Die Heimkehr des Prinzen
Tunnel entlanggingen. Justice drehte sofort den Kopf zur Seite. Selbst wenn es eine dritte Wache gegeben hätte, die die ganze Zeit über nur still dagesessen hätte, um Justice in Sicherheit zu wiegen, dann hätte er sich lieber mit diesem Problem befasst, als noch eine Sekunde länger sein Gesicht in das nasse Tigerfell zu vergraben.
Er sprang auf die FüÃe und zuckte zusammen, als ihm der Schmerz durch die Knie schoss. Dann rieb er sich die Tigerhaare aus Nase und Mund.
»Verdammt noch mal, ich hoffe bloÃ, dass Ven das zu schätzen weië, knurrte er.
Ein ihm nur zu vertrautes Lachen lieà sich leise aus der Tunnelöffnung am anderen Ende vernehmen. Justice wirbelte herum und sah sich Ven gegenüber, der dort mit gezogenem Schwert stand. »Natürlich weià ich es zu schätzen, und wie. Besonders gefällt mir der Teil, an dem du über und über voller Katzenhaare auf einem Tigerkissen herumlümmelst. Wie stehtâs mit einer Erklärung?«
Doch als Justice antworten wollte, tönte erneut das Schmettern der unsichtbaren Glocke durch die Höhle, und er hielt sich schnell die Hände schützend über die Ohren.
Hinter Ven sah er eine Frau in die Höhle eintreten, deren Gesicht und Arme entrückt nach oben gerichtet waren. Sie kam ihm irgendwie bekannt vor, sie sah Vens Melodine ähnlich.
In dem Moment endete das Läuten der Glocke und die Frau senkte die Arme und sah ihn an, wobei ein seltsam bläuliches Licht aus ihren Augen strahlte.
Es war Erin, Erin und noch etwas â eine andere Frau, die ihr Bewusstsein mit ihr teilte.
Justice erstarrte und war wie gelähmt. Ein intensives, glühendes Verlangen erfasste ihn, ein Verlangen nach ihr, nach ihnen, nach der Essenz der Nereiden, der weiblichen Seite seiner männlichen Nereidenhälfte. Wahnsinn und Zerstörungswut durchzuckten ihn. Sein Körper nahm eine Angreiferpose ein und er knurrte Ven an: »Ich nehme sie dir weg, Rächer. Ich schau nicht länger zu, wie du über Dinge herrscht, die eigentlich mir gehören sollten.«
Ven sah ihn verwirrt an. »Was haben sie denn mit dir angestellt? Wovon zum Teufel redest du überhaupt?« Er hob das Schwert, doch war es eine halbherzige Geste. Der Rächer des Königs hatte nicht den Mut, einen seiner Kriegergefährten zu töten.
Blinde Wut vernebelte Justice die Sicht mit einem roten Schleier, sodass sich ihm Vens Gesicht schon blutüberströmt präsentierte. Ven mochte sich nicht bereit fühlen, zu morden, Justice war es durchaus.
Erin sprach, und doch war es nicht nur Erins Stimme, die aus ihrem Munde kam.
»Halt ein, Nereid. Die Drogen in deinem Körper beeinträchtigen dein Urteilsvermögen. Wenn du dich nicht zurücknimmst, dann erzählst du bald Dinge, die dir verboten sind auszusprechen.«
Sie hob die Arme, und Kugeln reiner Energie glühten in ihren Handflächen.
Bevor Justice zu einem todbringenden Sprung auf Ven ansetzen konnte, um ihn mit nackten Händen zu zerreiÃen, schleuderte sie eine dieser Kugeln gegen ihn, mitten in seinen Bauch, sodass er zu Boden geworfen wurde. Sein Schädel knallte auf den Fels, doch gleichzeitig umgab ihn das heilende, silberblaue Licht der Energiekugel, das sich in ihn hineinversenkte, durch die Haut hindurch in sein Blut.
In die dunklen und verwüsteten Weiten seiner Seele, die ganz kurz nur in ihr eine Vision von Heimat erblickt hatte. Das Licht durchflutete ihn mit Farbe und Gesang und gewährte ihm einen kurzen Einblick in das, was es hieÃ, eine Melodine zu sein.
Dann war alles vorbei.
Blinzelnd setzte Justice sich auf und merkte, dass er sich tausendmal besser fühlte als vorher. Seine Kopfschmerzen waren verschwunden, der konstante Schmerz über den Rippen, wo der Vampir ihm die Schwertwunde zugefügt hatte, gehörte der Vergangenheit an. Beide Wunden waren verheilt, als hätten sie nie existiert. Es war gar nicht nötig, das unter dem Verband nachzuprüfen.
»Du hast mich geheilt«, sagte er zu ihr, zu ihnen, der Melodine und der Göttin.
»Das haben wir«, erwiderte sie, immer noch in dieser unermesslichen, musikalischen Stimme. »Lasst uns nun das Nereidenherz finden, bevor das Lied des Rubins mich verglühen lässt.«
Er sprang auf die Beine und verneigte sich vor Ven, der immer noch ganz verwirrt aussah. »Vergebt mir, Lord Rächer. Ich war ⦠nicht bei mir.«
Ven
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