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Die Häupter meiner Lieben

Die Häupter meiner Lieben

Titel: Die Häupter meiner Lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Noll
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Schimpfend gab sie mir den eigenen Hausschlüssel. »Als du klein warst, ist dir das nie passiert.«
    Ein Arzt stand in der Tür und grinste: »Elefantile Regression.«
     
    Cora standen genug Getränke aus dem elterlichen Keller zur Verfügung. Wir beschlossen, ein schwer verdauliches Essen zu kochen, das die Teilnehmer dumm und müde machte. Aus dicken weißen Bohnen, fettem Schweinebauch, Tomaten, Knoblauch, Chili und roten spanischen Würsten bereiteten wir mitten im August ein winterliches Essen, nach dessen Genuß man am liebsten ein längeres Schläfchen hält.
    Carlo hatte Detlef Bescheid gegeben, der sich jetzt bestimmt auf eine Orgie freute. Eine Klassenkameradin namens Greta wollte ihren Freund mitbringen, außerdem hatte Cora einen Vetter eingeladen, der ebenfalls eine Eroberung zur Hand hatte. Cornelias Bruder, den ich nicht kannte, studierte in den USA und wurde erst an Weihnachten erwartet. Zu acht, so dachten wir, könnte man eine Party feiern.
    Wir hatten Wein, Bier und viele harte Getränke aus des Professors Kellerbar zwanglos im Zimmer verteilt. Detlef probierte alles aus, und wir schenkten ihm fleißig ein. Er strahlte mich an, Cora strahlte ihn an. Carlo war leicht irritiert, weil er Cornelia für seine Beute hielt. Schließlich servierten wir das schwere Abendessen. Cora und ich gaben damit an, nach authentischen peruanischen Rezepten gekocht zu haben, und luden unserem Erpresser mächtig auf. Die erste Schlaftablette ruhte bereits in ihm, weil sie ihm von Cora, zerdrückt auf einem Löffel Bohnenpampe, direkt in den Mund gefüttert wurde. Sie flirtete mit ihm von der linken Seite, ich bemühte mich von rechts.
    Carlo zupfte mich irgendwann am Ärmel und zog mich in die Küche.
    »Hör zu, Dickhäuterin! Ich weiß nicht, was du vorhast«, zischte er mich an, »aber du könntest deiner Freundin mal in den Arsch treten, damit sie dir den Detlef überläßt.«
    »Warum?«
    »Herrgott noch mal, stell dich doch nicht so blöd! Das macht doch keinen Spaß, wenn ihr beide denselben anmacht und ich in die Röhre gucke!«
    »Dann geh halt nach Hause! Cora und ich sind nun einmal ein Herz und eine Seele!«
    Er kniff mir schmerzhaft in den Arm und stöhnte über so viel Dämlichkeit. »Ihr habt beide weder Herz noch Seele!«
    Nach der zweiten Schlaftablette, viel Essen und viel Schnaps zog Cora mit Detlef davon, um ihm das Haus zu zeigen. Carlo ging beleidigt heim, die anderen Paare waren mit sich beschäftigt.
    Ich schlich ins Bad. Weitere Schlaftabletten hatte ich in Sekt aufgelöst und in ein markiertes Glas gegeben. Durch die Badezimmertür sah ich Detlef in der Unterhose auf dem Elternbett sitzen. Cora nahm mir das Glas ab und trichterte es ihm ein. Er schaute glasig in die Gegend. Ich trat ein, und wir zogen uns beide langsam bis auf Slip und BH aus. Detlef grunzte bei diesem Anblick: »Mein Blut ist Lava«, dann kippte er um und schlief.
    Wir schlossen ihn ein, begaben uns zu den anderen Gästen und erklärten, daß wir Carlo und Detlef wegen Trunkenheit davongejagt hätten. Erschrocken machten sich Greta und ihr Freund ebenfalls auf den Heimweg. Der Cousin hatte sich mit seiner Liebsten im verlassenen Zimmer von Coras Bruder niedergelassen. Beim Aufräumen hörten wir aber schließlich die Haustür zufallen, wir waren endlich mit Detlef allein. Blitzschnell flitzten wir ins Elternschlafzimmer. Da lag er mit offenem Mund und schnarchte beruhigend.
    Er war sonst sehr korrekt gekleidet; ebenso wie Carlo hatte er bei der Bank gelernt, daß eine Karriere in der Wirtschaft nicht mit nachlässiger Kleidung zu erreichen ist. Rein äußerlich hatten wir wenig gegen ihn einzuwenden. Er war zwar, genau wie sein Name, etwas fad mit seinem ferkelfarbenen Haar und dem langweiligen Bubigesicht, aber Details wie der blaue Siegelring und die Angeber-Uhr forderten unsere Kreativität heraus.
    »Wir können jetzt alles mit ihm machen«, flüsterte Cora.
    »Aber was?« fragte ich schon etwas lauter, denn es war deutlich, daß sein Schlaf einer Narkose glich.
    »Abschneiden zum Beispiel«, sagte Cora, jetzt auch mit aufgedrehter Stimme.
    Ich bekam einen Schrecken. »Und wenn er verblutet?«
    »Quatsch, die Haare.«
    Wir sahen uns suchend um. Ich hatte sonst selten die Gelegenheit, ein elterliches Schlafzimmer zu sehen. Meine Mutter schlief auf einem dreiteiligen Sofa im Wohnzimmer. Bei Verwandten von mir oder Cora sah ich zuweilen ein Doppelbett, Nachttische und Kleiderschränke, aber ohne jeglichen erotischen Touch.

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