Die grosse Fahrt der Sable Keech
aber was der Prador nicht hatte tarnen können, das waren die ausgesickerten radioaktiven Stoffe, die hier dick im Wasser lagen. Sniper orientierte sich in die Richtung, aus der die Strömung die Isotope heranzutragen schien, und fuhr weiter. Dann entdeckte er ein Stück weit voraus am Fuß einer Unterwasserfelswand das schmerzhafte Gleißen eines großen, pillenförmigen Metallgegenstands.
Sniper tastete seinen Fund kurz ab und stellte schnell fest, dass es ein ausgeworfener Fusionsreaktor war, die Verkleidung aufgebrochen, während die Isotopenasche des letzten fehlerhaften Brennvorgangs sowohl den Reaktor selbst als auch die Umgebung vergiftete. Rings um das Objekt zeigte sich der Grund übersät mit toten und sterbenden Tieren: einige kleine Varietäten von Wellhornschnecken und gebleicht-weißen Heirodonten, nicht größer als Menschenarme. Sniper schlug in seinen Dateien nach und fand heraus, dass es sich um Tiere handelte, deren Sehspektrum ins Ultraviolett reichte. Das Licht hatte sie angelockt – und umgebracht.
»Mist!«, brummte Sniper und setzte seinen Weg fort.
Der Reaktor konnte während der Fahrt entlang des Grabens abgeworfen worden sein, und das Schiff konnte viele Kilometer entfernt liegen. Sniper seufzte fast, als er seine Entdeckungen an den Hüter übermittelte, und zuckelte weiter am Grund entlang.
Die KI auf Spatterjays Mond reagierte sofort. »Du musst das Schiff bald finden! Der Pradorkapitän wird langsam ungeduldig. Seine Drohnen und gepanzerten Prador sind in die Stratosphäre abgesprungen, und ich denke nicht, dass sie lange dort bleiben werden.«
»Das könnte ein gutes Zeichen sein«, sagte Sniper. »Falls Vrell an die Möglichkeit gedacht hätte, dass wir diesen Reaktor finden, hätte er ihn besser getarnt. Möglicherweise wurde das Ding nur über eine minimale Distanz von dem Schiff fortgebracht und dann abgeladen.«
Er erreichte nun den Fuß eines Geröllhangs im Graben. Die restlichen Fehlermeldungen im S-Kav-Antrieb betrafen jetzt nur noch die blockierten Luken. Sie bedeuteten Schwachstellen in der Panzerung, behinderten aber nicht die Funktionsweise des Antriebs.
»Das ist eine Möglichkeit, die eher auf Optimismus beruht als auf Logik«, meinte der Hüter gereizt.
Sniper reagierte mit dem Subraumäquivalent eines verächtlichen Schnaubens und suchte weiter.
Auf halber Höhe des Hangs entdeckte die Drohne eine kleine Schar jener Heirodonten, die sie von der Umgebung des Reaktors her kannte. Das Wasser wurde aufgerührt und eingetrübt, während sie von etwas fraßen. Sniper gestand sich die Möglichkeit ein, eine weitere Menschenleiche zu finden, obwohl, nach den Ultraviolettanzeigen zu urteilen, keine verstrahlte, und nahm Kurs auf die fragliche Stelle.
Die Heirodonten zerstreuten sich, umkreisten aber die Stelle – da es ihnen widerstrebte, auf ihre Mahlzeit zu verzichten. Der Blick war jetzt frei auf eine ausgewachsene Froschschnecke von ungefähr Snipers Größe, das Haus unter der Kante einer gewaltigen Felsplatte zerdrückt. Was von dem ausgestreckten Fuß übrig war, das bewegte sich noch matt, aber die Augen waren nicht mehr da, und das, was Sniper vom Rumpf in der eingedrückten Schale sehen konnte, lag in Fetzen. Noch während Sniper das betrachtete, flohen weitere dieser Heirodonten aus den Rissen im Schneckenhaus. Unter anderen Umständen hätten sie die Schnecke niemals fressen können. Er vermutete, dass diese, nachdem der größte Teil des Rumpfs gefressen worden war, so geschwächt war, dass sich die Heirodonten auch über die robusten Gliedmaßen hermachen konnten.
Aber sonst fand er hier nichts Wichtiges.
Sniper bemerkte jetzt, dass ein weiterer Schwarm hangabwärts auf ihn zukam. Diese Schnecke würde nicht mehr lange durchhalten – sie würde nie die Chance erhalten, sich zu regenerieren, wie es so viele Tiere hier taten. Da fiel es ihm auf: Warum steckte die Schnecke unter dieser Felsplatte fest? Der Geröllhang musste erst kürzlich entstanden sein – aber was hatte den Erdrutsch verursacht? Ja, wahrscheinlich die Druckwelle, aber vielleicht auch etwas anderes. Sniper war auf einmal wieder ganz wachsam und eröffnete eine Sensorenmessung der gesamten Umgebung. In dem Augenblick, als die Signale den herabstoßenden Schwarm erreichten, beschleunigte dieser. Diese Fische bestanden nicht aus Fleisch – sie waren schwarz und zu gleichmäßig geformt –, und kein Tier hier unten bewegte sich durch einen konstanten Wasserstrahl fortwärts.
Sniper
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