Die Herren der Unterwelt 03 - Schwarze Lust
das obere Ende der Treppe und stürmten in unterschiedliche Richtungen weiter. Reyes begegnete nur noch einem weiteren Jäger, bevor er Danikas Raum erreichte. Auch dieser Jäger schoss auf ihn und traf ihn im Magen.
Doch Reyes ließ sich nicht aufhalten, Adrenalin schoss durch seine Adern und sein Dämon war überglücklich.
Lächelnd ging er auf den Mann zu und schnitt ihm die Kehle durch. Dann stand er vor Danikas Zimmer. Er hielt sich nicht lange mit dem Schloss auf, Zeitverschwendung, sondern trat die Tür einfach auf.
Einem kurzen Floppen und Zischen folgte eine Kugel, die ihn in den Oberschenkel traf. Jetzt fühlte er sich langsam geschwächt und zittrig, doch er hielt sich auf den Beinen. Während sein Blut in Strömen floss und sein Dämon jubilierte, ließ Reyes seinen Blick blitzschnell durch den Raum schweifen. Danika lag gefesselt und regungslos im Bett. Ein Mann stand blass und zitternd an ihrer Seite und hielt mit bebenden Händen eine Waffe auf Reyes gerichtet.
„Wie lange hab ich auf diesen Moment gewartet!“, sagte der Typ mit heiserer Stimme. „Wie oft hab ich ihn mir ausgemalt! Und nun bist du hier.“
Reyes’ Blick fiel auf das Tattoo des Mannes: das Symbol der Unendlichkeit, schwarz und symmetrisch. „Ja, hier bin ich. Hast du sie angerührt?“
„Als ob es dir irgendetwas ausmachen würde, was mit einem menschlichen Wesen geschieht.“
Noch ein Schuss. Reyes sprang zur Seite. Sosehr er Schusswunden wegen ihres Schmerzes schätzte, er wollte nicht noch mehr Blut verlieren. Die nächsten fünf Minuten waren einfach zu wichtig.
Während er die Druckwelle an sich vorbeiziehen spürte, zückte er selbst seine Waffe und zielte.
„Was auch immer du mit mir machen wirst, hier zu stehen und die Frau anzuschauen war die Sache wert“, sagte der Mann, als Reyes den Abzug drückte. Der Jäger sackte auf dem Teppich zusammen und stand nicht mehr auf.
Im nächsten Moment war Reyes an Danikas Seite, bog die Ketten auf und befreite ihre Arm-und Fußgelenke. Als er ihren schlafenden Körper aus dem Bett hob, tropfte sein Blut auf ihr fleckiges weißes T-Shirt und ihr viel zu blasses Gesicht. Ihre dunklen Haare klebten an den Schläfen und am Hinterkopf, ihre Wangen waren hohl – wie viel Gewicht sie wohl verloren hatte? –, und ihre Wimpern warfen gespenstische, sich verzweigende Schatten, die mit den Blutergüssen unter ihren Augen verschwammen. Am Kiefer hatte sie einen weiteren Bluterguss.
„Danika.“ Es klang wie ein Gebet und zugleich wie eine Verwünschung.
Sie rührte sich nicht.
Ihre Arme baumelten schlaff an den Seiten hinunter, ihr Kopf wiegte kraftlos hin und her. Wenn sie wach wäre, hätte sie ihn sofort von sich gestoßen. Aber das wäre ihm lieber gewesen als diese … diese … Leblosigkeit. Dieses Nichtvorhandensein.
Hinter ihm verstummten die Kampfgeräusche, dafür ertönte das Heulen von Polizeisirenen. Er hörte, wie sich seine Freunde im Flur versammelten und langsam in den Raum drängten. Aber es war ihm egal. Er verstärkte seinen Griff um Danika – es war einfach zu lange her, dass er sie das letzte Mal gesehen und gehalten hatte – und bettete ihre Wange an seinen Hals.
Ihre Haut war kalt, eiskalt. Er spürte ihren extrem langsamen Herzschlag an seiner Brust.
„Lucien?“, krächzte er. Warme Tränen füllten seine Augen und nahmen ihm die Sicht.
„Ich bin hier, mein Freund.“ Eine Hand legte sich auf seine Schulter. „Irgendwie müssen sie geahnt haben, dass wir kommen, und sich vorbereitet haben. Doch trotzdem sind sie jetzt erledigt.“
„Das ist mir völlig egal. Bring uns nach Hause.“
5. KAPITEL
Danika hatte so lange gefroren, dass die mollig warme Decke, die über sie ausgebreitet war, sie aus dem Tiefschlaf riss. Sie schlug die Augen auf und schnappte nach Luft. Ein paar Bruchstücke ihres Albtraums wurden an die Oberfläche ihres Bewusstseins gespült, wo sie sich hartnäckig festhielten, was allerdings den Vorteil hatte, dass Danika von ihrer Umgebung nicht allzu viel mitbekam. Sie sah lediglich Dunkelheit, durchschnitten von purpurroten Lichtbündeln, als würde die Nacht aus tödlichen Wunden bluten. Und sie hörte Schwerter gegeneinanderschlagen und das Geräusch von rollenden Köpfen.
Tod, Tod, drang es mit jedem ihrer Atemzüge aus ihr heraus.
Komm, beruhige dich, jetzt dreh mal nicht durch. Das ist ein Traum, das weißt du ganz genau.
Ihre Großmutter hatte bereits unter derselben Art von Träumen gelitten. Träume, in denen
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