Die Herren der Unterwelt 03 - Schwarze Lust
Anblick sie sich am liebsten sofort die Augen und Ohren zugehalten hätte.
Cameo hatte sie hierher geführt und stand jetzt neben ihr. „Hör mal, ich hätte dich wahrscheinlich gar nicht herbringen sollen. Vermutlich hätte ich überhaupt nicht zulassen sollen, dass du die Burg verlässt. Wenn du versuchst zu fliehen, wirst du es spätestens dann sehr bereuen, wenn ich dich wieder einfange. Aber ich habe eine Schwäche für Romanzen, deshalb sind wir hier. Also: Siehst du ihn?“
„Ich werde nicht abhauen.“ Die emotionalen Qualen, die Cameos Stimme erzeugte, waren kaum auszuhalten, und sie hätte sich tatsächlich am liebsten die Ohren zugehalten. „Und, nein, ich sehe ihn nicht.“
„Wenn du ihn entdeckst, dann erinnere dich einfach daran, dass er ein Krieger mit einer grausamen Vergangenheit ist, deren Abgründe du dir nicht annähernd ausmalen kannst. Wenn du ihn wirklich willst, musst du ihn bekämpfen.“
Vielleicht lag es an ihrem Gesprächsthema, aber je länger Cameo redete, desto mehr verflüchtigte sich ihre Aura des Elends. „Meinst du um ihn kämpfen?“
„Oh nein, ganz und gar nicht. Du musst ihn bekämpfen, denn er wird sich seinen Gefühlen nicht so einfach hingeben. Viel Glück. Und denk dran: Wenn du abhaust, wirst du es bitter bereuen!“ Mit diesen Worten verschwand die weibliche Kriegerin in einer der dunklen Ecken und ließ Danika allein im Foyer stehen.
Nun ja, so allein, wie man sein konnte, wenn man von haufenweise Leuten umgeben war. Waren auch Jäger unter ihnen? Ihr wurde kalt bei dem Gedanken. Was, wenn ja? Stefano hatte ihr erzählt, dass sich einige seiner Leute in der Gegend aufhielten. Was, wenn die sie hier sahen? Und versuchten, mit ihr zu sprechen?
Herr im Himmel. Stefano und sie hatten nicht besprochen, wie sie sich in einer solchen Situation verhalten sollte, denn sie hatten beide nicht an die Möglichkeit gedacht, dass sie die Burg verlassen würde. Trotz des Gefühls innerer Kälte war sie schweißbedeckt.
Wo zum Teufel war Reyes?
Während sie sich einen Weg durch die Menge bahnte, musterte sie jedes Gesicht. Nicht eines kam ihr bekannt vor. Als sie schließlich die Bar erreichte, wusste sie nicht, ob sie erleichtert oder erschrocken war.
„Was darf’s denn sein?“, fragte der Barkeeper auf Ungarisch.
Sie hatte einen Monat Sprachunterricht genommen, bevor sie mit ihrer Familie hierher geflogen war, sie konnte sich also verständlich machen. „Eine Cola“, bestellte sie, weil sie lieber keinen Alkohol riskieren wollte. Zwar sehnte sie sich nach ein bisschen Betäubung, doch sie musste bei klarem Verstand bleiben.
Ein paar Sekunden später wurde das Getränk zu ihr hingeschoben. Sie reichte dem Barkeeper einen der bunten Scheine, die Cameo ihr widerstrebend überlassen hatte, und blickte wieder auf die Tanzfläche. Noch immer keine Spur von Reyes. Fröstelnd schob sie sich vorwärts, bemüht, ihr Getränk nicht zu verschütten.
Ein Mann hängte sich an ihren freien Arm, grinste und zog sie näher zu sich heran. Doch sie entwand sich seinem Griff und blitzte ihn so bitterböse an, dass der Typ erblasste und sich eilig mit hoch erhobenen Händen zurückzog.
Danika nippte an ihrer Cola und ging mit suchendem Blick und hämmerndem Puls weiter. Am anderen Ende des Clubs gab es eine verglaste Wand, die etwas erhöht war. Ein weiterer Raum? Wahrscheinlich. Wahrscheinlich eine Art VIP-Lounge, mit einem Bodyguard vor der Tür. Ja, tatsächlich, kurz darauf entdeckte sie den Türsteher.
Du wirst doch wohl einen Weg finden, da reinzukommen. Du bist doch clever. Manchmal jedenfalls.
Entschlossen reckte sie ihr Kinn vor und stolzierte auf die Glasfront zu. Der große, muskulöse Kerl, der vor der Treppe nach oben stand, sah sie stirnrunzelnd an. Sein Blick wurde umso abweisender, je näher sie kam. Schließlich verschränkte er seine Arme vor der Brust.
„Ich bin auf der Suche nach Reyes“, sagte sie, zunächst auf Englisch, dann in gebrochenem Ungarisch.
Seine braunen Augen ließen nicht eine Sekunde erkennen, ob ihm der Name etwas sagte. „Verschwinden Sie, Lady, das hier ist ein privater Bereich.“ Auf Englisch. Zumindest war er höflich genug, in ihrer Muttersprache unhöflich zu ihr zu sein.
Doch sie ließ sich nicht beirren. „Wenn Sie ihm vielleicht kurz sagen könnten …“
„Verschwinden Sie, oder ich lasse Sie rauswerfen.“
„Ich habe eine Nachricht für ihn, auf die er wartet, und er …“
Der Türsteher streckte seinen Arm aus, um sie
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