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Die goldene Galeere

Die goldene Galeere

Titel: Die goldene Galeere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Vlcek
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weißt du alles - aber ob du es auch begreifen kannst, Mythor?«
    »Was ist in der Schattenzone geschehen?« wollte Mythor wissen.
    »Unbeschreibliches.« Nigomir sagte dieses eine Wort und schwieg dann wieder für eine Weile.
    Er starrte immer noch das Fensterbild an. Leiser und mit heiserer Stimme, so als scheue er sich, diese Dinge laut auszusprechen, fügte er hinzu: »Ich war mit meinem Schiff und der gesamten Mannschaft ein Spielball dieser grauenvollen Mächte. Wir haben uns tapfer zur Wehr gesetzt, und mehr als die Hälfte meiner Männer fand den Tod, bevor unser Widerstand gebrochen war. Ich habe die Unterwelt erlebt. Dort hat meine Irrfahrt begonnen, die immer noch nicht zu Ende ist. Wir wurden in die tiefsten Abgründe hinabgezerrt, und wir ritten mit der Goldenen Galeere auf einer Welle, die höher war als der höchste Berg, den ich kenne. Ich hätte lieber sterben mögen.«
    »Hast du denn keinen Einfluss auf die dunklen Mächte, die dich geformt haben?« fragte Mythor. »Kannst du denn nichts tun, um dich ihnen zu widersetzen? Wenn es etwas gibt, was ein Außenstehender für dich tun könnte, dann sage es mir.«
    Nigomir wandte sich um und sah ihn aus seinen dunklen, lodernden Augen an. »Ich fühle, dass meine Irrfahrt, solange sie schon gedauert hat, im Grunde erst beginnt«, sagte er. »Und mir sind nur sieben Getreue verblieben. Ich brauche Männer, tüchtige Seeleute, um meine Mannschaft zu verstärken. Mir wäre jeder zusätzliche Mann willkommen.«
    Mythor senkte den Blick. Er hatte sich die Hilfe für den Verfluchten anders vorgestellt, als seinen Geist und seinen Körper für ihn zu opfern.
    »Ich habe mir ein Ziel gesetzt, Nigomir«, sagte Mythor bedächtig. »Das muss ich erreichen, und darum kann ich dich nicht begleiten.«
    »Ich könnte dich zwingen«, sagte Nigomir und straffte sich. »Und der Einfluss des Bösen wird mich früher oder später dazu treiben. Ich kann ihm nicht standhalten. Ich bin nur ein Sklave.«
    »Ich würde kämpfen«, sagte Mythor fest, »und eher sterben, als das Erbe deines Fluches zu übernehmen. Damit ist es mir ernst, Nigomir.«
    »Ich glaube dir, Mythor, denn du bist ein aufrechter, wackerer Mann. Aber auf meinem Schiff wäre dein Widerstand bald gebrochen. Ich hoffe wirklich, dass es nicht dazu kommt. Verlasse die Goldene Galeere, bevor es zu spät ist.«
    »Wie denn, hier auf dem offenen Meer?«
    »Noch habe ich die Kraft, mein Schiff gen Land zu steuern. Ich kann dich absetzen, wo immer du willst.«
    »Kennst du Xanadas Lichtburg?«
    Nigomir wandte sich dem Kartentisch zu und fuhr in den Berg von Pergamenten und Tierhäuten.
    »Auf diesen Karten sind so ziemlich alle Punkte der bekannten Welt eingezeichnet«, behauptete er. »Es sind darauf selbst Orte festgehalten, die keines Sterblichen Fuß je betreten hat. Ich kenne die Welt, aber ich finde mich nicht in ihr zurecht. Sieh selbst, ob du Xanadas Lichtburg findest.«
    Mythor setzte sich an den Tisch. Er wühlte in fiebriger Hast in den Karten und durchsuchte sie nach bekannten Namen: Tainnia, Elvinon, Caer, Akinlay, Salamos…
    Aber ihm stachen nur fremde Begriffe ins Auge, die nichtssagend für ihn waren und die ihn nur verwirrten. Als er so nicht weiterkam, zwang er sich zur Ruhe und begann, die Karten genauer zu lesen.
    Endlich stieß er auf eine, die das Meer der Spinnen zeigte. Es war sogar ein Teil der Westküste darauf, mit einem Teil des Grenzlands zwischen Tainnia und Dandamar. Aber es waren keine bekannten Orte eingezeichnet.
    Mythor suchte weiter und entdeckte schließlich die Anschlusskarte. In dieser war Nyrngor, die Hauptstadt von Dandamar, eingezeichnet, und sie zeigte auch ein großes Gebiet des Hinterlands. Und da war Xanadas Lichtburg! Mythor musste zweimal hinsehen, um es glauben zu können. Er wischte sogar mit seinem zitternden Finger darüber, aber der Name blieb: Xanadas Lichtburg!
    Er verstand nicht viel von Maßstäben, so dass er nicht zu sagen vermochte, wie weit entfernt dieser Ort von der Westküste war. Aber Xanadas Lichtburg war etwa eine halbe Handspanne landeinwärts vermerkt und lag östlich und etwas unterhalb von Nyrngor.
    »Das ist mein Ziel!« sagte er erregt und stieß mit dem Finger auf diesen Punkt der Landkarte. »Xanadas Lichtburg, dorthin muss ich.«
    Nigomir sagte, ohne hinzusehen: »Wenn Drundyr mich lange genug gewähren lässt, werde ich dich dort absetzen.«
    Mythor wurde auf einmal misstrauisch. »Du sprichst immer nur von mir, Nigomir. Aber ich bin nicht

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