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Die Handschrift des Todes - Verdon, J: Handschrift des Todes - Think of a number

Titel: Die Handschrift des Todes - Verdon, J: Handschrift des Todes - Think of a number Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Verdon
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Gowacki.
    »Stecken Sie das besser in einen Beweismittelbeutel.« Gurney fasste den Umschlag an einer Ecke und schob ihn an eine freie Stelle auf der Platte. »Unser Mörder kommuniziert gern mit seinen Opfern.«

    »Oben sind noch mehr.«
    Gurney und Gowacki drehten sich nach dem Besitzer der neuen Stimme um.
    Auf der gegenüberliegenden Seite stand ein bulliger junger Mann in der Küchentür. »Unter einem Haufen Pornomagazinen neben dem Bett - drei Umschläge mit roter Schrift.«
    »Dann muss ich wohl mal rauf.« Die Aussicht auf Treppensteigen schien dem beleibten Gowacki nicht zu behagen. »Bobby, das hier ist Detective Gurney aus Delaware County, New York.«
    »Bob Muffit.« Nervös steckte der junge Beamte Gurney die Hand hin und vermied dabei jeden Blick auf die Leiche am Boden.
    Der erste Stock machte einen ebenso halbfertigen und halbverlassenen Eindruck wie der Rest des Hauses. Vom Treppenabsatz aus erreichte man vier Türen. Muffit führte sie in einen Raum auf der rechten Seite. Hier wurde sogar der bisher gültige bescheidene Standard noch einmal deutlich unterschritten. Auf den Teilen des Teppichbodens, die nicht mit schmutziger Wäsche und leeren Bierdosen übersät waren, bemerkte Gurney Flecken, die offenbar von altem Erbrochenen stammten. Die Luft war muffig und roch nach Schweiß. Die Jalousien waren geschlossen. Das Licht kam von der einzigen funktionierenden Glühlampe in einem Dreifach-Strahler an der Decke.
    Gowacki bahnte sich einen Weg zu dem Tisch neben dem ungemachten Bett. Neben einem Stoß Pornohefte lagen drei Umschläge mit roter Handschrift und daneben ein Scheck. Gowacki fasste nichts direkt an, sondern ließ die vier Gegenstände behutsam auf eine Zeitschrift namens Heiße Ärsche gleiten, die er als Tablett benutzte.

    »Gehen wir runter und schauen uns das mal an.«
    Die drei Männer kehrten in die Küche zurück, wo Gowacki die Umschläge und den Scheck auf dem Frühstückstisch deponierte. Mit einem Stift und einer Pinzette aus seiner Hemdtasche zog er die zerrissene Klappe der Kuverts zurück und förderte den Inhalt zutage: Gedichte, die bis hin zur nonnenhaften Handschrift exakt so aussahen wie die, die Mellery erhalten hatte.
    Gurneys Blick fiel sofort auf die Zeilen » Du wirst geben, was du genommen,/was du gegeben hast, wirst du bekommen … Unser Treffen ist abgemacht./Denk dran, Mister Sechs-fünf-acht. «
    Was ihn jedoch am meisten fesselte, war der Scheck. Er war auf »X. Arybdis« ausgestellt und mit »R. Kartch« unterschrieben. Es war offensichtlich der Scheck, den Gregory Dermott an Kartch zurückgeschickt hatte. Der Betrag war der gleiche wie bei Mellerys und Schmitts Scheck: 289,87 Dollar. Name und Adresse - R. Kartch, 349 Quarry Road, Sotherton, Mass. 01055 - standen in der oberen linken Ecke des Dokuments.
    R. Kartch. Irgendetwas an diesem Namen beunruhigte Gurney.
    Vielleicht war es nur dieses seltsame Gefühl, das ihn immer beschlich, wenn er den Namen eines Toten gedruckt sah. Es war, als hätte der Name selbst den Lebenshauch verloren, weil er abgeschnitten war von dem, was ihm Bedeutung verliehen hatte. Sonderbar, überlegte er, wie man meinen kann, dass man sich mit dem Gedanken an den Tod arrangiert hat, dass er zum Beruf dazugehört und einen nicht mehr berührt. Und dann begegnet er einem auf diese unheimliche Weise - als der verstörend geschrumpfte Name eines Toten. Und wenn man sich noch so bemüht, den Tod zu ignorieren, er findet immer einen
Weg, sich bemerkbar zu machen. Er sickert ins Bewusstsein ein wie Wasser durch eine Kellermauer.
    Vielleicht lag es daran, dass ihn der Name R. Kartch so merkwürdig berührte. Oder gab es noch einen anderen Grund?

40
    Ein Schuss ins Blaue
    Mark Mellery, Albert Schmitt, Richard Kartch. Drei Männer. Ausgesucht, psychisch gequält, erschossen und mit einem scharfen Gegenstand so brutal zugerichtet, dass fast der Kopf abgehackt wurde. Was hatten sie gemeinsam oder getrennt getan, um eine derart blutige Rache auf sich zu ziehen?
    Aber handelte es sich überhaupt um Rache? War das in den Briefen anklingende Rachemotiv vielleicht - wie Rodriguez einmal behauptet hatte - nur ein Vorwand, um einen handfesteren Beweggrund zu verschleiern?
    Noch immer war alles möglich.
    Erst kurz vor dem Morgengrauen machte sich Gurney auf den Rückweg nach Walnut Crossing. In der Luft hing der kalte Geruch von Schnee. Er war in einen Bewusstseinszustand hineingerutscht, in dem bleierne Müdigkeit gegen aufgeregte Wachheit

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