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Die Grenzgängerin: Roman (German Edition)

Die Grenzgängerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Grenzgängerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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gebeten, eng mit der Polizei in Rimini zusammenzuarbeiten, es kann sein, dass sie etwas entdecken. Tun wir das nicht, sind wir in jeder fragwürdigen Situation chancenlos und können nicht einmal mehr reagieren. Das Wild, das wir jagen, ist extrem scheu, durch Röntgengeräte nicht zu erkennen, in alle Formen zu kneten, und kein Spürhund kann es riechen.«
    »Darf ich fragen, was du denn den Gerüchtekochern zum Fraß vorwerfen willst?«, fragte Esser.
    »Das darfst du«, sagte Krause. »Warum lassen wir nicht das böse Gerücht streuen, dass der berühmte Doktor Krause, den eigentlich niemand kennt, von dem keine brauchbaren Fotos existieren, gefeuert ist? Krause ist gefeuert, und niemand weiß, warum. Da keiner einen klaren Grund angeben kann, arbeiten wir mit der Klebrigkeit des Gerüchtes schlechthin. Weil Krause über die Jahre selbstherrlich Agenten über den Erdball schickte, weil er dauernd gegen ungeschriebene Regeln der Branche verstieß. Weil er immer schon einen deutlichen Mangel an Teamgeist hatte, weil er jeden Misserfolg und jede Niederlage systematisch zu verschleiern und zu verstecken versuchte. Er ließ zum Beispiel einen Schwulen zum Topagenten werden, was eigentlich seit Generationen ein Unding ist. Und was wir eigentlich seit Generationen besser wissen.« Er grinste. »Stimmt zwar alles nicht, lässt sich aber gut in der klebrigen Masse verarbeiten. Zum Beispiel ließ Krause es zu, dass seine besten Leute ein Liebespaar wurden und trotzdem häufig zusammen eingesetzt wurden. Sex im Geheimdienst – da läuft den Maulvöglern doch das Wasser im Mund zusammen. Das klingt nach Cliquenwirtschaft, und das ist der Untergang des Geheimdienstes, von dem man vor ein paar Jahren noch glaubte, er gehöre zu den besten Sicherheitsdiensten auf dieser Erde. Wir veranlassen Goldhändchen, diese einzelnen Gerüchte langsam in die Gerüchteküche tropfen zu lassen, und zwar so, dass der Meister aller Computer auf seinem Bildschirm sehen kann, wer da eifrig mitlügt und mitspinnt und sich über uns auslässt. Das volle Programm für Twitter und Facebook und all diese nervigen Portale. Macht doch Spaß, so was. Endlich ist richtig was los im BND , und alle Experten, besonders die Terrorismusheinis in den Redaktionen, werden brüllen: Das haben wir doch schon immer geahnt!«
    »Das ist ja ein richtig umfangreicher Skandal«, reagierte Esser leicht verwirrt. »Das können wir hinterher doch gar nicht mehr steuern, das läuft uns aus dem Ruder.«
    »Das glaub ich nicht«, murmelte Krause. »Die wahre Geschichte, also das, was wir gern über uns lesen würden, geben wir mit einem soliden Hintergrund an ein Magazin, das sowieso schon auf der Matte steht, den SPIEGEL ! Man muss ihm ja nicht ausdrücklich sagen, dass man ihn benutzt. Oder habt ihr etwas gegen meine Art, die Wahrheit zu sagen?« Krause sah sie an und lächelte leicht. »Natürlich werden wir die Abteilung Öffentlichkeitsarbeit diskret informieren, und auch der Präsident muss Bescheid wissen. Der Andrang um Informationen und Interviews wird gewaltig sein. Aber ansonsten gucken wir nur zu und warten ab, welche Würmer und Maden wir in unserem kleinen Blumentopf haben.«
    Weil Müller noch mit Krücken gehen musste, einigten sie sich darauf, zusammen in Svenjas Wohnung zu bleiben. Die Treppen dort waren breiter angelegt, die Wohnung großzügiger geschnitten.
    »Du legst dich hin!«, bestimmte sie. »Lass mich die Taschen auspacken. Und du solltest vielleicht etwas gegen die Schmerzen nehmen. Oder soll ich den diensthabenden Arzt anrufen, dass er dir etwas anderes verschreibt?«
    »Nein, nein«, sagte Müller. »Es ist alles okay. Ich würde mich nur gern gründlich waschen. Ich fühle mich schmutzig.«
    »Soll ich den Fernseher einschalten?«
    »Lieber nicht.« Müller löste seinen Jeansgürtel und ließ die Hosen einfach zu Boden sinken, dann setzte er sich auf das Bett und ließ sich erleichtert nach hinten fallen. »Ich wäre dir dankbar, wenn du mir den Verband vom Bein schneiden könntest, damit wir sehen, was mit der Wunde ist. Ich bin so froh, hier zu sein. Mit dir.«
    Er sah ihr zu, wie sie die Taschen leerte, die Dinge, die in die Reinigung mussten, beiseitelegte und die Sachen für die Waschmaschine auf einen anderen Platz räumte.
    »Hätte das in Tripolis schiefgehen können?«, fragte sie.
    »Gut möglich. Diese Leute waren völlig unberechenbar. Der Einzige, der irgendwie normal zu sein schien, war der Vater. Und selbst der hatte einen

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