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Die Henkerstochter und der schwarze M�nch

Titel: Die Henkerstochter und der schwarze M�nch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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doch das wahre Kreuz war wie vom Erdboden verschwunden! Jetzt kehrt es zurück in den Schoß der heiligen katholischen Kirche. Alles wendet sich zum Guten! Der Augsburger Bischof wird dem Papst von unserem Fund berichten, und Seine Heiligkeit wird die Echtheit des Kreuzes bestätigen.«
    »Glaubt Ihr das wirklich?«, fragte Simon.
    Augustin Bonenmayr nickte eifrig. »Mit dem Segen des Papstes wird dieses Kreuz zur wichtigsten Reliquie der Christenheit werden! Die Menschen werden von weit her zu uns pilgern. Ich habe bereits Pläne für eine prächtige Wallfahrtskirche in der Nähe des Wiesbauernhofs ...«
    »Herrgott, Sakrament, an diesem Kreuz klebt Blut!«, unterbrach ihn Magdalena. Sie deutete auf Benedikta. »Das Blut ihres Bruders und noch vieler anderer! Fast verreckt wär ich wegen dem vermaledeiten Kreuz!« Sie ging bedrohlich auf den Abt zu. »Wenn du glaubst, du kannst hier so mir nichts, dir nichts rausgehen und weiter deinen Schmarren predigen, dann hast du dich sauber geschnitten. Meinen Vater werd ich dir auf den Hals hetzen. Der bricht dir mit deinem Kreuz sämtliche Knochen!«
    »Magdalena, beruhige dich!«, sagte Simon. »Der Vorschlag des Abts ist so schlecht nicht. Die Toten sind tot und...«
    »Einen Augenblick!«, unterbrach ihn Benedikta. »Riecht ihr das auch?«
    Simon schnupperte, ein beißender, brandiger Geruch drang in seine Nase. Noch schwach, aber trotzdem deutlich wahrnehmbar. Er kam aus dem größeren Raum hinter ihnen.
    »Feuer!«, schrie Benedikta. »Alle raus hier!« Gemeinsam stürmten sie zurück in das Gewölbe, wo dickeWolken von Qualm durch die Bühnenluke nach unten drangen. Nur kurze Zeit später war die gesamte Decke wie an einem trüben Novembertag hinter einer wabernden, grauen Schicht verborgen. Auf den Trümmern der Grabplatte stand der Abt und presste das Kreuz gegen seine Brust, als könnte er es mit seinem dürren Körper gegen die Flammen schützen.
    Seine Lippen murmelten ein leises Gebet.
     
    Oben auf der Bühne fraßen sich die Flammen durch den trockenen Brokatstoff wie durch Stroh. Sie kletterten an den Vorhängen hinauf bis zur Decke, wanderten die Galerien entlang und hinterließen eine Schneise der Verwüstung. Schon bald war der gesamte Zuschauerraum in ein leuchtendes Rot getaucht. Trotz der Januarkälte herrschte im Theatersaal eine schier unerträgliche Hitze.
    Henker und Mönch umkreisten sich wie zwei lauernde Wölfe, jeder wartete, dass der andere den entscheidenden Fehler machte. Schließlich wagte Bruder Nathanael einen Ausfall. Er täuschte rechts an und warf sich dann mit dem Dolch von links auf den Henker. Jakob Kuisl wich aus und versetzte dem Mönch einen Stoß mit dem Ellbogen, so dass dieser nach vorne fiel. Ehe er in die brennenden Vorhänge stürzte, rollte sich Nathanael ab, kam wie eine Katze wieder auf die Füße und griff erneut an.
    Mit einem so schnellen Gegenangriff hatte der Henker nicht gerechnet. Der Dolch schabte über seinen rechten Oberarm, wo ihn heute Mittag schon das Messer des Wegelagerers erwischt hatte. Kuisl unterdrückte ein Stöhnen und holte mit dem Knüppel aus, traf Nathanael aber nur leicht an der Schulter. Der Mönch wirbelte in einem Halbkreis herum, duckte sich plötzlich und hieb mit dem Dolch nach den Kniekehlen des Henkers. Mit einem beherzten Sprung zur Seite brachte sich Kuisl in Sicherheit. Viel zu spät sah er im dichten Qualm den Vorhangstoff vor sich am Boden liegen,der mittlerweile lichterloh brannte. Um nicht mitten in die Flammen zu springen, änderte er noch im Sprung die Richtung. Er taumelte, fiel vornüber und konnte sich gerade noch an einer bemalten Kulisse festhalten, die einen Himmel mit weißen Wölkchen und einen alles überragenden Herrgott zeigte.
    Als der Henker sich an der Kulisse hochzog, kippte die zentnerschwere Wand plötzlich nach vorne um. Gemeinsam mit dem Allmächtigen stürzte Kuisl zu Boden und wurde unter der Leinwand begraben. Mit Donnern und Scheppern fielen noch weitere Kulissen auf ihn herab.
    Einen Augenblick lang herrschte Stille, nur das Prasseln der Flammen und die zischende, fremdartig klingende Stimme des Mönchs waren zu hören.
    »Ich bin in Salamanca mal einem Mann wie dir begegnet«, flüsterte er. »Groß und stark, aber sehr dumm. Ich hab ihm die Kehle aufgeschnitten, während er noch mit seinem Zweihänder nach mir ausholte. Er hat mich ungläubig angesehen, bevor er nach vorne kippte.«
    Jakob Kuisl versuchte, die mit Leinwand beklebten, sperrigen

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