Die Goldmacherin Historischer Roman
mussten fern der Stadt Speyer segeln, denn nirgends sah sie Fischer oder Hütten am Ufer, nur die Auen mit den Seitenarmen des Rheins und Inselchen.
»Komm jetzt!«, forderte Mona sie nun strenger auf.
Auf dem Fluss schob sich ein weiteres Boot von der Seite
heran. Vor dem schlichten Aufbau aus Holz flickten kräftige Männer Kettenhemden, ein anderer schor dahinter einem Grauhaarigen das Haupt und schüttelte mit dem Kamm die Haare ins Wasser.
Als Aurelia sich nicht rührte, ergriff Mona einfach ihre Hand und zog sie mit sich. Das Boot war sehr groß und trug gar zwei Segel, eines braun und eines weißlinnen. Vorn am Bug flatterte ein Banner im Wind, dessen Farben Aurelia nicht erkennen konnte. Mona trat zur Seite und schob sie am Arm um die mit hölzernen Trauben verzierte Ecke des Aufbaus weiter. »Geh.«
Aurelia fühlte bei ihren Schritten, wie das Schiff sich sanft mit den Wellen wiegte. Eine dreieckige Stelle auf den Holzplanken war am Bug freigeräumt. Zwei Männer saßen dort auf bunt gefassten Stühlen.
Aurelia lief ein Schauder den Rücken hinab, als sie näher trat. Einen der beiden, den schönen, bösen Mann, kannte sie nur zu gut … »Was wollt Ihr von mir?«
Der Bischof von Speyer warf den Kopf in den Nacken und lachte aus vollem Hals. »Was für ein Kätzchen!« Sein hellblauer Mantel glitt auseinander und gab den Blick auf das goldene Amtskreuz frei, das seine Brust schmückte. Er schlug mit der flachen Hand auf seinen Schenkel, dessen Muskeln sich in den engen blauen Wollhosen abzeichneten.
»Ist das der Dank für dein Leben, Hexe?«, fragte kalt der zweite Mann.
Sein Kopf erschien Aurelia fast so rund wie eine kleine Kugel. Unter dem fahlen Wangenfleisch zierte das Kinn ein Bärtchen, das ebenso braun wie sein Haar und die Augen war. Aurelia konnte seinen Blick nicht einschätzen, der einerseits klug, andererseits hoffärtig war. Sie schloss vom hohen schwarzen Kragen sowie den Ärmelaufschlägen auf einen Ordensmann oder gar einen Abt. »Ich bin keine Hexe«, erwiderte sie ruhig.
»Komm näher«, befahl der Bischof. Er wartete reglos, während sie langsam vor beide Männer trat. »Nun, von Rüdesheim, was meint Ihr?«
Dieser fasste einfach nach einer Haarsträhne, die ihr über der linken Brust lag, zwirbelte die Spitzen und hielt sie sich vor die Augen. Aurelia verunsicherte der plötzliche Glanz darin.
»Seit wann seid Ihr denn ein Weiberfreund, von Rüdesheim, dass Ihr nach diesem Teufelshaar lechzt?« Der Bischof von Speyer zeigte weiße Zähne.
Mona bleichte sie auch ihm, sie war bestimmt seine Geliebte. Aurelia überraschte die Eitelkeit des Bischofs nicht.
»Ich weiß wohl Engel von Teufeln zu unterscheiden.« Der Ordensmann von Rüdesheim schnippte Aurelias Haarspitzen von sich weg. »Genau wie ich Echtes von Falschem zu trennen vermag.« Er sah über den Rhein zum Ufer, auf das sie zusegelten.
»Ist sie nur eine davongelaufene Hure?«, fragte der Bischof. In seiner Stimme lag ein Hauch von Besorgnis.
Aurelia versuchte zu begreifen, warum die beiden sich mit ihr abgaben.
Von Rüdesheims runder Kopf fuhr herum. Der Blick seiner braunen Augen bohrte sich in das Gesicht des Bischofs. »Seit wann senden die Rosenthaler Nonnen Feuertäubchen von ihren Dächern, pah!?« Er schüttelte den Kopf. »Nein, nein. Dies Weib vermag weitaus mehr auszurichten. Der alte Meliorus hat sie genug gelehrt, glaubt mir.«
Aurelia krallte die Finger in ihren Mantel. Wieso wusste er so viel von ihr und ihrem Vater? Was scherten sich die beiden denn um die Geheimnisse der Alchemie?
Der Bischof von Speyer beugte sich vor und betrachtete sie wie einen Gaul beim Händler. »Sie wird uns also sehr nützlich sein.«
»Sofern Ihr den wilden Vogel im Käfig zu halten vermögt.« Von Rüdesheim legte die Fingerspitzen aneinander und maß sie mit einem prüfenden Blick von Kopf bis Fuß.
Der Bischof nestelte an seinem hellblauen Wams und zog etwas heraus. Aurelia trat einen Schritt zurück.Wieso hatte er das Pergament, das für Romuald bestimmt gewesen war, aufgehoben?
»Das Vögelchen wird artig dahin fliegen, wo wir wollen. Sonst sieht es«, der Bischof schürzte wollüstig die Lippen und wedelte mit ihrer Botschaft, »den Verlobten nie wieder. Das möchtest du doch, deinen … wie heißt er?«, er blickte auf die Zeilen, »… deinen Romuald unbeschadet wiedersehen?«
Die Drohung war unmissverständlich. Aurelia sagte lieber nichts.
»Antworte gefälligst dem Bischof. Er hat dich vor dem Feuertod
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