Die Haarteppichknüpfer - Roman
Händler seine Pflicht getan oder sich ungerechtfertigt bereichert hatte.
»Die Steuern sind festgesetzt«, erklärte Kremman beiläufig, als der Stadtobere den Raum betrat. »Wenn Ihr noch irgendwelche Streitigkeiten habt, die vor einem kaiserlichen Richter zu klären sind, so ist jetzt der geeignete Zeitpunkt.«
»Wir haben keine«, erwiderte der Alte, »nur, wie gesagt, der Frevler.«
»Ach ja, Euer Frevler.« Kremman hielt mit dem Schreiben der Urkunde inne und lehnte sich zurück. »Was hat er denn angestellt?«
»Er hat allerlei gotteslästerliche Dinge gesagt, unter anderem, dass der Kaiser nicht mehr regiere, sondern gestürzt worden sei, und anderen Unsinn. Und das in Gegenwart zweier hoch geachteter Haarteppichknüpfer, die auch bereit sind, den Vorfall zu bezeugen.«
Kremman seufzte gelangweilt. »Ach, die alten Gerüchte. Diese Geschichten kursieren jetzt doch schon seit mindestens zwanzig Jahren, und es gibt immer wieder Verrückte, die meinen, sie aufwärmen zu müssen. Warum hängt Ihr ihn nicht einfach? Ein Irregeleiteter, weiter nichts. Dafür gibt es das Gesetz.«
»Nun«, meinte der Stadtobere gedehnt, »wir waren uns nicht sicher, ob das Gesetz in diesem Fall Anwendung finden muss. Der Frevler ist ein Fremder, und ein seltsamer noch dazu. Wir wissen nicht, woher er kam. Er behauptet, von einer anderen Welt zu kommen, so weit entfernt, dass man sie am Himmel nicht sehen kann.«
»Das ist nichts Besonderes; das Reich des Kaisers ist groß«, warf Kremman ein.
»Und er behauptet, zu den Rebellen zu gehören, die den Kaiser gestürzt haben wollen – verzeiht meine Worte, ich gebe nur wieder, was der Fremde gesagt hat. Er sagt, er komme von einem Rebellenraumschiff, das unsere Welt umkreise …«
Der Steuererheber lachte laut auf. »Absurd! Würde ein solches Raumschiff existieren, es hätte doch sicher nicht gezögert, etwas zu seiner Befreiung zu unternehmen. Ein Verrückter, wie ich schon sagte.«
»Ja, das dachten wir uns auch«, sagte der alte Mann mit bedächtigem Nicken und zögerte einen Moment, ehe er hinzufügte: »Was uns jedoch bewog, Euer Urteil abzuwarten, war, dass wir ein Funkgerät bei dem Fremden gefunden haben.«
»Ein Funkgerät?« Kremman horchte auf.
»Ja. Ich habe es mitgebracht.« Aus den Tiefen seines Umhangs förderte der Stadtobere einen kleinen, schwarzen Metallkasten zu Tage, der lediglich eine Sprechmembran und einige Druckknöpfe aufwies.
Kremman nahm das Gerät in die Hand und wog es prüfend. Es war erstaunlich leicht und auffallend sauber, frei von Kratzern und Schrammen, wie sie fast alle technischen Geräte aufwiesen, die der Steuererheber jemals in seinem Leben gesehen hatte.
»Und Ihr seid sicher, dass es ein Funkgerät ist?«
»Der Fremde hat es behauptet. Ich wüsste auch nicht, was es sonst sein könnte.«
»Es ist so … klein!« Kremman hatte einmal ein Funkgerät besessen, vor vielen Jahren, einen großen, klobigen Kasten. Damals hatte er seine Steuerfestsetzungen immer direkt an die Hafenstadt gemeldet. Aber eines Tages war er in einen Sandsturm geraten, sein Reittier war gestürzt, und das kostbare Besitztum war an einem Stein zertrümmert worden.
Kremman studierte das kleine Gerät genauer. Die Schalter waren nicht beschriftet; lediglich auf der Rückseite war so etwas wie eine Nummer eingestanzt, in Schriftzeichen, die nur entfernt an die ihm vertrauten Ziffern erinnerten.
Eine eigentümliche Angst beschlich den Steuererheber, je länger er den Apparat in der Hand hielt, eine Angst, wie sie den befällt, der am Rande einer Klippe steht und in einen dunklen, unermesslich tiefen Abgrund blicken muss. Dieses Gerät, erkannte er, war ein unwiderlegbares Argument. Es war ein Fremdkörper. Was immer es bedeutete, seine bloße Existenz bewies, dass hier Dinge vor sich gingen, die den Bereich seiner richterlichen Kompetenz überschritten.
Diese plötzliche Einsicht ließ ihn erleichtert aufatmen. Da war ein Weg, der eingeschlagen werden konnte, der ihn von aller Verantwortung befreite und zudem in völliger Übereinstimmung mit den Vorschriften war.
»Der Frevler soll in die Hafenstadt gebracht werden«, verfügte er schließlich. »Er und das Gerät.«
»Soll ich ihn vorführen lassen?«, fragte der Stadtobere.
»Nein, das ist nicht nötig. Ich trage die Verfügung in die Urkunde ein. Der nächste Haarteppichhändler, der Yahannochia aufsucht, soll ihn mitnehmen und vor den Rat bringen.«
Rasch, als wollte er eventuellen Einwänden
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