Die Herren der Unterwelt 03 - Schwarze Lust
dass dich die Herren holen. Wir vermuteten, dass du vorhattest, künftig ihrer Sache zu dienen, und wollten euch eigentlich alle zusammen gefangen nehmen. Aber du warst die ganze Zeit so hektisch auf der Flucht – als ob du versuchtest, sie abzuschütteln. Das hat mich dann doch neugierig gemacht.“
Als wenn sie Interesse an seinen Plänen hätte! War ihre Großmutter wirklich tot? Ein schlaffer Körper war nicht zwangsläufig ein toter Körper. Durchaus möglich, dass Grandma Mallory noch lebte, lachte und munter ihre Lieblingssuppe aß. Sie malte sich das aus und hätte vor lauter Sehnsucht fast laut aufgeschrien.
Doch schon wandelte sich das innere Bild, und plötzlich ragte ein Dolch aus der Brust ihrer Großmutter. Nein! Nein! Sie hätte am liebsten losgeschrien, laut geflucht. Zu heftige Gefühle tun dir nicht gut. Das weißt du. Kein Schwelgen in Erinnerungen mehr, sonst gehst du unter.
Ist doch egal, wenn ich untergehe, dachte sie, nun schon am Rande der Hysterie. Ich komm doch eh nicht hier weg.
„Du kannst uns helfen, sie zu schnappen, Danika. Du kannst dazu beitragen, dass sie anderen Menschen nie mehr das antun können, was sie dir und mir angetan haben. Du kannst sie für das Leid bestrafen, das sie deiner Familie zugefügt haben. Deine Familie müsste nicht mehr rund um den Erdball fliehen. Ihr könntet endlich wieder alle zusammen sein.“
Ohne Grandma Mallory?
Sie konnte ihr Schluchzen nicht länger unterdrücken. Ihr Kinn zitterte und ihre Kiefernknochen schmerzten. Heiße Tränen liefen ihr die Wangen herunter.
„Hilf mir“, sagte Stefano mit ernstem Gesicht, „und im Gegenzug werde ich dir helfen. Ich werde über dich und deine Familie wachen, bis jedes einzelne dieser Monster tot ist. Die Dämonen werden dir nie wieder etwas anhaben können. Ich gebe dir mein Wort darauf.“
Für die Sicherheit und das Wohl ihrer Familie hätte sie ihre Seele zur Not auch dem Teufel verkauft – ohne sich um die Bedingungen des Deals zu scheren. Die Hoffnung, dass Stefano ihrer Mutter und ihrer Schwester helfen könnte, war einfach zu stark. Und ihre Rachsucht zu groß.
„Was soll ich tun?“
4. KAPITEL
Einen nach dem anderen beamte Lucien die Krieger zu dem verlassenen Gebäude. Eben noch waren sie in ihrer Budapester Festung gewesen, und zwar mitten in der Nacht, und jetzt standen sie an diesem sonnigen, warmen Ort.
Reyes war zum Schluss an der Reihe, denn das letzte Mal hatte er sich beim Beamen übergeben. Doch diesmal verdrängte seine Sorge um Danika jeden Anflug von Übelkeit.
Als er Staub und bröckelnden Putz einatmete, öffnete er die Augen. Die silbrigen Steine der Festung waren verschwunden, ebenso wie die Gemütlichkeit ihres Zuhauses. Nackte graue Wände, Betonböden und ganze Haufen von Gerümpel empfingen ihn. Etliche Fenster waren zerbrochen. Schwarze Müllsäcke waren als Notbehelf darübergeklebt worden, aber zum Teil schon wieder abgefallen, sodass die Männer in das Gebäude hineinspähen konnten – in eine Welt des Schweigens und der Erstarrung, wie Reyes feststellte, denn drinnen war niemand zu sehen und hören.
Mit gezückten Waffen schlichen die anderen um das Gebäude herum, bevor sie es nach verborgenen Feinden durchsuchten. Außer Anya, die anstelle von Maddox mitgekommen war, blickten sie alle reichlich verwirrt drein. Ein paar murrten: „Wo sind die Jäger?“
„Hier nicht“, antwortete Lucien.
„Wo sind wir denn hier?“, fragte Reyes leise. Seine Messer drückten ihm gegen die Oberschenkel. Er platzte vor Tatendrang.
„In den USA.“ Sabin schloss die Augen und atmete tief ein.
„Los Angeles, tippe ich. An keinem anderen Ort der Welt gibt es diesen Hollywood-Schwefelgeruch.“
„Richtig“, antwortete Lucien mit einem grimmigen Nicken.
„Die Jäger haben eine riesige Ortsgruppe hier.“ Sabins Stimme hatte einen genießerischen Unterton. „Eine ganz besonders abscheuliche Ortsgruppe, ich hasse sie. Ihr Anführer und ich, wir sind uns schon mal begegnet, und seitdem hasst er mich auch. Macht euch also auf einiges gefasst. Er hat sich den Jägern angeschlossen, nachdem seine Frau und ich …“ Er zuckte mit den Achseln und verstummte bedauernd, als er an das Ende der Geschichte dachte. „Wir waren zusammen, aber ich bin keine gute Partie für Menschen, und deshalb ist die Sache schlecht ausgegangen. Die Jäger haben ihn rekrutiert, und seitdem macht er Jagd auf mich.“
Sabin und seine Männer waren schon viel länger hinter den Jägern her als
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