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Die heilige Ketzerin: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die heilige Ketzerin: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die heilige Ketzerin: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Domeier
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beiden hielten sich mit Zuneigungsbekundungen zurück, denn immerhin trug Agnes weiterhin ihre Ordenstracht. Aber auf dem Weg zum Rathaus ergriff sie immer wieder heimlich seine Hand und drückte sie fest. Mehr war nicht nötig, damit war schon alles Wichtige gesagt.
    Agnes erzählte kurz, wie Maria gefunden worden war und vom Tode Kuniberts. Leider war die Witwe ja noch im Kloster. Unter anderen Umständen hätte Agnes sie heute schon besucht. Möglich, dass ihr inzwischen etwas eingefallen war.
    Sie standen auf dem rechteckigen Marktplatz, an dessen Ostseite sich das Rathaus befand. Weiter in Richtung Osten schloss sich der ebenso große Kirchplatz an, auf dem mittig die Kirche St. Nikolai erbaut worden war. Gemeinsam bildeten die beiden Plätze das Zentrum Rintelns. Drei Hauptstraßen zogen sich der Länge nach von Nord nach Süd durch die Stadt. Die Weserstraße ging über in die Klosterstraße und berührte den Marktplatz an dessen Westende. Enge Straße und Bäckerstraße bildeten die Mittellinie. Brennerstraße und Ritterstraße trafen am östlichen Ende des Kirchplatzes aufeinander. Rinteln war bewusst so systematisch errichtet worden, jedenfalls Neu-Rinteln, das um das Jahr 1230 von Graf Adolf IV. von Holstein und Schauenburg 11 auf dem südlichen Weserufer gegründet worden war, gegenüber vom früheren Dorf Alt-Rinteln.
    Endlich kam Ulrich von Engern um die Ecke. »Da seid ihr ja! Können wir endlich beginnen?«
    Ludolf konnte sich eine bissige Bemerkung nicht verkneifen. »Wenn ihr uns Bescheid gegeben hättet, dass ihr später kommt, hätten wir schon anfangen können.«
    Ulrichs Augenbrauen zogen sich bedrohlich zusammen. »Ich sagte doch, dass ich etwas Wichtiges zu tun hatte. Also, welchen Vorschlag habt ihr?«
    »Wurden die Nachbarn im Haus des Toten schon befragt?«, wollte Ludolf wissen.
    Agnes zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung.«
    Der Rintelner überlegte kurz. »Ich hatte gestern gar nicht den Kopf dafür. Und ob es ein anderer getan hat, weiß ich nicht.«
    »Dann sollten wir besser dorthin«, schlug Ludolf vor. »Inzwischen haben sich die Leute beruhigt. Die Menschen wissen manchmal gar nicht, dass sie etwas Wichtiges gesehen haben.«
    Ulrich von Engern hob zweifelnd die Schultern. »Wenn ihr meint, dass das etwas bringen soll, machen wir’s halt.«
    Also schritten die drei los in Richtung Bäckerstraße. Nach kurzem Weg waren sie bereits an ihrem Ziel angelangt. Das zweistöckige Haus mit dem zusätzlichen Dachgeschoss war ähnlich gebaut wie die meisten der Straße: schmal, aus Fachwerk, mit einem dahinter gelegenen Garten, in dem Obstbäume standen und Platz für einen Abort war.
    Aber in einer Hinsicht unterschied sich dieses Haus von den benachbarten. Neben der Tür lagen Blumen, kleine Kränze, und es brannten ein paar Kerzen. Diese Beileidsbekundungen galten sicher nicht dem toten Holzfäller, es musste Maria gemeint sein. Sie schien tatsächlich von den Menschen verehrt zu werden.
    Ulrich marschierte durch den Eingang und klopfte gleich neben der Treppe, die in die beiden oberen Stockwerke führte, an die Wohnungstür. Nach einiger Zeit öffnete eine ältere Frau. Sie mochte so an die siebzig Jahre alt sein und trug ein dunkles, hochgeschlossenes Kleid und eine leinene Haube, unter der ein paar graue Strähnen herauslugten.
    »Ach, der Herr von Engern. Was kann ich für euch tun?«, fragte die Bewohnerin müde.
    »Wir suchen die Leute, die meine Nichte vorgestern überfallen haben. Habt ihr etwas gehört oder gesehen? Wer war an dem Abend im Haus?«
    »Ich hab niemanden gesehen oder gehört. Ja, bis zu dem Tumult.« Dann wandte sich die Frau an Agnes. »Ihr müsst nämlich wissen, Maria hatte Visionen. Bei ihr da oben sind auch schon Wunder passiert. Ja, ja. Sie ist von Gott begünstigt. Eine Heilige!« Dabei erhob sie beschwörend die Hände.
    Mürrisch verzog Ulrich von Engern das Gesicht. »Dacht ich mir’s doch. Hier weiß niemand was. Wir sollten lieber nach Leuten suchen, die Maria bedroht haben.«
    Agnes versuchte zu vermitteln: »Bitte habt noch einen Augenblick Geduld, werter Herr«, und wandte sich dann wieder an die Bewohnerin: »Oder habt ihr in den letzten Tagen vielleicht etwas Auffälliges beobachtet? Auch der kleinste Hinweis kann uns helfen.«
    Die ältere Frau überlegte einen Moment und kratzte sich währenddessen am Bauch. »Letzte Woche war da schon was Eigenartiges.«
    »Und was?«
    »Da trieben sich irgendwelche Fremden hier vor der Tür rum. Meistens im

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