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Die Haarteppichknüpfer - Roman

Die Haarteppichknüpfer - Roman

Titel: Die Haarteppichknüpfer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Gesprächskreises gewesen.
    »Garubad …«
    »Parnag, sei gegrüßt!« Der bullige Viehzüchter schien bester Laune, beinahe aufgekratzt. »Ich weiß, es ist ewig her, dass wir uns das letzte Mal gesprochen haben, aber ich muss dir unbedingt etwas erzählen. Darf ich reinkommen?«
    »Natürlich.« Parnag trat beiseite und ließ ihn ein. Es berührte ihn seltsam, dass der andere gerade jetzt bei ihm auftauchte. Sie hatten seit Jahren nichts mehr miteinander zu tun gehabt, eigentlich seit die Tochter des Viehzüchters die Schule abgeschlossen hatte.
    »Du errätst nie, was mir passiert ist«, polterte Garubad sogleich los. »Ich musste einfach kommen, um es dir zu erzählen. Du erinnerst dich doch an die Diskussionsabende damals bei dir hier – als wir alle noch jung waren, was? – und an all die Dinge, über die wir gesprochen haben, nicht wahr? Ich erinnere mich noch gut; du hast uns alles über Planeten und Monde beigebracht und dass die Sterne weit entfernte Sonnen sind …«
    Was ist bloß los?, dachte Parnag. Wieso umzingelt mich heute alles, was mit dieser Zeit damals zu tun hat?
    »Also, zuerst musst du wissen, dass ich, wie ich hier stehe, von einem ziemlich langen Viehtrieb zurückkomme. Irgendjemand, ich glaube, eine der fahrenden Händlerinnen, hat mir erzählt, dass das alte Flussbett seit ein paar Wochen etwas Wasser führt. Weil es zurzeit rings um die Stadt nicht besonders gut aussieht, habe ich meine Keppo-Schafe auf Verdacht hinuntergetrieben, dort ein Weideland abgesteckt und so weiter, du kennst das ja. Na ja, drei Tagesreisen, wenn man die Schafe treiben muss, und ein Tag allein zurück.«
    Parnag wappnete sich mit Geduld. Garubad liebte es, sich reden zu hören, und kam selten ohne größere Umwege zum Kernpunkt einer Sache.
    »Und jetzt kommt’s: Auf dem Rückweg mache ich, nachdem ich sowieso in der Nähe war, einen Abstecher zu den Schabrat-Felsen, um nachzusehen, ob ich nicht ein paar von diesen Kristallen mitnehmen kann, die man dort ab und zu findet. Und wie ich gerade anfange zu suchen, kommt er aus einer der Höhlen heraus!«
    »Wer?«, fragte Parnag irritiert.
    »Ich weiß es nicht. Ein Fremder. Er trug ganz merkwürdige Kleidung, und seine Art zu sprechen! Ich weiß nicht, wo er herkommt, aber es muss ziemlich weit weg sein. Jedenfalls tritt er auf mich zu und fragt mich, wer ich bin und was ich mache und wo die nächste Stadt ist und lauter solche Dinge. Und dann erzählt er mir einen Haufen der merkwürdigsten Sachen, die du dir denken kannst, und erklärt mir schließlich, er sei ein Rebell.«
    Parnag hatte das deutliche Gefühl, dass sein Herz einen Schlag lang aussetzte. »Ein Rebell?!«
    »Frag mich nicht, was er damit meinte, ich hab nicht alles verstanden, was er sagte. Er sagte irgendwas davon, dass er ein Rebell sei und dass sie den Kaiser abgesetzt hätten.« Garubad kicherte. »Stell dir vor, das sagte er ganz im Ernst. Na ja, da musste ich an dich denken, weißt du, an deinen Freund, der damals an diesem Nachmittag kam und von Gerüchten in der Hafenstadt sprach …«
    »Wem außer mir hast du davon erzählt?«, fragte Parnag mit einer Stimme, die er kaum als die seine erkannte.
    »Niemandem bis jetzt. Ich dachte einfach, es interessiert dich. Ich bin gerade erst in die Stadt zurückgekommen …« Er wurde schon ungeduldig; er war seine Geschichte losgeworden und wollte wieder weiter. »Übrigens, was ist denn hier gerade los? Die ganze Stadt ist unruhig und auf den Beinen …«
    »Wahrscheinlich wegen des Predigers, der seit gestern Abend in der Stadt ist«, erwiderte Parnag. Er fühlte sich müde, verwirrt, von den Dingen der Welt überwältigt. Aus einem plötzlichen Impuls heraus erzählte er Garubad, dass er den Prediger kannte und woher. »Wahrscheinlich zieht er als heiliger Wanderer umher, um sich von seinen Sünden zu befreien.«
    Als er in Garubads Gesicht sah, erkannte er, dass er das alles besser für sich behalten hätte. Offenbar hatte er damit einen empfindlichen Punkt bei dem Viehzüchter berührt, denn dessen Jovialität verwandelte sich übergangslos in frostige Förmlichkeit.
    »Ich will nichts gegen dein Erinnerungsvermögen sagen, Parnag«, meinte er steif, »aber ich denke, du solltest noch einmal genau hinschauen. Ich bin mir fast sicher, dass du dich irrst.«
    »Oh, das kann sein«, lenkte der Lehrer vorsichtig ein.
    Nachdem Garubad gegangen war, stand Parnag lange im Flur und starrte vor sich hin. Ihm war, als habe jemand mit einem großen

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