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Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2

Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2

Titel: Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Ashton Smith
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ihn hoffen ließ, Falmer möge wirklich tot sein.
    Während Thones Fieberdelirium und seines anschließenden Albtraumschlafs, über den sicherlich ein ganzer Nachmittag und die darauffolgende Nacht verstrichen waren, hatte sich der monströse Pflanzentrieb mit widernatürlicher und abscheuerregender Schnelligkeit noch weiter aus Falmers Schädeldach hervorgeschoben. Die Abtrennung schien ihn dabei zu verstärktem Wachstum angeregt zu haben. Ein ekelhafter, blassgrüner Stängel erhob sich feist und fett über Falmers Scheitel und hatte mit Erreichen einer Höhe von fünfzehn oder zwanzig Zentimetern angefangen, geweihartig auszusprießen.
    Was aber, falls überhaupt möglich, noch furchtbarer war: Ähnliche Auswüchse trieben aus den Augen hervor. Ihre dicken Stängel, die über die Stirn senkrecht nach oben strebten, füllten jetzt anstelle der Augäpfel deren Höhlen aus. Ähnlich dem Gebilde, das aus der Schädeldecke aufragte, setzten auch sie bereits zu gehörnartiger Verästelung an. Diese Seitentriebe waren allesamt blassrot gesprenkelt und jeder von ihnen bebte in abscheulicher Belebtheit, nickte rhythmisch in der schwülen, windstillen Luft … Aus dem Mund wucherte ein weiterer Stängel und ringelte sich empor wie eine lange, weißliche Zunge. Dieser Auswuchs hatte noch nicht damit begonnen, sich zu gabeln.
    Thone schloss die Augen, um den schockierenden Anblick von sich fernzuhalten. Doch hinter seinen gesenkten Lidern und umkränzt von einem gelblichen, blendend hellen Schimmer nahm er noch immer das leichenfahle, totengleiche Antlitz und die klimmenden Stängel wahr, die sich gleich grässlichen, gruftig fahlgrünen, vielköpfigen Schlangenleibern bebend vor dem Morgenrot abhoben. Jeder einzelne davon schien ihm entgegenzuwogen und dabei zunehmend an Umfang zu gewinnen und in die Länge zu wachsen. Thone riss die Augen wieder auf und gestand sich in einem Anflug neuerlichen Grauens ein, dass die geweihartigen Verästelungen tatsächlich größer waren als noch wenige Sekunden zuvor.
    Anschließend saß er da, den Blick starr auf die Auswüchse geheftet, als habe eine unheilvolle Lähmung ihn befallen. Das Grauen kroch ihm bis ins Mark hinein. Der trügerische Eindruck – falls er denn trügerisch war –, dass die Pflanze wuchs und sich ungehinderter bewegte, drängte sich ihm immer deutlicher, immer unausweichlicher auf. Falmer tat unterdessen keinen Mucks. Sein weißes, pergamenthäutiges Antlitz schien mehr und mehr zu verschrumpeln und in sich zusammenzusinken, als saugten die Wurzeln des Gewächses ihrem Opfer den letzten Tropfen Blut aus, als zehrten sie selbst sein Fleisch auf in ihrer unersättlichen ghoulischen Gier.
    Schaudernd riss Thone sich von diesem Anblick los und spähte zum Flussufer hin. Der Strom war breiter und die Strömung noch träger geworden. Thone versuchte ihre Position zu bestimmen. Vergeblich hielt er nach einem vertrauten Merkmal innerhalb der Klippen aus undurchdringlichem Urwaldgrün Ausschau, die immer gleich das Ufer säumten. Doch was er erblickte, war ihm unvertraut, und er fühlte sich hoffnungslos verirrt in fremdartigen Himmelsstrichen. Er schien in einem unbekannten Gezeitenstrom aus Albtraum und Wahnsinn zu treiben, in Begleitung eines Objekts, das furchtbarer war als die Verderbtheit selbst.
    Seine Gedanken begannen sonderbar zusammenhanglos in entlegene Gefilde abzugleiten, doch kehrten sie jedes Mal wie auf einem Rundparcours zu dem Gewächs zurück, das Falmer auffraß. In einem Anflug wissenschaftlicher Neugier mutmaßte Thone, welcher Pflanzengattung es wohl angehören mochte. Weder war es ein Schmarotzerpilz noch ein fleischfressendes Gewächs. Auch sonst kam nichts infrage, das ihm im Laufe seiner botanischen Entdeckungsfahrten jemals begegnet war oder wovon er schon einmal gehört hatte. Ganz wie bereits von Falmer vermutet, musste das Ding von einem fremden Planeten stammen. Diese irdische Welt hätte dergleichen nie und nimmer ins Leben rufen können.
    Thone schöpfte ein wenig Zuversicht und Frieden aus dem Glauben, dass Falmer tot war. Längst schon mussten ihm doch die Wurzeln des Auswuchses das Gehirn durchbohrt haben … Dies immerhin war eine Gnade. Doch gerade als er diesen tröstlichen Gedanken fasste, vernahm Thone einen leisen, gurgelnden Stöhnlaut. Und als er in grausigem Erschrecken zu Falmer hinstierte, sah er, wie dessen Körper und Glieder kaum merklich zuckten. Die Zuckungen wurden heftiger und nahmen eine rhythmische Regelmäßigkeit

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