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Die Hand die damals meine hielt - Roman

Titel: Die Hand die damals meine hielt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie O Farrell
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Oberschenkel verbunden bleiben - Innes schlief gern einmal in der Nacht mit ihr und dann noch einmal am Morgen. Davon bekäme er den Kopf so schön frei. »Sonst würde ich den ganzen Tag nur an die Liebe denken statt an meine Arbeit«, sagte er. Was fatal für ihn wäre, da Lexie, das Objekt seiner Begierde, schließlich mit ihm zusammenarbeitete. »Nicht zum Aushalten«, beschwerte er sich. »Das grenzt an Grausamkeit, wie du den ganzen Tag - splitterfasernackt unter deinen Klamotten - durch die Redaktion schwebst.«
    »Park den Wagen ein, Innes«, antwortete sie. »Und hör auf zu jammern.«
    Eines Nachmittags war es ruhig in der sonst so hektischen Redaktion - Laurence war in der Druckerei, Daphne auf Recherche für einen Artikel, Amelia begleitete einen Fotografen zu einem Termin. Lexie und Innes arbeiteten allein. Ohne zu reden. Das heißt, Lexie redete nicht mit Innes. Sie hämmerte wütend auf ihre Schreibmaschine ein, ohne ihn eines Blickes zu würdigen.

    Sie schob krachend den Wagen zurück, stützte den Kopf in die Hände und starrte auf die Falten in ihrem grünen Wollkleid.
    »Es ist noch kein Journalist vom Himmel gefallen«, bemerkte Innes, der auf der anderen Seite des Zimmers saß und Zeitung las, mit einem Lächeln, das sie wahnsinnig machte.
    Sie gab eine Mischung aus Knurren und Gebrüll von sich, riss das Blatt aus der Maschine, knüllte es zusammen und warf es nach Innes. »Halt die Klappe!«, schrie sie. »Ich hasse dich!«
    Die Papierkugel beschrieb einen lächerlichen Bogen und landete auf dem Teppich, meilenweit vom Ziel entfernt. Innes blätterte geräuschvoll eine Seite um. »Tust du nicht. Du liebst mich.«
    »Nein, nein. Ich kann dich nicht ausstehen.«
    Schmunzelnd faltete er die Zeitung zusammen und legte sie auf den Schreibtisch. »Wenn du von deinem Redakteur keine Kritik - keine konstruktive Kritik - vertragen kannst, schaffst du es nie. Dann bleibst du bis ans Ende deiner Tage eine überqualifizierte Tippse.«
    Lexie funkelte ihn an. »Konstruktiv? Das nennst du konstruktiv? Es war fies und gemein und …«
    »Ich hab doch nur gesagt, dass du den studentischen Ton ablegen musst, dass du …«
    »Hör auf!« Sie hielt sich die Ohren zu. »Sei still! Verschon mich!«
    Lachend stand er auf und ging nach nebenan, in das kleine Hinterzimmer. »Okay, ich komm dir nicht mehr in die Quere. Ich bin hier drin, falls du mich brauchst. Aber bis zur Mittagspause will ich eine halbe Seite sehen.«
    Sie fauchte hinter ihm her. Dann sah sie sich noch einmal
das Manuskript an, das sie Innes am Vorabend gezeigt hatte. Er fand, es würde allmählich Zeit, dass sie »mal selbst etwas zu Papier« brächte. Er hatte sie in eine kleine Ausstellung geschickt, mit dem Auftrag, eine Rezension von einer halben Seite zu verfassen. Sie war frühzeitig hingegangen, hatte einen Rundgang gemacht, sich alle Gemälde gründlich angesehen und eifrig Notizen gemacht. Als jemand fragte, wer denn »die Kleine« sei, und der Galerist »Kents neues Püppchen« antwortete, fuhr sie wütend zu ihm herum. Püppchen? Von wegen. Sie mimte die Gleichgültige und vertiefte sich eifrig wieder in ihre Notizen, mit dem Resultat, dass sie seitenweise unentzifferbares Geschreibsel mit nach Hause brachte. Eine ganz Woche hatte sie den Artikel immer wieder überarbeitet. Und dann brauchte Innes geschätzte fünf Minuten, um ihn zu lesen und ihn ihr, mit blauen Korrekturen versehen, wieder zurückzugeben.
    Was sollte das überhaupt heißen, »studentischer Ton«? Und was war an dem Ausdruck »leuchtendes Kolorit« auszusetzen? Worauf wollte er hinaus, wenn er einen »spritzigeren Einstieg« von ihr verlangte?
    Während sie seufzend ein neues Blatt einspannte, ging die Tür auf, und eine Frau kam herein. Aber vielleicht wäre »Dame« das treffendere Wort. Sie trug einen roten Pillbox-Hut mit einem Netzschleier, der halb das Gesicht verdeckte, einen marineblauen, eng taillierten Mantel und marineblaue Schuhe. In den behandschuhten Händen hielt sie eine glänzende Ledertasche. Ihr Gesicht war blass, makellos gepudert, die geschminkten Lippen halb geöffnet, als ob sie nur noch die richtigen Worte finden müsste, um etwas zu sagen.
    »Guten Morgen«, sagte Lexie. Sicher würde die Frau jeden Augenblick merken, dass sie sich in der Tür geirrt hatte. »Kann ich Ihnen helfen?«

    Die Frau warf ihr aus schmalen Augen einen raschen Blick zu. »Sind Sie Lexie?«
    »Ja.«
    Eine Hand in die Hüfte gestützt, musterte die Frau Lexie von oben

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