Die Herren vom Berge: Historischer Kriminalroman (German Edition)
Bad in der Weser nicht schlecht. Ob Agnes da mitmachte? Sie würde bestimmt kein einziges Kleidungsstück ausziehen. Übermütig schlug Ludolf dies Agnes vor.
Abrupt blieb sie stehen und stemmte ihre Fäuste in die Seiten. Sie presste die Lippen zusammen und funkelte ihn zornig an. Scharf antwortete sie: »Für was hältst du mich eigentlich? Ich mit dir ins Wasser? Das ist unanständig und ungehörig!«
Ludolf hob abwehrend die Hände. »Ich habe doch nichts vom Ausziehen gesagt. Ich behalte meine Hosen an, und du darfst auch ein Kleidungsstück anbehalten. Egal welches.«
»Nein! Kommt nicht infrage. Ich will nicht weiter darüber reden.« Was dachte sich der Kerl eigentlich dabei? War sie eine dusselige Magd vom Hof seines Vaters, mit der er nach Belieben ins Heu gehen konnte?
Ludolf lachte. Genau diese Reaktion hatte er von ihr erwartet: Sie ging in die Luft. Sie war einfach so berechenbar.
»Du bist ein hinterhältiger Mistkerl.« Am liebsten hätte sie ihm den Hals umgedreht. Dabei hätte sie schon vorher erkennen sollen, was kam. Als Ludolf den Vorschlag machte, hatte er wieder diese kleinen Lachfältchen um die Augen. Das schien ein untrügliches Zeichen zu sein, dass er wieder einen Schabernack im Sinn hatte. Eigentlich war sie ja selbst schuld. Warum achtete sie nicht besser darauf? Sie konnte sich nicht dagegen wehren, sie musste nun selbst lächeln.
Natürlich bemerkte er es. »Du kommst also mit zum Schwimmen?«
»Das habe ich nicht gesagt.« Schwungvoll drehte sie sich um und marschierte los, damit er nicht sah, dass sie nun auch schwer ihr Lachen zurückhalten konnte.
Aber Ludolf gab nicht so schnell auf. Im Abstand von einigen Schritten folgte er ihr. »Du bist ja nur feige. Oder kannst du etwa nicht schwimmen? Ich bring’s dir bei.«
»Nein, nein. Darauf lass ich mich nicht ein. Schluss.«
»Du hast doch nur Angst, bei einem Streitgespräch zu verlieren.«
»Ach! Dich rede ich zig Mal zu Boden. Wenn ich anfange, kannst du gar nichts mehr antworten.«
»Aber nur, weil ich vor Lachen am Boden liege.«
Sie blieb so plötzlich stehen, dass er ihr fast in die Hacken trat. Sie drehte sich zu ihm um. Sie standen nur wenige Handbreit voneinander entfernt und schauten sich an. Er hatte immer noch dieses schelmische Lachen in den Augenwinkeln. Aber jetzt mochte er das Spiel nicht zu weit treiben. Er hatte es gerade geschafft, sie zum Lachen zu bringen. Er merkte sehr genau, dass ihre Stimmung jeden Augenblick wieder ins Gegenteil umschlagen konnte. »Entschuldige bitte. Ich nehme alles zurück.«
»Pah!« Sie wollte los, aber Ludolf hielt sie an den Oberarmen fest.
»Nein, warte bitte. Lass mich bitte ausreden.«
Agnes schüttelte seine Hände ab, aber sie blieb stehen und schaute ihn an. »Schon gut. Warum machst du das?«, fragte sie ärgerlich.
»Manchmal ist es so einfach, dich zu reizen. Ich kann mich dann kaum zurückhalten. Es ist herrlich zu sehen, wie du eine spaßig gemeinte Bemerkung ernst nimmst und sofort in die Luft gehst.«
»Ein Spaß auf Kosten anderer.«
Ludolf atmete tief durch. Er konnte ihr nur schwer in die Augen schauen. »Früher hat es mir gefallen, dir eins auszuwischen, weil ich dich nicht mochte.«
»Danke gleichfalls.«
»Aber jetzt ist das anders. Ich möchte dir nicht wehtun. Leider fällt es mir schwer, die Grenze zu erkennen, wann es genug ist. Ich möchte dich zum Lachen, nicht zum Weinen bringen. Bitte lass uns Freunde sein.«
Agnes hatte sehr aufmerksam zugehört.
Nach einem Augenblick fügte er hinzu: »Ich mag dich wirklich sehr. Ich wünschte, wir wären nicht nur während dieser Wochen ein Paar.«
Agnes war sprachlos. Es hatte keineswegs wie einer seiner üblichen Späße geklungen. Sie hatte ihn sehr genau beobachtet. Er war nervös gewesen, die Stimme hatte gezittert, der Blick war unstet. Er meinte das ernst. Hatte er sich tatsächlich in sie verliebt? War das jetzt ein Heiratsantrag gewesen? Aber er wusste doch ganz genau, dass das unmöglich war. Sie konnte ihre vor Jahren getroffene Entscheidung, ins Kloster zu gehen, nicht so leichtfertig umwerfen. Sie konnte dem Stift nicht untreu werden. Und einer Befreiung vom Gelübde musste schon noch der Bischof zustimmen. Falls sie solch eine Lossagung überhaupt wollte. »Ist schon verziehen. Das Freundesein ist in Ordnung.«
»Danke.«
»Aber mehr ist nicht möglich. Selbst wenn ich wollte. Als ich mich bei dem Gewitter so gefürchtet habe, bist du da gewesen. Ich habe mich bei dir geborgen
Weitere Kostenlose Bücher