer getrunken. Im Laufe der Nacht ist er dann an einem Atemstillstand gestorben.«
    »Hat er einen Abschiedsbrief hinterlassen?«, fragte Grieser. Sie kamen an einem kleinen Spielplatz vorbei. Zwei Frauen in Jogginganzügen saßen auf einer der Bänke und unterhielten sich angeregt. Eine wies lachend zu einem kleinen Jungen und einem Mädchen im Kindergartenalter, die vor ihnen im Sandkasten spielten.
    »Nein«, sagte Rührig. »Deshalb haben wir auch ermittelt. Aber später wurde klar, dass Pater Benedikt die Zweige selber gesammelt hat. Da er an Kräuterkunde sehr interessiert war, habe ich nie daran gezweifelt, dass er genau wusste, was er tat, als er sich daraus ein Cocktail gemixt hat.«
    »Gab es Hinweise, warum er sich das Leben genommen hat?«
    »Der Abt wollte nicht glauben, dass es ein Selbstmord war. Für einen Ordensmann ist Selbstmord eine der größtenSünden, die er begehen kann. Als wir ihm später mitteilten, dass es sich zweifelsfrei um einen Selbstmord handelt, war er überzeugt, dass Pater Benedikt sich für irgendein dunkles Geheimnis selbst bestraft hat. Aber wenn es dieses Geheimnis gegeben haben sollte, so haben wir es damals nicht entdeckt.«
    »Was war mit dem Brandmal?«
    Grieser war inzwischen in seiner Lederkleidung warm geworden. Außerdem war er außer Atem und musste sich Mühe geben, beim Sprechen nicht zu keuchen. Sein rechter Motorradstiefel rieb immer stärker an der Ferse. Rührig sprach so gelassen weiter, als säße er zu Hause auf dem Sofa.
    »Das war mir ein echtes Rätsel. Das Brandzeichen war zum Zeitpunkt des Todes laut Obduktionsbericht etwa zwei Tage alt. Es saß in der linken Leiste des Mönchs. Es muss mit einem heißen Eisen gemacht worden sein, das in etwa die Form eines Eselskopfes hatte. Der Rechtsmediziner meinte, die Wunde sei zwar ziemlich verkrustet gewesen, aber die Form war gut zu erkennen.«
    Grieser blieb stehen. Peinlichkeit hin oder her, er konnte das Tempo des Alten nicht mithalten. Rührig stöckelte noch ein paar Schritte weiter und blieb dann ebenfalls stehen.
    »Sie sind zu schnell für mich«, sagte Grieser und sog die Luft ein. »Vielleicht können wir uns ja einen Moment setzen.«
    Er deutete auf eine Reihe von Bänken am Rande des Spazierwegs.
    »Wenn wir jetzt Pause machen, dann bin ich morgen krank«, protestierte Rührig. Doch er kam zurück und setzte seinen Marsch nun deutlich langsamer in die Gegenrichtung fort. Grieser folgte ihm erleichtert.
    »Aber um ehrlich zu sein, hat mich

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