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Die guten Frauen von Christianssund: Sommerdahls erster Fall (German Edition)

Die guten Frauen von Christianssund: Sommerdahls erster Fall (German Edition)

Titel: Die guten Frauen von Christianssund: Sommerdahls erster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Grue
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drehte die einigermaßen restaurierte Zeitung um und betrachtete die Vorderseite. Sein Herz schien einen Moment auszusetzen. Es war weit schlimmer, als er befürchtet hatte. Ein unglaublich scharfes Farbfoto von Dan, vielleicht ein oder zwei Jahre alt. Er trug ein maßgeschneidertes italienisches Sakko über einem eng sitzenden schwarzen T-Shirt, die Armani-Sonnenbrille hatte er auf die gebräunte blanke Stirn geschoben. Dan konnte lächeln und gleichzeitig ironisch aussehen. Flemming spürte ein unerwartetes Ziehen im Zwerchfell bei dem Gedanken an Dans Charisma, seine Coolness und diese natürliche Selbstsicherheit, die einmal sein Markenzeichen gewesen waren. Flemming war davon noch immer gleichermaßen angezogen wie abgeschreckt. Auf diesem Foto sah er aus wie David Beckham in seiner kahlen Phase, abgesehen davon, dass es sich nicht um einen Fußballpokal handelte, den er auf dem Bild stolz präsentierte, sondern um eine abstrakte Kristallskulptur. Das Foto musste bei der Preisübergabe für irgendeine Werbekampagne gemacht worden sein, dachte Flemming noch, bevor sein Gehirn die Worte registrierte, die das Bild erläuterten. Oben auf der Seite stand »Provinzpolizei muss Lifestyle-Experten von TV 2 um Hilfe bitten«. Über das untere Drittel des Fotos war in einer riesigen Typografie die Schlagzeile gedruckt: DER KAHLKÖPFIGE DETEKTIV . Und unten auf der Seite hatte die Zeitung ein kleines Foto von Flemming eingerückt. Er stand mit einer Zigarette in der Hand im Herbststurm vor Kurt & Ko und telefonierte, wobei seine Haare, der Mantel und der Schal in sämtliche Richtungen wehten. Er sah aus wie jemand, der nicht weiterwusste. Was an und für sich ja auch richtig war. Ganz unten der Hinweis auf weitere Artikel im Blatt: »Im Fall des bestialischen Mordes an der hübschen Raumpflegerin Lilliana am Montag hat die Polizei noch immer keine Spur. Nach Informationen des
Ekstrabladet
kann der örtliche Kriminalkommissar Flemming Torp sich bei dem Werbedirektor Dan Sommerdahl für jeden erzielten Ermittlungserfolg bedanken, der in diesem verworrenen Fall bisher erzielt wurde. Weiter geht es auf den Seiten 4 , 5 , 6 und mit dem Leitartikel auf Seite 2 .«
    Oh nein. Flemming seufzte. Rasch überflog er die Artikel im Inneren des Blattes. Schlimm. Eine Journalistin namens Heidi Paaske hatte offensichtlich mit Mitarbeitern der Agentur und, so fürchtete Flemming, Beamten der Polizei gesprochen, die nicht sonderlich zurückhaltend gewesen waren. Doch es wurde nicht nur über den aktuellen Fall und Dans Rolle an den Ermittlungen berichtet, Heidi Paaske hatte auch einen von Flemmings und Dans alten Klassenkameraden aus dem Gymnasium ausgegraben und interviewt. Und der hatte bereitwillig erklärt, dass Dan schon immer der Klügere der beiden gewesen sei, welchen Erfolg Dan beim anderen Geschlecht hatte und wie das ungleiche Paar Flemming und Dan auch in den Jahren nach dem Abitur zusammenhielt. Der Artikel wurde illustriert von einem alten, unscharfen Foto von Flemming und Dan, die bei einer Wochenendfete auf dem Gymnasium mit irgendeinem Fußballsong aufgetreten waren – jeder mit einem Starkbier in der Hand und den Arm um die Schulter des anderen gelegt. Die Überschrift lautete: »Freunde fürs Leben: DIE FETE GEHT WEITER «. In sämtlichen Artikeln wurde Flemmings Nachname falsch geschrieben. Immerhin waren sie dabei konsequent. Er überflog die Artikel, suchte nach einem winzigen Detail, einer Geschichte aus der Vergangenheit der beiden Freunde; etwas, das er nur sehr ungern mit dem Rest der Bevölkerung teilen würde. Von dieser Geschichte hatte die Journalistin nichts gehört, konstatierte er beruhigt. Glücklicherweise würde sie auch weiterhin einem sehr kleinen Kreis vorbehalten sein. Nicht einmal seine engsten Familienmitglieder wussten, dass Marianne ursprünglich Flemmings Freundin gewesen war. Allerdings hatte sie damals nach einem einzigen Blick auf seinen besten Freund entschieden, dass es weitaus spannender sein würde, Sommerdahl zu heißen als Torp. Es war eine harte Zeit für alle drei gewesen, aber sie hatten es geschafft. Flemming hatte längst gelernt, mit dem Verlust zu leben, zumal die drei Beteiligten ohnehin nicht ständig über diese Geschichte diskutierten. In Wahrheit war das Dreiecksdrama seit dem Abend, an dem Marianne mit Flemming Schluss gemacht hatte, nie wieder erwähnt worden.
    Er schlug den Leitartikel auf, der klar und deutlich forderte, dass es Polizisten verboten sein sollte,

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