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Die Graefin der Woelfe

Die Graefin der Woelfe

Titel: Die Graefin der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabella Falk
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und Doktor der Familie. Es ist von größter Wichtigkeit, dass ich alle Informationen habe, die ich brauche, um die Gesundheit und das Wohlergehen der mir Anvertrauten zu schützen.«
    »Papperlapapp, das ist es nicht, Sie sind neugierig. Außerdem haben Sie das Seltsame an der Gräfin bemerkt und das ehrt Sie. Jeder wahre Christenmensch, auch wenn er ein gottloser Protestant ist, spürt sofort, wenn er es mit Ihm zu tun hat.« Pater Anselm bekreuzigte sich.
    Erasmus nickte, sorgfältig darauf bedacht, den Gottesdiener nicht zu verärgern.
    »Sie haben sicherlich bemerkt, dass hier seltsame Dinge vor sich gehen. Die Fürsten zu Torgelow züchteten seit vielen Generationen Jagd- und Hütehunde. Dabei schlugen sie einen sehr ungewöhnlichen und, wenn Sie mich fragen, gefährlichen Weg ein. Sie kreuzten alle zwanzig bis dreißig Jahre einen Wolf in die Zucht mit ein, angeblich, um das Blut der Hunde aufzufrischen, doch auf diese Weise gelang es ihnen niemals, wirklich edle Tiere zu züchten.«
    »Ich bin einer solchen Bestie heute bereits begegnet, und wie ich von der Dorfbevölkerung erfahren habe, hat die Gräfin wenigstens eine weitere mit nach Falkenfried gebracht. Die Menschen dort machen die Bestie für eine Reihe schlimmer Unglücksfälle verantwortlich.«
    »Das ist wahr. Eine dieser Bestien, mit der es eine besondere Bewandtnis hat, ist jetzt in Falkenfried und die Menschen tun gut daran, sich vor ihr zu fürchten. Doch sehen Sie, ich erzähle Ihnen das mit der Züchtung auch als Metapher. Wie Sie an den Hunden zweifelsfrei erkennen können, hat die Vermischung des Blutes mit dem Wilden über viele Generationen hinweg weitreichende Folgen. Der Hund, den sie heute Vormittag gesehen haben, besitzt nur noch zu einem sehr geringen Anteil Wolfsblut, dennoch ist er eine Bestie. Es braucht noch viele Generationen, bis das verwilderte Blut so weit zurückgedrängt worden ist, dass er auch nur die Bezeichnung Hund verdient hätte. So ist es auch bei den Menschen. Selbst die edelste Rasse wird durch unedles Blut über Generationen hinweg geschädigt.« Er räusperte sich umständlich. »Die Mutter des Fürsten war von solch unedlem Blut. Sie war die Wilde, die der alte Fürst in sein Geschlecht eingeschleust und mit der er seinen Namen entehrt hatte. Leider hatte selbst das edle Blut Walpurgas zu Hohenlohe sich nicht vollständig gegen das Wilde der Bäuerin durchsetzen können. Ihr jüngstes Kind, die heutige Gräfin, ist von dem schweren Erbe ihrer Vorfahren gezeichnet.«
    Erasmus blieb stehen, denn sie kamen dem Ort, an dem der Hund lauerte, erschreckend nahe. Der Pater wandte sich um und ging zum Schloss zurück.
    »Sie sehen also, dass wir es hier mit einer äußerst delikaten Angelegenheit zu tun haben. Die Fürstin ist von vorbildlicher Frömmigkeit. Ihre Tochter jedoch gab zu allen Zeiten Anlass, Schlimmstes zu befürchten. Sie ist das Kind ihres Vaters und schlimmer noch, sie kommt ganz und gar nach ihrer Großmutter und Urgroßmutter. Sie wissen, was mit der Urgroßmutter geschehen ist?«
    Der Eingang des Schlosses kam in Sicht.
    »Nein.«
    »Wie bedauerlich. Nun gut, als Protestant halten Sie ohnehin nicht viel von diesen Dingen, also werde ich auch nicht weiter ins Detail gehen. So viel noch: Vor einigen Jahren haben die Fürstin und ich nach einem jungen Dominikaner geschickt. Er war voller Ehrgeiz und hätte das Problem sicherlich gelöst, wenn der Fürst nicht zu Unzeiten dazwischengegangen wäre. Allein, er konnte sein Werk nicht vollenden. Weder wurde hinausgeworfen der große Drache noch gebannt die alte Schlange, die Teufel und Satan genannt wird.« Pater Anselm schien seine Rede mit dem Zitat aus der Offenbarung beenden zu wollen.
    Eine unangenehme Stille entstand, bis der Greis auf Erasmus’ Bündel zeigte, das gepackt vor dem Eingang lag.
    »Wenn Sie jetzt losgehen, werter Herr Doktor, können Sie heute noch Lundenburg erreichen, wo Sie eine Unterkunft finden werden.«
     

Teil 2
     
    1. Kapitel
    Frühjahr 1720
     
     
     
    A uf der Bergkuppe blieb Erasmus stehen und streckte die Arme gen Himmel. Schweiß rann in seinen Nacken. Italien lag hinter ihm. Angesichts der wolkenlosen Weite des Himmels und der mächtigen Bergmassive, die Gottes Allmächtigkeit ausstrahlten, sank er auf die Knie. Ehrfurcht wischte den Schmerz seiner wunden Zehen beiseite. Er sog tief die kalte, klare Luft ein und füllte seine Lungen zum Bersten.
    Frische Kraft durchströmte ihn und trieb ihn in die Höhe. Ab jetzt konnte

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