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Die haessliche Herzogin

Titel: Die haessliche Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Dummen!
    Sonst hätte ich ihn doch nicht unterschrieben. Heut und jederzeit unterschreib ich ihn wieder, mit beiden Händen !«
    Meinhard trat noch einen tastenden Schritt näher an den fetten Mann. »Ich bin so müd und gehetzt«, klagte er. »Der Friedrich schaut mich auch nicht mehr so freundhaft an wie früher. Erst hab ich gedacht, regieren ist leicht. Jetzt zerrt einer hierhin und eine dahin, und alle reißen an mir .«
    Der Albino legte ihm die fleischige, gefährliche Hand auf die Schulter, quäkte: »Bub! Laß dich nicht kleinkriegen, Bub !«
    Meinhard zitterte unter der Hand des feisten Mannes, wollte ihr entgleiten, schmiegte sich in sie.
    »Sie haben Freunde, junger Herzog«, quäkte der Frauenberger, blinzelte bieder, feixte behäbig.
    Den Tag darauf sagte er: »Warum bleiben Sie eigentlich hier, junger Herzog? Wenn Ihnen der Brief Ihrer Tiroler nicht mißfällt, warum folgen Sie ihm nicht ?«
    Sie ritten spazieren, es war früh am Morgen, unten rauschte grün und frisch zwischen vielen Inseln von Kies die Isar, ein großes Floß unter Lärm und Geräusch der Schiffer steuerte vorsichtig. Der Gang des Pferdes verlangsamte sich, Meinhard hockte schlaff, dick, betreten auf seinem Falben.
    »Das geht doch nicht«, sagte er. »Das kann ich doch nicht .«
    »Warum können Sie nicht ?« beharrte der Frauenberger. Er ritt ganz dicht an ihn heran, hob ihm wie einem Kind das Kinn. »Wer ist hier der Herr«, sagte er, »Herzog Stephan oder Sie ?«
    »Ja«, sagte Meinhard, »wer ist hier der Herr ?« Aber es klang gar nicht trotzig, sondern trüb grüblerisch.
    Sein ganzes Zutrauen zu dem Albino war weg, es war trist, wie unten die Isar sich zwängte, er hatte Scheu vor dem Frauenberger, hätte nachmittags beinahe den Prinzen Friedrich gebeten, ihn wegzuschicken.
    Am andern Morgen sprach der Albino nicht mehr von dem Plan, Bayern zu verlassen. Er lag mit Meinhard im Gras unter reifendem Obst. Er sang sein Lied von den sieben Freuden, kommentierte es väterlich, wohlwollend, saftig. Diese Weltanschauung ging dem jungen Fürsten sehr ein, er streichelte seinen Siebenschläfer Peter, war vergnügt. Der Frauenberger streckte sich, knackte die Gelenke, drehte sich auf die Seite, gähnte, schlief mit mächtigem Geräusch. Ja, schlafen war das beste . Gelockt, aber doch mit dunkleren, scheuen Augen betrachtete Meinhard den unbekümmerten, fleischigen, schnarchenden Mann.
    Agnes sagte zu ihm: »Sie sind sehr lange in München, Herr von Frauenberg. Sie haben doch so wichtige Ämter in Tirol. Vermißt man Sie dort nicht ?«
    Der Frauenberger grinste, betastete sie mit seinen rötlichen Augen, daß sie schwerer atmete, quäkte: »Ich bin natürlich nur Ihrethalb hier, Gräfin Agnes .«
    Sie kamen zusammen, er lag auf ihren Polstern, es war drückender Sommer, die Luft im Raum war dumpf und furchtbar heiß. Sie streichelte seine prall fette, rosige Haut. »Nun«, lächelte sie, »hab ich den falschen Teil erwählt? Ich hab mich gut gesichert, scheint mir .«
    Er feixte: »Werden sehen, Hühnchen, werden sehen .«
    Das hieß die gut gesichert, dachte er. Gut gesichert war er. Wenn er jetzt den Buben mit nach Tirol nahm, hielt er die Mutter durch den Jungen, den Jungen durch die Mutter. Er war der eigentliche Regent von Tirol. Ei ja, wenn man noch so häßlich war, was alles aus einem werden konnte mit einem bißchen Vernunft, Sachlichkeit, Glück.
    In seiner breiten, behaglichen, munteren Art hetzte er weiter an dem Jungen. Lockte, stachelte, trieb.
    Nahm ihn gewalttätig in seine kurzen, roten Hände.
    Nach Tirol! Meinhard solle endlich nach Tirol, sich seiner Grafschaft zeigen. »Also Flucht ?« machte Meinhard, zaghaft. Ei was! Wer dachte an Flucht? Nur war es nicht nötig, zuviel Wesens aus dieser Reise zu machen. Man brach einfach auf, Meinhard, er, zwei, drei Knechte. Ohne große Worte. Es wurde zuviel geredet in Bayern und Tirol; das verwirrte die einfachsten Dinge. Ende der Woche reiste Prinz Friedrich nach Ingolstadt zu seinem Vater. Da wird man dann eben auch losreiten. Nach der umgekehrten Seite, nach Süden, nach Tirol. Das Murmeltier Peter soll seine Berge wiedersehen.
    »Mein Sohn kommt, Schenna !« sagte Margarete, und ihre dunkeln Augen waren lebendig erfüllt. Sie hatte einen Kurier von dem Frauenberger, er werde Meinhard bringen.
    »Wie Sie sich freuen, Frau Herzogin !« sagte der lange Herr, beugte sich vor, schaute sie aus seinen grauen, sehr alten Augen gut an. »Ich hatte nicht mehr gehofft, daß Sie sich

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