Die heilige Ketzerin: Historischer Kriminalroman (German Edition)
knirschten gefährlich, und seine Hände hatte er nun zu Fäusten geballt.
Aber Agnes wich keinen Zoll. »Hartwich ist auf frischer Tat ertappt worden.«
»Und außerdem ist er verdächtig, der Mörder von Kunibert Nachtigal zu sein«, ergänzte Ludolf.
Wutentbrannt irrten seine Blicke zwischen den jungen Leuten hin und her. Man sah, wie ihm die Argumente ausgingen. Sein Gesicht war rot angelaufen, und an seiner Stirn sah man, wie die Adern bei jedem Herzschlag pulsierten.
Inzwischen waren einige Bürger neugierig stehen geblieben. Die Leute hielten in einiger Entfernung inne – natürlich ganz zufällig – und schielten herüber. Die meisten kannten wahrscheinlich Ulrich und wollten sehen, wer sich mit ihm angelegt hatte. Zum Glück redete er so laut, dass ihn jeder verstehen konnte.
Plötzlich platzte es aus Ulrich heraus: »Eine Verschwörung ist das! Ich seh schon, ihr wollt mir was anhängen.«
Nun wurde auch Ludolf lauter. »Warum habt ihr so ein Interesse daran, Hartwich freizubekommen?«
»Das sagte ich doch schon: Es ist im Interesse der Stadt.«
Er schüttelte betont langsam den Kopf. »Nein. Es ist in eurem Interesse. Ihr deckt ständig Hartwich. Ihr seid mit ihm verbündet!«
»Was fällt euch ein?«, schrie Ulrich. Dabei spritzte sein Speichel in Ludolfs Gesicht, der angeekelt einen Schritt zurückwich und sich hastig abtrocknete.
Stattdessen antwortete Agnes: »Es ist offensichtlich, dass ihr mit Hartwich unter einer Decke steckt.«
Ulrich von Engern drehte sich ärgerlich um. Er eilte zwischen den neugierigen Zuschauern hindurch, ohne sie zu beachten, und fluchte laut vor sich hin. Doch schon nach wenigen Schritten machte er kehrt und kam zurück.
»Was seid ihr zwei doch für Idioten! Ihr könnt wohl nichts richtig machen. Ich werde Prutze und Rottorf empfehlen, euch beide sofort von dem Auftrag zu entbinden, sonst wird alles nur noch schlimmer, und der Mörder ist längst über alle Berge. Wollt ihr das wirklich riskieren?«
Ludolf lächelte siegessicher. »Ich dachte, ihr hättet den Mörder schon.«
Ulrich prallte überrascht zurück. »Was faselst du da?«
»Ihr sagtet doch, der Jude sei der Mörder.«
»Irgendwas hat der bestimmt ausgefressen. Das bekomme ich noch heraus. Bis dahin bleibt der in Haft, und Hartwich wird freigelassen.«
»Das müsst ihr selbst mit dem Bürgermeister und dem Domdekan klären.«
Grimmig kam Ulrich wieder näher. Drohend erhob er seine Faust. »Kleiner, pass auf, dass dir im Dunkeln nichts passiert.«
Ludolf wurde nervös. Den Kaltblütigen zu spielen, war nicht seine Art. »Ihr wollt uns drohen?«
»Ich will dich warnen. Wenn ich mit dir fertig bin, wird dich keine Stadt mehr haben wollen, und deine Eltern werden es bereuen, dich kleinen Pupser in die Welt gesetzt zu haben.«
Damit drehte sich Ulrich von Engern um und rauschte in Richtung Rathaus davon. Die Leute, die die Szene grinsend beobachtet hatten, machten sich wieder an ihre Angelegenheiten. Dieser Auftritt sollte für heute noch genug Gesprächsstoff bieten.
Die beiden jungen Leute atmeten erleichtert durch und schauten dem Hitzkopf hinterher. Ganz selbstverständlich hielten sie sich an der Hand.
Nachdenklich erklärte Ludolf: »Der steckt hinter den Holzdiebstählen.«
»Eindeutig«, bestätigte Agnes. »Aber wie beweisen wir es?«
»Falls Hartwich singen würde, hätten wir ihn. Die anderen Holzfäller scheinen wirklich nichts zu wissen.«
»Schlau von Ulrich. Er bleibt immer schön im Hintergrund, damit ihm keiner etwas nachweisen kann.«
Ludolf war ratlos. »Was machen wir nun?«
»Hartwich auf den Zahn fühlen?«
Er lachte kurz auf. »Das wird ein harter Brocken. Wie sollen wir den unter Druck setzen?«
Agnes nickt zustimmend. »Da habe ich auch wenig Hoffnung. Aber vielleicht haben wir etwas übersehen, das uns weiterhelfen könnte.«
»Und was?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Wollen wir noch einmal mit den Nachbarn reden? Oder mit dem alten Verwalter?«
»Da wird uns nichts anderes übrig bleiben. Wir machen beides. Und wenn das nichts bringt, gehen wir noch mal zum Töpfer Brockmann.«
»Dann sollten wir keine Zeit verlieren.« Entschlossen marschierte Agnes los und zog Ludolf hinter sich her.
Magd Elisabeth
Entschuldigt bitte!«
Hinter Agnes und Ludolf erklang eine ängstliche Stimme, gerade als sie vom Marktplatz in die Bäckerstraße gingen. Überrascht drehten sie sich um. Hinter ihnen stand die junge Magd aus dem Haushalt von Ulrich von Engern. Elisabeth
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