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Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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in die Privaträume. Sie konnte den Blick nicht von Lukas wenden, der nun regungslos in die Luft starrte.
    »Der Bader wird gleich kommen, Cristin«, riss Lynhard sie aus der Versteinerung und wischte ihr die Tränen von den Wangen.
    »Was … was kann ihm fehlen? Heute Morgen war er noch munter …« Ihre Stimme versagte.
    Lynhard seufzte. »Ja. Gestern bei meinem Besuch hat er auch frisch und gesund gewirkt. Ich kann mir das alles nicht erklären.«
    Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus.
    »Hier habt Ihr Euer Töchterchen. Sie ist gewickelt und hungrig wie ein Wolf«, sagte Mirke, die in diesem Moment die Schlafkammer betrat, und legte Cristin das strampelnde Kind in den Arm.
    »Ich werde Johannes bitten, dass er meiner Mechthild Bescheid gibt. Dann bleibe ich bei dir, bis wir Näheres erfahren«, murmelte der Schwager, tätschelte Cristin über das Haar und ging hinaus.
    Teilnahmslos öffnete sie das Gewand und legte Elisabeth an die Brust. Die plötzlich einsetzende Stille hatte etwas Bedrohliches. Ihr Gemahl hatte den Kopf zur Seite geneigt und schien zu schlafen. Seine Haut wirkte durchscheinend. Die feinen Härchen in ihrem Nacken stellten sich auf, als sie sah, wie er die Hände auf den Leib presste und stöhnte. Gedankenverloren strich sie Elisabeth, die genüsslich schmatzte, über das Köpfchen. Immer wieder schaute sie zur Tür und lauschte.
    »Ich habe … Durst.«
    Cristin fuhr zusammen.
    Lukas sah ihr geradewegs ins Gesicht. Schweißperlen traten auf seine Stirn. »Bitte.«
    Sie sprang auf und stürzte auf das Bett zu, so hastig, dass der Schemel mit einem dumpfen Krachen zu Boden fiel. Das Kind an ihre Brust gedrückt, hielt sie ihrem Gemahl mit zitternden Fingern einen Becher mit Wasser an die Lippen.
    Wenn Cristin gedacht hatte, Lukas wäre nun, da er sie erkannte, auf dem Wege der Besserung, wurde sie schnell eines Besseren belehrt. Sein Stumpfsinn kehrte zurück – und mit ihm die Krämpfe in seinem Leib. Mal murmelte er undeutliche und zusammenhanglose Wörter und starrte, ohne etwas wahrnehmen zu können, an die Decke, dann wieder waren seine Augen klar, und er sprach von qualvollen Schmerzen. Cristin legte warme Tücher auf seinen Bauch und wischte über seine schweißnasse Stirn. Die Zeit verrann langsam wie der Sand in einem Stundenglas. Einmal kam Minna herein, stellte ihr wortlos einen Teller Eintopf, frisches Brot und einen Becher mit verdünntem Wein auf den Tisch und ging leise und mit sorgenvoller Miene wieder hinaus. Cristin würdigte das Mahl keines Blickes.
    Wenn doch der Bader endlich da wäre, um Lukas zu helfen! Die Augen auf den Geliebten geheftet, saß sie wie festgewachsen neben seiner Schlafstatt und beobachtete, wie Lukas von Stunde zu Stunde mehr verfiel. Wo war der kräftige, vor Gesundheit strotzende Mann geblieben, der sie noch in der vergangenen Nacht in den Armen gehalten und mit einer Inbrunst geliebt hatte, die sie schwindelig machte? Sie spürte weder Hunger noch Kälte, sah nicht die Sonne, die hinter ihrem Haus langsam unterging, hörte nicht den Gesang der Amseln im Hinterhof. Als Lukas irgendwann einnickte, lag er erschöpft in seinen Kissen. Cristin legte das gesättigte Kind wieder ins Bett und ging zum Fenster.
    Die Tür wurde aufgestoßen, und sie schrak hoch.
    Es war der Medicus, der mit einem höflichen Nicken in die Kammer trat. »Ich bin so schnell wie möglich gekommen, werte Frau Bremer!« Seine Stirn umwölkte sich, als er von ihr zu dem Kranken auf seinem Lager schaute. »Was ist passiert?«, fragte er etwas atemlos, während er nach Lukas’ Handgelenk griff.
    »Ich … ich weiß es nicht, Herr Küppers. Ich bin ja so froh, dass Ihr …«
    »Ihr müsst mir sagen, was mit Eurem Gatten geschehen ist, gute Frau Bremer«, unterbrach er sie mit einem ungeduldigen Unterton. »Das ist ungeheuer wichtig.«
    Cristin atmete tief ein. »Ja, natürlich.« Sie sammelte sich. »Meine … meine Lohnarbeiterin rief mich, da Lukas vor dem Zählraum zusammengebrochen war. Ich dachte, er wäre …« Sie presste die Lippen aufeinander. »Er hat mich nicht erkannt, sprach wirres Zeug. Außerdem hat er Krämpfe im Bauch. Ich glaube, er beginnt zu fiebern.«
    Küppers schob die Decke beiseite. »Was hat er gestern Abend und heute Morgen zu sich genommen?«
    »Nichts Außergewöhnliches. Wir haben gemeinsam zu Abend gespeist, daran kann es nicht liegen.«
    »Die Diagnose überlasst doch bitte mir!«
    Sie senkte die Lider. »Unser Frühstück bestand aus frischem

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