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Die große Zukunft des Buches

Titel: Die große Zukunft des Buches Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco , Jean-Claude Carrière
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Der Inhalt der Werke, die sie besitzen, kümmert sie nicht. Dann gibt es solche, die sich nur für den Verleger interessieren und zum Beispiel versuchen, sämtlicher Werke habhaft zu werden, die Aldo Manuzio gedruckt hat. Einige begeistern sich nur für einen Titel. Sie werden sämtliche Ausgaben der Divina Commedia besitzen wollen. Andere wieder beschränken sich auf ein Sachgebiet: die französische Literatur des 18. Jahrhunderts. Dann wird es auch solche geben, die ihre Bibliothek rund um ein Thema aufbauen. Das ist bei mir der Fall: Ich sammle alles, ich sagte es bereits, was sich auf falsche, sonderbare oder okkulte Wissenschaften bezieht oder auf imaginäre Sprachen.
     
    J.-C. C.: Können Sie diese erstaunliche Wahl begründen?
     
    U. E.: Ich bin fasziniert vom Irrtum, von der Unaufrichtigkeit und von der Dummheit. Darin fühle ich mich Flaubert sehr nah. Wie Sie liebe ich die Dummheit. In Reise ins Reich der Hyperrealität habe ich meine Besuche amerikanischer Museen geschildert, wo Reproduktionen großer Kunstwerke ausgestellt sind (einschließlich der Venus von Milo aus Wachs, mit Armen). In Die Grenzen der Interpretation habe ich eine Theorie der Fälschung und der Fälscher erarbeitet. Von meinen Romanen schließlich befasst sich Das Foucaultsche Pendel mit Okkultisten, die voller Fanatismus an alles glauben. In Baudolino dagegen ist die Hauptfigur ein genialer Fälscher, der letztlich Gutes tut.
     
    J.-C. C.: Bestimmt auch, weil das Falsche der einzig mögliche Weg zur Wahrheit ist.
     
    U. E.: Die Fälschung stellt jeden Versuch, eine Theorie der Wahrheit zu begründen, in Frage. Wenn es möglich ist, sie mit dem authentischen Werk, von dem sie inspiriert wurde, zu vergleichen, kann man also entscheiden, ob es sich um eine Fälschung handelt oder nicht. Die Authentizität eines authentischen Werkes ist viel schwieriger zu beweisen.
     
    J.-C. C.: Ich bin kein echter Sammler. Mein ganzes Leben lang habe ich Bücher gekauft, einfach nur, weil sie mir gefielen. In einer Bibliothek mag ich vor allem das Disparate, das Nebeneinander unterschiedlicher Dinge, die womöglich im Widerspruch stehen, sich bekämpfen.
     
    U. E.: Mein Nachbar in Mailand sammelt nur Bücher, die er schön findet, wie Sie. So kann er einen Vitruv haben, eine Inkunabel der Göttlichen Komödie und einen schönen Bildbandeines zeitgenössischen Künstlers. Das ist absolut nicht mein Fall. Ich habe von meiner Leidenschaft für Kircher erzählt. Um seine Bücher vollständig zu besitzen, um zum Beispiel die Ars magnesia zu bekommen, bin ich bereit, ein Vermögen zu zahlen. Apropos mein Nachbar: Der Zufall will, dass er wie ich ein Exemplar der Hypnerotomachia Poliphili oder Traum des Poliphilo besitzt, vielleicht das schönste Buch der Welt. Gelegentlich scherzen wir, denn uns gegenüber, im Castello Sforzesco, ist eine berühmte Bibliothek, die Biblioteca Trivulziana, die ein drittes Exemplar der Hypnerotomachia besitzt, was zweifellos die weltweit höchste Konzentration von Hypnerotomachie im Umkreis von 50 Metern sein dürfte! Ich spreche natürlich von der ersten Inkunabelausgabe von 1499, nicht von späteren Ausgaben.
     
    J.-C. C.: Bereichern Sie Ihre Sammlung auch weiterhin?
     
    U. E.: Früher bin ich überall hingefahren, um kuriose Stücke zu ergattern. Jetzt beschränke ich mich auf wenige Reisen. Ich strebe nach Qualität. Oder ich versuche, Lücken im Gesamtwerk eines Autors zu schließen. Wie das bei Kircher der Fall ist.
     
    J.-C. C.: Die Sammlerleidenschaft richtet sich häufig darauf, sich in den Besitz eines seltenen Objekts zu bringen, nicht so sehr darauf, es zu bewahren. Zu dem Thema kenne ich eine erstaunliche Anekdote. Von dem Buch, das die brasilianische Literatur begründet, Guarani , erschienen um 1840 in Rio, gab es zwei Exemplare. Eines war im Museum, während das andere irgendwo unterwegs war. Mein Freund, José Mindlin, der große brasilianische Sammler, erfährt, dass dasBuch in Paris im Besitz einer Person ist, die bereit ist, es zu verkaufen. Er erwirbt ein Flugticket Sao Paolo–Paris und nimmt sich ein Zimmer im Ritz, um den mitteleuropäischen Liebhaber des begehrten Exemplars zu treffen. Die zwei Männer schließen sich drei Tage lang in einem Zimmer im Ritz ein, um zu verhandeln. Drei Tage erbitterter Diskussionen. Endlich kommen sie zu einer Einigung, und das Buch geht über in den Besitz von José Mindlin, der sofort wieder ins Flugzeug steigt. Während des Fluges hat er alle Muße, das soeben

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