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Die große Volksverarsche

Die große Volksverarsche

Titel: Die große Volksverarsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Jaenicke
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Werkstatt nach einem sogenannten Identteil. Identteile sind nämlich qualitativ gleichwertig, aber wesentlich preiswerter – oft stammen sie sogar aus der gleichen Produktion.

    Ja, es ist schon paradox: Vor hundert Jahren Standard, gelten Elektroautos heute allgemein als Zukunftsvision. Und funktionierende Elektromobilität wird auch Zukunftsmusik bleiben, wenn sich die Hersteller nicht einmal auf eine Steckersorte einigen
können. Aktuell hapert es jedenfalls nicht nur an einem Gesamtkonzept in Verbindung mit der Energiewende und an einer sinnvollen Batterietechnik, sondern auch an Standardisierungen und planvoller Ladeinfrastruktur. Warum nur?

    Heftiges Tauziehen und Gerangel gibt es – wen wundert’s? – auch um den CO 2 -Grenzwert. Laut Greenpeace wäre eine Begrenzung auf 80 Gramm CO 2 je Kilometer (g/km) klimapolitisch notwendig und technisch durchaus machbar. Im Sommer 2012 hatte sich die EU-Kommission immerhin und endlich dazu durchgerungen, den Grenzwert bis 2020 auf 95 g/km zu verschärfen. Das entspricht etwa vier Litern Sprit auf 100 Kilometern. Und was tut die deutsche Autoindustrie, die sich selbst als Nachhaltigkeitsweltmeister feiert? Sie legt sich ins Zeug. Allerdings nicht, um möglichst bald möglichst effiziente Autos auf den Markt bringen zu können, sondern um den Grenzwert möglichst hoch zu halten. Und wenn sie etwas kann, dann das: Bereits Mitte der 1990er-Jahre dachte die Europäische Union über die Festlegung eines Grenzwerts für den CO 2 -Ausstoß bei Pkw nach. 120 g/km bis 2005, so die Idee. ›Aber nicht doch‹, sprachen da die Lobbyisten der Autoindustrie unisono, ›wer braucht denn gleich Gesetze? Das machen wir doch freiwillig. Unser Angebot: durchschnittlich 140 g/km bis 2008.‹ Diese Pokerrunde ging an die Lobbyisten. Doch – welch Überraschung – im Jahr 2008 betrug der Durchschnittswert bei Neuwagen immer noch 154 g/km ... Da beschloss die EU, natürlich nicht ohne zuvor zähe Kämpfe mit der Industrie ausgefochten zu haben, die stufenweise Einführung eines Grenzwerts von 130 g/km – ab 2012 bis 2015. Im ursprünglichen Entwurf hatte übrigens 130 g/km bis 2012 gestanden und kein Wort von irgendwelchen Stufen. Sollte die Klagedrohung von Porsche im Jahr 2007 etwa Wirkung gezeigt
haben? Statt sich also auf dem Weltmarkt mit sauberer zukunftsweisender Technologie zu positionieren, posiert die deutsche Autoindustrie lieber als Ewiggestrige: Industrie-Interessen vor Klima und Kunden. Ihr ausgekochter Plan war ein echter Schildbürgerstreich; denn dieser sah vor, dass nicht nur die Motoren zur Messung des Grenzwerts herangezogen werden, sondern auch Infrastruktur und Fahrverhalten. Sprich: Wer in seine Autos klimafreundliche Fahrer setzt, hat einen Bonus beim CO 2 -Ausstoß des Motors?! Geht’s noch absurder?
    KONSUMENTEN-NAVI
    Vorsicht bei der Spardiesel- und Hybrid-Lüge. Beide Motorentypen werden als »Umweltautos« angepriesen. 2012 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine umfassende Studie zum Thema Dieselabgase veröffentlicht: Sie sind stark krebserregend. Und wenn Porsche seinen Cayenne, Daimler seine S-Klasse und VW seinen Touareg als Hybrid auf dem Markt bringt, so ist das klassischer Greenwash. Man sehe sich nur mal den CO 2 -Ausstoß dieser Fahrzeuge an und vergleiche diesen mit den Hybriden von Toyota und Honda. Die sind laut eines Ingenieurs der Entwicklungsabteilung von Porsche bei der Hybridtechnik Jahre weiter als die deutschen Hersteller. Bei der S-Klasse reicht der E-Motor des Hybridsystems für kaum mehr, als die Versorgung von Fensterhebern oder Klimaanlage.

    »Für viele Männer ist Autofahren wie Sex:
Die Frau sitzt teilnahmslos daneben und ruft immer:
Nicht so schnell, nicht so schnell.«
    Harald Schmidt

    Kommen wir vom Gerangel um lästige CO 2 -Grenzwerte zum Ringen um Partikelfilter für direkt einspritzende Benzinmotoren. »Alles viiiel zu teuer!«, urteilen die Controller in den Automobilkonzernen – während man bei den Managergehältern ein Auge zudrückt: VW-Chef Winterkorn verdient gut 14 Millionen Euro jährlich. Aber zurück zur Argumentation der Controller wider den Partikelfilter: Die dadurch entstehenden Mehrkosten würden nicht nur Arbeitsplätze bedrohen, sondern auch den Industriestandort Deutschland insgesamt. Genau. Und wenn ich einen Kirschkern runterschlucke, wächst mir ein Kirschbaum im Bauch. Die Wahrheit: Mögliche Mehrkosten, die von der Industrie an den Autokäufer weitergegeben werden, hat dieser nach etwa

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