Die Haischwimmerin
in Momenten scheinbarer Abwesenheit eins seiner Ohren oder wenigstens den Teil eines Ohres beim Gespräch zurückzulassen. Er sagte jetzt: »Spirou kann nicht erklären, braucht nicht erklären. Als man mich hat gezwungen, zu bleiben in Ochotsk â nicht, weil ich vorher gewesen bin bei Partei, sondern weil ich vorher nicht gewesen bin bei Partei â, da hat man mir vermacht gesamten Schrott, der da steht. Aber schauen Sie, Kommunikation ist gar nicht so sehr Frage von moderner Technik. Was nützt beste Technik, wenn Sie nicht wissen, mit wem Sie überhaupt reden? Oder ob Mann, mit dem Sie reden, wirklich ist der, für den sie ihn halten. Wenn jemand hat in Briefkasten, na, sagen wir, Brief, der ist von Stalin unterzeichnet, lange nachdem Stalin ist gestorben, dann gibt es Möglichkeiten noch und noch, die erklären, warum. Es könnte sein Fälschung, könnte sein Scherz oder Verspätung, natürlich. Doch wenn ich mir vorstelle, Genosse Stalin ist Geist, dann Geist, der viel, viel Spaà sich macht, Schriftstücke zu unterzeichnen, immer wieder, bis in ewige Ewigkeit, Todesurteile sogar noch, wenn kein Mensch mehr ist auf Erde.«
So wie Oborin da saà und fabulierte, fühlte sich Ivo an den berühmtesten aller Jedi-Ritter, Meister Yoda, erinnert. Nicht, daà der Professor grün war wie Yoda oder etwa über dem Boden schwebte. Es war eher diese bestimmte sprachliche Verrenkung. Der Basic sprechende Yoda hatte ja stets das Verb dem Objekt und Subjekt nachgestellt. Im Falle Oborins fiel vor allem der Verzicht auf den Artikel auf. Noch mehr aber war es diese bestimmte höfliche Arroganz, mit der er auftrat, die an Yoda gemahnte. Die Oborins und Yodas dieser Welt vermittelten den Personen, mit denen sie sprachen, vor allem eines: Dummer Bub, du hast keine Ahnung, was wirklich abläuft.
Nun, der »dumme Bub« Ivo Berg fragte jetzt: »Soll das heiÃen, Sie telephonieren mit den Toten?«
»Ich lege Leitungen, das ist alles«, verhielt sich Oborin reserviert. Und fügte an: »Aber wieso Sie wollen das wissen? Sind doch gekommen, einen Baum holen, nicht wahr?«
»In der Tat, darum bin ich hier. Und würde gerne wissen, wer die Lärche entdeckt hat. Waren Sie das?«
»Ich habe nie solchen Baum gesehen. Bekannter von mir hat gebracht Zapfen.«
»Kann ich diesen Bekannten treffen?«
»Nein.«
»Wieso?«
»Er ist tot. Bei Ihnen wird gesagt, glaube ich, mausetot.«
»Na, dann kann ich ja vielleicht mit ihm telephonieren«, äuÃerte Ivo und wies spöttisch auf die vielen Apparate. Fragte dann aber: »Und warum ist er tot?«
»Er hat Geschäfte gemacht«, erklärte Oborin. » Ein Geschäft davon war ganz schlechtes Geschäft. Hat aber nichts zu tun gehabt mit Baum. Keine Angst. Niemand hier, der Lärchen will haben, solange nicht Maschinengewehre wachsen aus Zapfen. Allerdings, Sie benötigen Genehmigung, offizielle und inoffizielle. Eine davon wird sehr teuer sein. Vielleicht beide.«
»Der Konzern bezahlt das. Die Leute in Bremen.«
»Ja, aber Männer, die in Ochotsk haben Kontrolle, wollen nicht reden mit Bremen, sondern mit Ihnen. Spirou wird Sie hinbringen. Sie unterhalten sich mit denen, trinken mit denen und versprechen alles hoch und heilig, was Männer wollen versprochen haben. â Keine Angst, ist nur Ritual. Niemand wird richtig böse werden, solange Sie zusammen sind mit Spirou. Er ist Held, Sie wissen das?«
»Ja, ich kenne die Comics«, sagte Ivo. »Andererseits bin ich nicht hierhergereist, um mit Mafialeuten zu verhandeln, sondern eine bestimmte Lärche zu finden und mitzunehmen. Ich bin kein Unterhändler, sondern Baumpfleger.«
»Sie können nicht kommen zu Luzifer hin und ihm sagen, wie Sie meinen, daà Hölle ausschauen soll.«
Richtig, das konnte er wirklich nicht. Wenn die hiesigen Chefs ihn unbedingt sehen wollten, dann muÃte er sich ihnen auch zeigen. Daà nun aber ein kleiner, dreizehnjähriger Junge â¦
»Gut«, sagte Ivo Berg. »Was mich jetzt noch interessieren würde, ist die Sache mit dem Loch, die Bohrung. Soweit ich weiÃ, sind Sie ja wegen dieser Grabung nach Ochotsk gezogen. Nur, um jetzt an diesem Ort zu versauern.«
»Was heiÃen das: versauern? Verschweinern? â Egal! Loch hat nichts zu tun mit Baum.«
»Der Baum hat auch nichts mit den
Weitere Kostenlose Bücher