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Die Herrin der Pyramiden

Die Herrin der Pyramiden

Titel: Die Herrin der Pyramiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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mich in mein Schicksal und ließ mich schminken. Die Vorsteherin der Schminkgefäße trug mit einem feinen Pinsel schwarze Kohle rund um meine Augenlider auf, den Seitenstrich in Richtung der Schläfen führte sie in einem leuchtenden Blau aus gemahlenem Türkis aus. In der Zwischenzeit kümmerte sich Merits Vorsteherin der Perücken um meine Haare. Sie nahm mir meine eigene Perücke vom Kopf, die durch die schnelle Fahrt durcheinander geraten war. Sie ordnete meine Haare, steckte sie auf und setzte mir eine andere Perücke auf, sehr viel schwerer und kostbarer als meine eigene. Schwarze Haare waren zu Hunderten kleiner Zöpfe geflochten, die in Schulterhöhe durch Perlen aus Lapislazuli zusammengehalten wurden. Dann legte sie mir einen Halskragen mit Türkisen, Malachiten, Karneolen und Lapislazuli um.
    Merit strahlte mich an. »Du solltest dich sehen, Nefrit! Aber wir haben keine Zeit mehr. Komm jetzt!« Sie nahm mich bei der Hand, bevor ich Gelegenheit hatte, in den Spiegel zu schauen, den mir ihre Vorsteherin der Salbgefäße vor das Gesicht hielt.
    Gemeinsam eilten wir durch den Palast.
    Und dann hatte ich meinen Auftritt.
     
     
    Die Gäste hatten sich mittlerweile in der Halle der Throne Beider Länder versammelt und mit der Huldigung für den siegreichen König begonnen, als sich vor uns das Zedernholzportal öffnete. Merit schien es nichts auszumachen, dass sich alle Augenpaare im Saal auf uns beide richteten, aber ich glaubte, im Boden versinken zu müssen.
    Der Lebendige Gott runzelte die Stirn, als er das Zuspätkommen seiner Tochter bemerkte. Dann blickte er mich an, und ich sah die Überraschung in seinen Augen, als er mich schließlich erkannte. Hatte ich mich so verändert? Vielleicht hätte ich doch in den Spiegel schauen sollen!
    Merit und ich begrüßten den König mit der vorgeschriebenen Verneigung und nahmen dann unsere Plätze zur rechten Seite des Herrschers ein. Ich setzte mich neben Rahotep.
    »Was hat euch aufgehalten? Ihr seid viel zu spät!«, fauchte er.
    »Eine Frau braucht eine gewisse Zeit …«, kam mir Merit zu Hilfe. Ich wäre ohnehin nicht in der Lage gewesen, Rahotep eine passende Antwort zu geben. Ich war völlig außer Atem.
    Die Huldigungen durch die Gaufürsten wurden fortgesetzt und dauerten über eine Stunde, dann erhoben sich der Herrscher und seine Gemahlin und begaben sich in den an den Thronsaal angrenzenden Speisesaal, in dem für über hundert Gäste gedeckt war.
    Dienerinnen liefen umher mit Schüsseln mit Zitronenwasser, in denen wir uns zunächst die Hände wuschen. Die nassen Hände trockneten wir an weißen Leinentüchern, die uns gereicht wurden. Dann nahmen wir auf Kissen an niedrigen Speisetischen Platz. Eine Dienerin trat hinter mich und richtete mein Gewand und die Perücke. Dann setzte sie mir einen Blütenkranz auf. Auf meinem Scheitel platzierte sie einen Salbkegel, der betörend duftete. Mir war so warm, dass das Öl schnell über meine Wangen hinablief. Da es als unschicklich galt, das Öl abzuwischen, gewöhnte ich mich an das feuchte Gefühl auf meinem Gesicht.
    Dann wurden von ganzen Reihen von Dienern die Mahlzeiten aufgetragen: Gänsebraten in fetter Sauce, pürierte Erbsen und Linsen, Feigenkompott, gegrilltes Entenfleisch in feinen Streifen, gedünstete Zwiebeln, weißes Brot, Kichererbsenfladen, gedünsteter Lattich in Knoblauch, Rübengemüse, gefüllte Wachteln, Honigkuchen. Da ich den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte, konzentrierte ich mich auf die köstliche Mahlzeit. Das Essen war von ausgesuchter Qualität. Immer wieder wurden mir die Schüsseln gereicht, aus denen ich mich mit den Händen bediente.
    So hatte ich wenig Gelegenheit, auf das Herrscherpaar zu achten, das sich etwas erhöht auf seinen Thronen zum Speisen niedergelassen hatte. Ich saß zwischen Rahotep auf der einen und Khufu auf der anderen Seite.
    Nicht weit von unserem Speisetisch entfernt spielte eine Gruppe von vier Musikerinnen Flöte, Sistrum und Harfe. Eines der Mädchen sang eine zauberhafte Melodie und klatschte dabei in die Hände.
    Rahotep war in ein Gespräch mit einem fremdländischen Botschafter und einem Priester des Osiris vertieft und Khufu bereits vom süßen Dattelschnaps angetrunken, als er seine Hand auf die meine legte. »Ich muss mich bei dir entschuldigen, Nefrit«, meinte er, und seine Sprache war nicht mehr ganz deutlich.
    »Entschuldigen?«
    »Ich habe dich als den einzigen Mann in diesem Palast bezeichnet. Du bist die einzige Frau bei Hofe,

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