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Die Große Wildnis: Band 1 (German Edition)

Die Große Wildnis: Band 1 (German Edition)

Titel: Die Große Wildnis: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Torday
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und ich sehe in der Öffnung eine Silhouette. Es ist Mutter, die, ins letzte Abendlicht getaucht, in der Öffnung steht. Mit einem Wink fordert sie uns auf, herauszukommen.
    Anfangs traue ich meinen Ohren nicht. Denn ich höre etwas, das ich schon lange nicht mehr vernommen habe – den Lärm von anderen Menschen, von sehr vielen Menschen, die alle miteinander reden und rufen und streiten und gehen und laufen, dazu das Getöse von Maschinen.
    Ich stehe am Rand der Rampe, die Hand auf dem Kopf des kleinen Wolfs, und meine Augen gewöhnen sich langsam an die Helligkeit. Für einen kurzen Augenblick bin ich der irrigen Meinung, dass wir schon in der Stadt angekommen sind.
    Aber es ist ganz sicher nicht die Stadt, zu der wir unterwegs sind.
    In dieser Stadt stehen keine Wolkenkratzer, sondern Metallscheunen mit verrosteten Dächern, und der riesige Platz vor uns ist vollgestellt mit Traktoren und Anhängern.
    Die im Abendlicht glänzenden Dächer erstrecken sich, so weit das Auge reicht. Reifenstapel, Öltonnen und Plastiksäcke türmen sich himmelhoch und es gibt jede Menge von Maschinen wie Kräne, Eggen, Greifer, Pflüge und Spritzen. Man könnte glatt einen ganzen Schrottplatz damit füllen.
    »Willkommen auf der Alten Farm, meine Süßen!«, sagt Mutter, die wieder ihr breites Lächeln aufgesetzt hat.
    Dass wir auf einer Farm gelandet sind, sehe ich selbst. Aber es ist nicht irgendeine alte Farm.
    Polly spricht meinen Gedanken laut aus, als sie leise sagt: »Das ist die größte Farm auf der ganzen Welt.«

Kapitel 29
    »Herrje, nun kommt endlich!«, fordert uns Mutter auf. »Wir beißen euch nicht.«
    Jetzt sehe ich auch, wen sie mit »wir« meint – Männer und Frauen, die im Halbkreis am Fuß der Rampe stehen und warten. Alle tragen ähnliche gefütterte Westen wie Mutter. Also gibt es noch weitere Außenseiter, besser gesagt sehr viele. Die Männer tragen Mützen, die Frauen haben ihre Haare mit Kopftüchern bedeckt und alle halten sie Spaten und Mistgabeln in der Hand. Am auffälligsten sind die Augen – sie sind nicht rot, haben aber tiefe Ringe darunter und die Wangen sind eingefallen. Mit hungrigen Blicken starren sie uns an.
    Zuerst zögern wir noch und Kleiner Wolf sträubt sogar seine Nackenhaare, doch dann lächeln uns die Außenseiter an, tätscheln den Hirsch, streicheln dem kleinen Wolf über den Kopf und die Tauben dürfen die Krumen vom Boden aufpicken. Selbst die Maus führt auf der Hand einer älteren Frau einen Tanz auf, der wahrscheinlich ein Freundschaftstanz sein soll. Ein erstauntes Raunen geht durch die Reihen angesichts der leibhaftigen Tiere, bis Mutter mit einem lauten Befehl für Stille sorgt.
    »Bodger? Wo ist Bodger?«
    Schritte sind zu hören, schwere Schritte, und ich frage mich, ist das ein Mensch oder treiben sie womöglich ein Tier herbei. Aber dann machen die Umstehenden Platz, und ich erblicke jemanden, der wie eine Mischung aus beidem aussieht. Es muss ein Mensch sein, denn er hat zwei Arme, Ohren, Augen und eine Nase wie wir. Aber seine langen Arme sind behaart. Bei unserem Anblick grinst er übers ganze Gesicht, und man sieht seine Zähne, die gelb und schartig sind wie die Zähne des Hirschs. Am auffälligsten ist sein dichter Schnurrbart, der wie eine behaarte, schwarze Raupe aussieht, die über seinen wulstigen Lippen hängt.
    Er spricht kein Wort, sondern gibt nur Grunzlaute von sich.
    »Du wirst meinen Freund Bodger mögen«, sagt Mutter in munterem Ton zu mir und wischt sich die schmutzigen Hände an der Hose ab. »Er ist nicht aus der Gegend und kann nicht sprechen – genau wie du.« Bodger glotzt uns und die Tiere an. Ich weiß nicht, ob er uns leiden kann. »Also gut«, sagt Mutter zu ihm, »nimm bitte den Jungen und seine Freundin und bringe sie auf die Krankenstation.«
    Jetzt ist ihr Ton nicht mehr so freundlich.
    »Ich bin nicht seine Freundin«, protestiert Polly wütend. Eine Spur zu wütend.
    Bodger grinst. Er stapft auf mich zu, aber bevor er seine Hand nach mir ausstrecken kann, drehe ich mich weg und stelle mich zu den Tieren. Ich werde sie keine Sekunde aus den Augen lassen. Ich werde nicht noch eines verlieren, niemals.
    Mutter baut sich breitbeinig zwischen uns beiden auf.
    »Keine Sorge, wir kümmern uns um sie«, versichert sie mir. »Wir wissen, wie man mit Tieren umgeht, nicht wahr?«, sagt sie zu ihren Leuten und lächelt dabei seltsam; die nicken nur entschlossen und fassen ihre Mistgabeln fester. »Wir geben auf euch alle acht.«
    Kleiner Wolf

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