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Die heilige Ketzerin: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die heilige Ketzerin: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die heilige Ketzerin: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Domeier
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auf die Gefahr hin, dass sie bei der Verfolgung selbst angegriffen würden.
    »Was wollt ihr als Nächstes tun?«, fragte er nach einem Moment des Schweigens.
    Ludolf richtete sich auf. »Erst einmal ist dieser Hartwich dran. Vielleicht hat er in seiner Enttäuschung seinen Nebenbuhler umgebracht? Vielleicht gibt es da aber auch eine Feindschaft wegen der Holzdiebstähle.«
    »Mich interessiert eher, womit Kunibert Ulrich unter Druck gesetzt hat«, hielt Agnes dagegen. »Die Eltern wissen etwas, aber sie wollen ja nicht reden.«
    Wieder herrschte frustriertes Schweigen.
    Schließlich stand Ludolf auf. »Es ist schon spät, bald wird es dunkel. Ich schlage vor, wir machen morgen früh weiter.«
    Agnes nickte. »Ich schaue noch einmal bei Maria vorbei und werde dann bei meinem Onkel übernachten.«
    »Darf ich dich begleiten?«
    Sie lächelte ihn dankbar an. »Ich wäre dir sonst auch böse gewesen.«
    Glücklich schaute er in ihre braunen Augen. Wie gerne hätte er sie jetzt in den Arm genommen und fest an sich gedrückt. Wie gerne hätte er sie geküsst. Aber das hatte sie ihm bisher nur ein einziges Mal erlaubt. Einmal in zwei Jahren. Alles andere waren nur flüchtige Schmatzer gewesen. Schade. Wenn diese schwarze Hexe wieder einmal ihren Kopf durchsetzen wollte, entgegen aller Vernunft, könnte er sie jedes Mal erschlagen. Und wenn sie dann wieder so süß lächelte, hätte sie alles von ihm verlangen können. Die Frau war unberechenbar und dabei so reizvoll.
    Sie verließen den ehemaligen Verwalter und bedankten sich herzlich. Er versprach den beiden, ihnen jederzeit wieder zu helfen.

Maria
    Langsam stieg Agnes die Treppen zu den Schlafgemächern der Nonnen hoch. Sie war irgendwie aufgekratzt, innerlich aufgewühlt. Aber das lag nicht nur an den Ereignissen des Tages oder an der Mission – obwohl ihr beim Gedanken an das Schicksal der missbrauchten Frauen jedes Mal die Galle hochkam. Warum hatte diesem Scheusal Ulrich bisher niemand das Handwerk gelegt? Wieso hatte sich bisher keiner um die Geschändeten gekümmert? Weswegen deckte selbst die Äbtissin diese schwerwiegenden Sünden? Was verband Ulrich von Engern und Greta von Hattelen?
    Als Ludolf sie bis zur Klosterpforte begleitet hatte, waren in ihr wieder diese verwirrenden Gefühle aufgestiegen. Andauernd gerieten sie sich in Wolle, sie waren so oft unterschiedlicher Meinung, und Ludolf tat ihr immer wieder weh. Aber dann sehnte sie sich wieder nach seiner Nähe, manchmal so sehr, dass es schmerzte. Aber begehrte sie nun Ludolf? Oder war es einfach nur der Wunsch, das Klosterleben hinter sich zu lassen? Sollte sie tatsächlich heiraten? Am besten einen gefestigten, reifen, liebevollen und gut aussehenden Mann. Sie dachte wieder an das Gespräch mit ihren Eltern im letzten Oktober, als um ihre Hand angehalten worden war. Vater und Mutter waren einverstanden gewesen, hatten die Entscheidung aber netterweise ihr überlassen. Aber mit sechsundzwanzig konnte man kaum noch einen perfekten Mann erwarten.
    Agnes stand vor Marias Kammer und klopfte. Aus dem Innern war keine Reaktion zu hören. Sie klopfte abermals. Wieder nichts. Vorsichtig öffnete sie die Tür und lugte hinein. Die Witwe saß in der Zimmerecke gegenüber dem Bett auf dem Fußboden und hatte ihre dünnen Arme um die angezogenen Beine geschlungen. Als Schutz gegen die Kühle hatte sie die Decke unter sich ausgebreitet. Mit großen, traurigen Augen blickte sie zu der Besucherin auf.
    Agnes trat ganz ein und fragte: »Wie geht es euch nun?«
    Maria sagte nichts. Stattdessen richtete sie ihren leeren Blick auf die gegenüberliegende Wand.
    »Kann ich euch helfen?«
    Wieder kam keine Antwort.
    »Habt ihr Hunger? Soll ich euch etwas zu essen bringen?«
    Diesmal schüttelte Maria den Kopf.
    Jetzt erst bemerkte Agnes die Speisen auf dem Tisch. Dort lagen noch ein Stück Brot, etwas Käse und Schinken. Aber nichts davon sah angerührt aus. Eine Mitschwester musste die Verpflegung nach der Abendmahlzeit bei Vesper 30 gebracht haben.
    »Benötigt ihr etwas anderes?«, fragte die Nonne wieder.
    Maria blickte auf. Endlich sprach sie mit müder Stimme: »Warum helft ihr?«
    Agnes war von der Frage überrascht. »Weil ... mmh ... Das ist doch selbstverständlich.«
    »Was wollt ihr als Gegenleistung?«
    »Muss man immer eine Gegenleistung erwarten, wenn man hilft?«
    Die junge Frau schaute zu Boden. »Menschen erwarten Belohnungen.«
    »Nicht alle.«
    »Die meisten.«
    »Auch Kunibert?«
    Maria schwieg. Sie

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