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Die Herrin der Pyramiden

Die Herrin der Pyramiden

Titel: Die Herrin der Pyramiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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er geruhte, mich zu beachten.
    Der Wesir war wütend. Was war geschehen? Wir hatten die Baupläne wie besprochen in dem von Nefermaat befohlenen Winkel ausgeführt. Hatte er entdeckt, dass die fehlgeplante Grabkammer über vier Ellen oberhalb des Plateaus endete? Musste die Kammer abgerissen werden?
    »Was bedeutet das: Die Arbeiter streiken? Das hat es noch nie gegeben, Kamose!« Der Wesir ging unruhig im Zelt auf und ab. Das gestärkte Leinen des langen weißen Wesirgewandes raschelte bei jedem Schritt.
    »Wir verlangen zu viel von ihnen, mein Prinz. Die meisten sind Saisonarbeiter und freiwillig auf der Baustelle. Sie wollen nach Hause. Ich habe ihnen bereits befohlen, die meiste Zeit des Jahres zu bleiben, um die Pyramide rechtzeitig fertig zu stellen. Dann kam noch dein Befehl dazu, auch an den hohen Feiertagen wie dem Neujahrsfest, dem Opetfest, den Mondfesten und der Sonnenwende zu arbeiten. Das Maß ist voll, mein Prinz. Sie haben die Arbeiten auf der Baustelle eingestellt.«
    Ich war entsetzt. So weit war es also schon gekommen!
    Prinz Nefermaat war stehen geblieben und drehte sich zu Kamose um. »Die Arbeiter bauen das Grabmal des Herrschers zur höheren Ehre des Königs und ihrer eigenen!«
    Kamose schüttelte den Kopf. »Mein Prinz, den Arbeitern ist die Ehre ihres Königs egal, wenn sie nicht nach Hause zurückkehren oder die Götter ehren können.«
    »Man müsste mit ihnen sprechen«, schlug ich vor. »Wir können die Arbeiter nicht zwingen, die Pyramide zu errichten. Wie denn auch? Mit Peitschenschlägen?«
    Prinz Nefermaat stand direkt vor mir, und ich senkte den Blick. »Was schlägst du also vor, Nefrit?«
    »Wir sollten verhandeln.«
    »Wir?«, fragte Nefermaat.
    »Die Bauleitung«, präzisierte ich.
    »Wer hat das Vertrauen der Arbeiter, Nefrit? Wer kann dieses Wunder vollbringen?«, fragte mein Vater.
    Jetzt ergriff Sarenput zum ersten Mal in Anwesenheit seines Vaters das Wort. »Du, Nefrit, besitzt dieses Vertrauen. Du solltest die Verhandlungen führen.«
    »Nefrit?« Prinz Nefermaat war mit dem Vorschlag seines Sohnes offenbar nicht einverstanden.
    Doch mein Vater bestärkte die Ansicht von Sarenput. »Meine Tochter, mein Prinz, ist sehr wohl in der Lage, die Verhandlungen zu führen. Sie kennt die meisten Vorarbeiter seit der Zeit in Pihuni und besitzt ihr Vertrauen. Sie hat in der Vergangenheit an allen wichtigen Entscheidungen der Bauleitung mitgewirkt und war bei den Besprechungen anwesend. Als meine Gehilfin …«
    »Einverstanden!«, unterbrach ihn der Wesir.
    Ich rief in Anwesenheit von Kamose, Nefermaat und Sarenput die Vorarbeiter zusammen und bat sie, mit den Arbeitern zu sprechen, um deren Meinung zu erfahren. Ich machte den Vorschlag, dass die Arbeiter einen Vertreter für sich wählen sollten, der ihre Interessen gegenüber der Bauleitung vertreten sollte.
    Der Wesir und ich gingen die Pläne für die Baustelle durch, während die Arbeiter ihren Sprecher wählten.
    »Was ist
das
?«, fragte Prinz Nefermaat, der in den Bauplänen auf dem Zeichentisch gewühlt hatte. Er hielt zwei meiner Papyri hoch, die Zeichnungen einer fliegenden Ente und die eines galoppierenden Pferdes.
    »Das sind private Skizzen.« Ich griff danach, um sie zu verstecken, doch er behielt die Papyri fest in der Hand und betrachtete sie genauer.
    »Sie entsprechen nicht den Regeln des Imhotep.«
    »Nein, mein Prinz.« Hoffentlich legte er die Skizzen bald weg!
    »Wer hat sie gezeichnet?«, wollte er wissen, ohne den Blick von der Ente und dem Pferd zu lassen.
    Es würde ja doch herauskommen, also entschied ich mich für die Wahrheit: »Ich, mein Prinz. Ich habe diese Skizzen und noch weitere gezeichnet.«
    »Du, Nefrit?« Er ließ die Papyri sinken. »Das heißt, es gibt noch weitere Zeichnungen in dieser Art?«
    »Ja, mein Prinz. Ich habe noch mehr Skizzen angefertigt.«
    »Ich will sie sehen, Nefrit!«
    »Ja, mein Prinz.« Ich zog meine Schreibermappe mit den Papyri hervor und legte sie ausgebreitet auf den Zeichentisch.
    Prinz Nefermaat wühlte in den Skizzen. »Das ist …«, begann er. Ich konnte seinen Ausdruck nicht deuten, weil er sein Gesicht tief über die Papyri beugte.
    »Ich weiß, mein Prinz.«
    Doch er ließ mich meine Verteidigung nicht zu Ende bringen. »Das ist fantastisch, Nefrit! Ich habe so etwas noch nie gesehen!« Er wandte sich mir zu. »Diese Pferde scheinen über den Papyrus zu schweben, die Enten scheinen wirklich zu fliegen. Wo hast du gelernt, so zu zeichnen, Nefrit?«
    »Ich

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