Die Habenichtse: Roman (German Edition)
Brust, –aber sie soll tun, was ich ihr sage, er drückte ihre Brust, knetete sie. Dann schob er sie sachte vorwärts, bis sie am Rand des Aushubs stand. Die beiden Männer packten ihre Spaten und T-Shirts, holten aus einer Tüte zwei Bierflaschen und trollten sich. Jim ließ sie nicht los, er rieb sich an ihrem Po, während sie hinunterstarrte, wo drei Ratten erschlagen in dem flachen Wasser lagen, die Ratten ebenso schmutzigbraun wie das Wasser, und daneben die Katze, aus deren Bauch die Eingeweide quollen, stinkend, das Fell leuchtete aber vor dem dunklen Hintergrund. Jim trat neben sie, beobachtete ihr Gesicht, dann griff er einen langen Stock, schob ihn unter den Hals der Katze und hob sie ein paar Zentimeter aus dem Wasser, aus dem einen Auge war Blut gesickert und eingetrocknet, die Ratten hatten am Bauch angefangen zu fressen, doch man konnte deutlich sehen, daß der Schädel eingedrückt war. Jemand mußte sie in die Baugrube geworfen haben, ins flache Wasser. –Sie werfen Sand drauf und machen alles dicht, sagte Jim, wenn du der Katze ein Gebet sagen willst, dann mußt du’s jetzt tun. Er stocherte mit der Spitze seiner Turnschuhe gelangweilt im aufgehäuften Sand. –Siehst du den Kopf? Hübsch eingeschlagen. Sie muß ein paar Tage woanders gelegen haben, sonst hätten die Ratten sie längst erwischt. Ein Windstoß blies ihr den Gestank ins Gesicht. Von einem Baum stürzte eher als daß sie flog eine Möwe, mit einem hellen, aggressiven Schrei, touchierte den Asphalt neben ihnen, stieg wieder auf, wiederholte das Manöver noch einmal und schneller, diesmal landete sie unglücklich, Jim schlug mit dem Stock nach ihr, sie riß sich wieder hoch, beinahe senkrecht aufsteigend. Isabelle würgte. Er nahm ihr die Schlüssel aus der Hand, die Schlüssel, die warm und feucht waren wie ihre Handfläche, er steckte den Finger durch den Schlüsselring, klimperte vor ihrem Gesicht. –In ein paar Tagen haue ich ab. Blaß stand sie vor ihm, die Übelkeit niederkämpfend. –Ich gehe, kapierst du? Er drehte sich um und ging auf ihre Haustür zu, fand den richtigen Schlüssel, öffnete die Tür. –Komm schon, rief er gleichgültig, trat auf die Schwelle, wartete, bis sie ihm folgte. Er schien zu wissen, daß Jakob nicht da war, und selbst wenn, dachte sie, wäre es eine Niederlage für Jakob, der sich nicht wehrte, der sich in Sicherheit gebracht hatte. Jim ließ die Tür zufallen, schloß sie hinter ihnen ab, steckte den Schlüssel ein. Auf dem Treppengeländer hing Jakobs Unterhemd wie eine weiße Fahne. Isabelle hielt sich am Geländer fest, mit beiden Händen, –Scheißkerl, sagte Jim unmotiviert, das Telefon klingelte, er bedeutete ihr stehenzubleiben, nicht zu antworten. Das Band sprang an, sie lauschten beide Isabelles Ansage, den Atemzügen des Anrufers. Das ist Andras, dachte sie, richtete sich auf. Es war Andras. Er sagte seinen Namen, zögerte. –Sonja ist schwanger, sagte er, wollte ich dir nur erzählen. Isabelle traten Tränen in die Augen. Jim musterte sie neugierig, dann wendete er sich ab, ging die Treppe hinauf, arbeitete sich vom obersten Stockwerk, vom Schlafzimmer, nach unten vor, jedes Möbelstück musternd, die Hände in den Hosentaschen, als wollte er demonstrieren, daß er nichts anfaßte, wie ein Kind, das brav den Eltern folgte, bei fremden Leuten zu Besuch, gelangweilt und doch neugierig auf dieses fremde Leben. Er sah mißmutig aus, als sei vereitelt, was er sich vorgenommen hatte. Den Schlüssel zog er wieder aus der Tasche, spielte damit.
Sie schloß die Augen und lehnte sich an die Wand, erwartete, daß er zu ihr kommen würde, es geschah aber nichts, vor ihren Augen setzte sich ein violetter Fleck kreisend in Bewegung und verging wieder, danach waren es nur noch Schemen, kein Licht mehr, obwohl es doch Reste von Licht sein mußten, eine private Unterwelt der Netzhaut, ein Totenreich für wenige Minuten, drei tote Ratten, eine tote Katze, noch immer der pelzige Geschmack im Mund, und es war so still, daß sie die Augen aufschlagen mußte, um Jim zu sehen, dessen Atmen sie nicht hörte, dessen Schritte sie nicht hörte.
–Es ist deine Schuld, weißt du das? sagte er. Die Katze, das ist deine Schuld. Er stand in der Flügeltür zwischen den Zimmern und sprach, ohne sie anzusehen. –Du hast sie von der Fensterbank gestoßen, erinnerst du dich? Behutsam, spöttisch jedes Geräusch vermeidend, legte er den Schlüssel auf die Kommode. –Nachts, und du dachtest, keiner würde dich
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