Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition)
hatte, würde ihr die harte Kante nichts ausmachen. Das Brot roch himmlisch. Das Wasser lief ihr im Mund zusammen, und sie biss hinein, als wäre es ein Festschmaus.
»Schlaf jetzt«, fügte der Bader energisch hinzu, nachdem sie das Brot verschlungen hatte. »Wenn es dir morgen besser geht, kannst du mir zur Hand gehen. Derweil sorge ich dafür, dass der Junge keine Schmerzen leidet.«
Am nächsten Morgen hatte Ludewig einen Gruß gemurmelt und sie mit gerümpfter Nase aufgefordert, sich hinter der Kate waschen zu gehen. Mit einer tönernen Waschschüssel in der einen und dem Wassersack in der anderen Hand wollte er sie hinausschicken. Ihr stockte der Atem, als sie den Schwamm sah, der über Baldos Mund und Nase lag.
»Großer Gott, was ist passiert? Geht es ihm schlechter?«, fragte sie.
»Keine Sorge, ich habe ihn mit Bilsenkraut betäubt«, erklärte er ihr ungerührt und drehte ihr den Rücken zu. Sie atmete auf. »Mach hin, Mädchen. Wir haben noch einiges zu tun.«
Cristin trat zur Tür hinaus. Es dauerte einen Moment, bis ihre Augen sich an die Helligkeit gewöhnt hatten. Freudiges Bellen begrüßte sie, und Baldos Hund, der die Nacht an einem Baum vor der Hütte verbringen musste, wedelte mit dem Schwanz. Noch etwas wackelig auf den Beinen, näherte sie sich ihm. Seine weiche Zunge fuhr über ihren Arm, daher band sie ihn los und ließ seine Freude über sich ergehen. Er muss hungrig sein, dachte sie. Sie nahm die Waschschüssel und ging um das Haus zu einer Ecke, die vor den Blicken anderer geschützt war. Rasch zog sie ihre Kleidung aus. Welch herrliches Gefühl es war, endlich den Schmutz der letzten Zeit von ihrem Körper waschen zu können! Nur ihr Busen war hart und schmerzte. Tränen schossen ihr in die Augen, während sie die Milch so gut es ging aus den Brüsten strich. Ich will nicht undankbar sein, denn ich lebe. Aber bei Gott, auch Baldo darf nicht sterben. Nachdem sie sich mit einem Leinentuch abgetrocknet und das schmutzige Kleid übergestreift hatte, band sie den Hund wieder fest und nahm sich vor, den Bader um etwas zu fressen und Wasser zu bitten.
Ihre Hände zitterten leicht, als sie die Tür aufstieß und die Kate betrat.
»Wurde auch mal Zeit«, murrte Stienberg und winkte sie zu sich. Seine gutmütige Miene strafte den derben Tonfall Lügen. Mit ruhigen Worten berichtete er von seinen weiteren Behandlungsmöglichkeiten, während Cristin Baldos eingefallenes Gesicht in den Kissen betrachtete, das halb von dem getränkten Schwamm bedeckt war.
»Wie du siehst, schläft er, und das ist auch gut so. Als Erstes werde ich ihn schröpfen, um die üblen Säfte aus seinem Blut zu holen. Danach müssen wir die Wunden gut säubern, bevor ich sie nähen kann.« Er suchte ihren Blick. »Für derart große Wunden bin ich eigentlich nicht zuständig, dafür bräuchten wir einen richtigen Medicus.«
Sie nickte und spürte, wie ihr das Blut aus dem Kopf wich. Schröpfen.
»Du musst darauf achten, dass dein Bruder schläft. Sollte er auch nur mit der Wimper zucken, musst du es mir sagen. Hast du mich verstanden?«
»Ja.«
»Hilf mir mal.« Ludewig zeigte auf die Bündel vor dem Bett. »Pack alles aus, aber sei vorsichtig, damit nichts zerbricht.«
Cristin tat, wie ihr geheißen, und schnürte die Bündel auf. Ein Schauer überlief ihren Rücken, als sie als Erstes eine lange Zange hervorholte.
»Die brauchen wir nicht, die ist zum Amputieren und Zähneziehen.«
Scheren, Messer, saubere Leinentücher, Flaschen mit unbekanntem Inhalt und eine Säge kamen als Nächstes zum Vorschein. Cristin schluckte bei der Vorstellung, was der Bader alles damit anstellen konnte, fast meinte sie, die Schreie der Verletzten hören zu können. Im zweiten Bündel fand sie einige Flaschen Öl und ein Brenneisen.
»Das brauchen wir später«, meinte Ludewig mit einem Wink darauf. »Lass es am besten gleich hier.«
Im dritten waren merkwürdige tönerne Instrumente zu sehen.
Ludewig wies sie an, ihm Tücher und eine Flasche zu reichen. »Behalte deinen Bruder im Auge, ich werde seine Wunden jetzt noch mal säubern.« Er kratzte sich am Kopf. »Mich wundert, dass er bisher fieberfrei geblieben ist.« Ein Hauch von Misstrauen huschte über sein Gesicht, während er die Augen von einem zum anderen wandern ließ. »Bei den Verletzungen.«
Um nicht zuschauen zu müssen, griff sie nach ein paar Gegenständen auf dem Boden und ordnete sie. Blut hatte sie noch nie sehen können. »Vielleicht hat die Eichenrinde ihm
Weitere Kostenlose Bücher