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Die guten Frauen von Christianssund: Sommerdahls erster Fall (German Edition)

Die guten Frauen von Christianssund: Sommerdahls erster Fall (German Edition)

Titel: Die guten Frauen von Christianssund: Sommerdahls erster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Grue
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Philip wurde durch die Frontscheibe geschleudert.«
    »War er denn nicht angeschnallt?«
    Marianne schüttelte den Kopf. »Er war sofort tot.« Sie hielt Alice fest, die schlapp in ihren Armen hing. Sie sah aus, als hätte man sie betäubt. Tränen kamen keine mehr.
    Benjamin streichelte mit einer linkischen Bewegung die Hand seiner Mutter. »Sie war im Krankenhaus, als Philip begraben wurde«, sagte er. »Und zu mir haben sie gesagt, ich sei zu klein, um mitzukommen.«
    »Jetzt heißen sie Benjamin und Alice Winther. Nicht einmal ich weiß, welchen Namen sie damals trugen. Sie haben zum dritten Mal die Namen gewechselt, und zum dritten Mal sind sie in eine neue Stadt gezogen, mit einer geheimen Adresse.«
    »Ich kann mich schon gar nicht mehr erinnern, wie wir hießen«, murmelte Alice. »Wir sagen einfach ›du da‹, ›Mutter‹ oder ›Jungchen‹ zueinander.«
    »Das ist schrecklich, eine furchtbare Geschichte.« Dan meinte zu spüren, wie die abgegriffene Floskel eine Schleimspur auf seiner Zunge hinterließ, und hielt eine Weile einfach den Mund. Dann zog er die Brauen zusammen. »Was ich noch immer nicht verstehe, ist, wie John euch so schnell ausfindig machen konnte. Das mit dem Frauenzentrum ist ja eine Sache, so etwas sollte nicht möglich sein, aber man hat solche Geschichten schon vorher gehört. Wer eine neue Identität hat und in einer anderen Stadt wohnt, müsste doch … Also, man sollte meinen, es hätte doch eigentlich ein Menschenalter lang dauern müssen, euch wiederzufinden.«
    »Da ist noch etwas anderes, das diese Geschichte so speziell macht, Dan.« Marianne ließ Alice los und trank einen kräftigen Schluck Bier. »Du darfst sie deshalb auf keinen Fall Flemming erzählen.«
    »Jetzt hör aber auf! Flemming ist doch …«
    »Flemming ist Polizist, Dan. Und das ist John auch.« Marianne hielt den Blick fest auf ihn gerichtet, als sie fortfuhr. »Oder besser: John war es. Er war bei der Schutzpolizei, erfolgreich im Dienst und beliebt bei den Kollegen. Er hatte sich um eine Versetzung zur Kriminalpolizei beworben, und alle gingen davon aus, dass er eine steile Karriere machen würde. Doch dazu kam es nach seiner ersten Verurteilung wegen häuslicher Gewalt dann nicht. Man kann schließlich niemanden in den höheren Dienst versetzen, der vorbestraft ist, weil er seine Frau verprügelt hat.«
    Dan schüttelte den Kopf. Die neuen Informationen schwirrten in seinem Kopf herum. Er ahnte, wie die Geschichte weitergehen würde, und hätte sie sich am liebsten gar nicht angehört. Trotzdem blieb er sitzen, stumm.
    »Doch bei seinen ehemaligen Kollegen war John noch immer ausgesprochen beliebt. Offenbar ist er tatsächlich unglaublich charmant gewesen, ganz wie Alice sagt. Und niemand kann einem Polizisten verbieten, mit einem ehemaligen Kollegen Fußball zu spielen, selbst wenn der im Gefängnis gesessen hat, oder? Möglicherweise hat er seinen alten Kumpeln auch irgendwelche Räuberpistolen von der verfolgten Unschuld erzählt, was weiß ich. Man hat nie herausgefunden, was passiert ist, aber nach allem, was wir wissen, gab es eine undichte Stelle an seinem alten Arbeitsplatz. Deshalb kam er direkt nach seiner Entlassung an den neuen Namen und die geheime Adresse seiner Frau.«
    »Das ist ein Skandal!«
    »Ja, aber beim zweiten Mal war es noch schlimmer. Zu diesem Zeitpunkt musste selbst den naivsten Trotteln in seinem alten Freundeskreis klar geworden sein, dass John nicht so harmlos war, wie sie gedacht hatten. Aber dumm ist der Mann nicht. Er fand schnell heraus, dass einer seiner alten Kollegen gerade eine üble Scheidung hinter sich hatte, bei der die Frau mit allen drei Kindern nach Frankreich oder Italien gezogen war, weil sie dort einen neuen Job hatte. Der Bursche hatte sich durch sämtliche Instanzen geklagt, inzwischen aber eingesehen, dass er es ebenso gut lassen konnte. Wenn er seine Kinder sehen wollte, musste er nach Frankreich oder Italien ziehen oder im Lotto gewinnen, um sich die Reisen für die Kinder leisten zu können. Dieser Kerl hatte natürlich die Nase voll von einem System, das den Vätern seiner Meinung nach sämtliche Rechte absprach und die Mütter bevorzugte. Nachdem John sich einen Abend lang seine Sorgen angehört und den Mann mit ein paar Bieren abgefüllt hatte, war er ein williges Opfer, als John ihm von
seinen
Problemen erzählte. Er erklärte, dass er ein Riesenidiot sei und längst nicht mehr daran glaube, Alice zurückzubekommen. Aber ohne die Kinder könne er

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