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Die guten Frauen von Christianssund: Sommerdahls erster Fall (German Edition)

Die guten Frauen von Christianssund: Sommerdahls erster Fall (German Edition)

Titel: Die guten Frauen von Christianssund: Sommerdahls erster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Grue
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feinen Raureifs war verflogen. Jetzt war es nur noch kalt und trostlos; sie hörte ihren Pulsschlag wie ein Brausen in den Ohren. In irgendeinem Garten lärmten ein paar Spatzen um ein Futterbrett. Sonst hörte sie nur den Wind, der in den Baumkronen rüttelte. Benedikte entschloss sich zu warten und ging zum Strand. Sie hielt die Hand über die Augen und hielt Ausschau nach ihrem Hund. Sie rief ihn in regelmäßigen Abständen. In den Pausen blieb sie regungslos stehen und lauschte. Plötzlich hörte sie, weit entfernt, ein lautes Kläffen. Sie ging am Wasser entlang, rief immer wieder, und mit einem Mal wurden ihre Anstrengungen belohnt. Wie eine kleine weiße Kanonenkugel kam der halbwüchsige Terrier plötzlich auf sie zugerannt, das Wasser spritzte unter seinen kleinen, harten Pfoten auf. Er sprang ihr direkt in den Arm und begann sofort, ihr Gesicht abzulecken. Ein paar Sekunden war Benedikte einfach nur glücklich – bis sie den Gestank bemerkte.
    »Pfui Teufel, Futte! Was hast du denn gefressen?«, rief sie und setzte den Hund auf die Erde. »Und darin gewälzt hast du dich auch«, stellte sie mit Ekel in der Stimme fest. »Igitt!« Sie wischte sich das Gesicht mit dem Mantelärmel ab. Der kleine Hund blickte mit einem glückseligen Ausdruck in den Augen auf sein Frauchen. Der Schwanz wedelte, die Augen schimmerten, und die lange hellrote Zunge zuckte im Takt seines Hechelns. Benedikte konnte die nach Verwesung stinkenden Geruchswolken geradezu sehen, die von dem kleinen kompakten Körper des Hundes aufstiegen. Futte gab ein lautes Kläffen von sich und hüpfte ein paar Meter zurück zu der Stelle, von der er ihr in die Arme gesprungen war. Wieder bellte er.
    »Nein«, sagte Benedikte energisch. »Kommt nicht infrage, Futte! Wir müssen nach Hause!« Und du musst ins Bad, dachte sie, sagte es aber nicht laut. Sie hatte das unbedingte Gefühl, dass Futte dieses Wort trotz seiner acht Monate bereits kannte. Sie drehte sich um und machte sich auf den Rückweg, doch als sie sich nach Futte umsah, entdeckte sie, dass er wieder in die Richtung rannte, aus der er gekommen war. Er drehte ihr nicht einmal den Kopf zu, als sie ihn rief, sondern blieb erst stehen, als er etwas erreicht hatte, das wie ein Haufen aus Tang aussah. Selbst aus dieser Entfernung erkannte Benedikte, wie wohl der Hund sich fühlte, während er sich in diesen Haufen warf und gründlich darin wälzte. Da liegt garantiert ein toter Fisch, dachte sie.
    Benedikte seufzte und lief am Wasser entlang, um den Hund zu holen. Sie würde heute zu spät zur Arbeit kommen, ging ihr noch durch den Kopf, dann sah sie, womit der Hund so begeistert gespielt und worin er sich gewälzt hatte – und offensichtlich hatte er auch ein ordentliches Stück gefressen. Sie konnte gerade noch ans Wasser wanken, bevor sie sich übergeben musste.
     
    Hauptkommissar Kjeld Hanegaard nahm persönlich an der morgendlichen Besprechung teil. Er hatte sich nicht groß in die Diskussion eingemischt, sondern nur mit auf der Platte gefalteten Händen am Ende des Besprechungstisches gesessen. Flemming wusste nicht genau, wie er das deuten sollte. Er hätte gern geglaubt, dass der Hauptkommissar an der Besprechung teilnahm, weil er sich lebhaft für diesen Fall interessierte. Aber tief in seinem Inneren wusste er genau, dass es nur eine einzige Erklärung für die ungewohnte Ehre gab.
    Nach der Besprechung blieb Hanegaard wie erwartet sitzen und signalisierte Flemming mit einem ernsten Nicken, ebenfalls zu bleiben. Flemming lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, sein Blick folgte Lone Willumsen. Sie hatte ihm während der Besprechung nicht ein einziges Mal in die Augen gesehen, und nun drückte sie sich mit den übrigen Kollegen in einem Tempo aus dem Raum, das überhaupt nicht mit ihrem üblichen morgendlichen Verhalten übereinstimmte. Aha, so hing das also zusammen. Darauf hätte er auch selbst kommen können. Er beschloss, die Gesprächsführung dieses kleinen, improvisierten Leitungstreffens zu übernehmen, und wandte sich an Kjeld Hanegaard, sobald die Tür sich nach dem letzten Besprechungsteilnehmer geschlossen hatte.
    »Wie es scheint, hat Lone Willumsen mit dir geredet«, begann Flemming. »Ich habe mir schon gedacht, dass sie versuchen wird, uns zwei gegeneinander auszuspielen.«
Uns zwei.
Flemmings Erfahrung sagte ihm, dass Hanegaard eine Schwäche für alles hatte, was nach Verschwörung und Cliquenbildung roch. Vor allem, wenn er beteiligt war und nicht außen vor

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