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Die Haushälterin

Die Haushälterin

Titel: Die Haushälterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Petersen
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mit dem Schimmel und küßte ihn direkt aufs Maul.
    »Genug«, sagte sie schließlich und gab ihm noch ein paar Blätter. »Die anderen werden sonst eifersüchtig.«
    Der Himmel war blaßblau und wolkenlos, der See nahe dem Ufer grün und weiter draußen beinahe schwarz. Auf der anderen Seite standen zwei Chopper, deren Felgen im Sonnenlicht blitzten, aber es waren kaum Leute da. Gewöhnlich kamen sie abends, Familien, die grillten, oder Paare, die einfach zwischen den Bäumen saßen, aufs Wasser blickten und sich umarmten.
    Als ich mich umsah, ließ Ada gerade ihren Rock ins Gras fallen.
    »Komm«, sagte sie.
    Ich wollte mich nicht ausziehen. Ich nahm meinen Geldbeutel aus der Tasche, legte ihn auf einen Stein und sprang in Hemd und Jeans ins Wasser.
    »Du schämst dich!« rief sie und kam hinterher.
    Ich schwamm, so schnell ich konnte, am Ufer entlang bis zu der Stelle, wo das vordere Ende des alten Stegs aus dem Schilf ragte. Ich kletterte an den Balken hinauf, setzte mich auf die moosigen Planken und sah ihr beim Kraulen zu.
    »Feigling!« rief sie und warf eine Handvoll Schlamm nach mir. Dann drehte sie sich auf den Rücken, streckte die Arme über den Kopf und blinzelte in die Sonne. Sie war ganz nah; ich konnte das Wasser in der Mulde des Nabels erkennen und die Stelle zwischen den Beinen, wo sich der Stoff ihrer Unterhose den Formen des Körpers anglich. Über mir hing der Ast eines Ahorns. Ich zog mich hoch, balancierte ein Stück, griff nach einem noch höheren Ast, schwang mich darauf und robbte zur Spitze. Das Wasser unter mir war nicht tief, ich konnte bis auf den Grund sehen, wo Grünalgen zwischen runden Steinen im Schlick wucherten.
    »Ada«, rief ich. »Kopfsprung!«
    »Spinnst du«, rief sie. »Das Wasser ist flach. Ich kann sogar stehen, schau mal!«
    Sie stellte sich hin und winkte ab. Das Wasser reichte ihr bis zu den Achseln.
    »Kopfsprung«, rief ich, »jetzt!«
    »Laß den Quatsch«, schrie sie. »Komm wieder runter!«
    Ich lehnte mich zur Seite und streckte ihr die Zunge raus.
    Als nächstes sah ich das Blut an ihrem Bauch und an meinem Ärmel, helles, wäßriges Blut.
    »Idiot«, sagte sie.
    Sie zog mir das Hemd aus, preßte ein Papiertaschentuch auf die Wunde, rollte ihren Rock zusammen und schob ihn mir unter den Kopf. Dann zog sie mir die Hose aus und hängte sie zusammen mit dem Hemd über einen Findling.
    »Alles in Ordnung?«
    »Klar«, sagte ich. Meine Schulter schmerzte, als hätte jemand ein Messer direkt ins Fleisch gebohrt.
    »Du bist wirklich ein Idiot.«
    Sie drehte mir den Rücken zu. Wasser tropfte von ihrem Haar. Die Sonne war nach Westen gewandert, und im Zenit kreiste ein Späher oder ein Falke oder ein Bussard. Ich sah die blutigen Fingerabdrücke an ihrer Unterhose und ihre Pospalte unter dem nassen Stoff, und plötzlich dachte ich, daß jemand alles geplant hatte, den Himmel, den Wald, die Sonne, Ada und daß ich atmete, statt mit gebrochenem Hals im See zu treiben.
    »Ich hab ein Geheimnis«, sagte ich.
    Sie schwieg. Ich strich mit den Fingern über das Gras und sog seinen Duft ein. Es war gemäht, die frischen Spitzen kitzelten meine Haut.
    »Soll ich's dir verraten?«
    »Als ich so alt war wie du, hatte ich auch Geheimnisse«, sagte sie. »Schreckliche Sachen. Ich habe geheult und mich dafür geschämt. Wenn ich heute daran denke, kann ich nur noch lachen.«
    Ich dachte, daß sie beleidigt war, weil ich mich verletzt hatte. Ich kannte das von früher: Wenn ich auf der Treppe gestürzt oder von der Schaukel gefallen war, hatte mein Vater mir immer vor Schreck den Hintern versohlt.
    »Ich bin verliebt«, sagte ich.
    Sie schüttelte den Kopf.
    »In jemanden aus deiner Schule?«
    »In eine Frau«, sagte ich.
    »Schade«, sagte sie. »Ich hab gedacht, daß du Jungen magst.« Sie drehte sich um. »Ich glaube, ein Junge würde dir guttun. Du hast ein Gemüt wie ein Mädchen. Du siehst sogar so aus.« Sie zeigte mit dem Finger auf mich, auf meinen Körper, der nackt war bis auf die nassen Shorts. Der Späher zog nun engere Kreise, als wollte er im nächsten Moment senkrecht nach unten schießen. In meinen Augen standen Tränen, obwohl ich versuchte, mir einzureden, daß mich all das nichts anging, eine Frau in Unterwäsche, der pochende Schmerz und dieses Gefühl, das stärker war als der Schmerz, obwohl ich die Fingernägel durch das Taschentuch in die Wunde bohrte.
    »Tut mir leid.« Sie kam heran und strich mir über die Wange.
    Ich drehte den Kopf weg und spürte die

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