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Die Herzen aller Mädchen

Titel: Die Herzen aller Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Geier
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die Tür des Krankenwagens. Eisiger Rauch drang in die stickige Kabine.
    Sutter schauderte und lockerte ihren Griff. Hilflos spähte sie aus dem Wagen. »Da«, sagte sie schließlich und wies auf zwei vermummte Gestalten in Zivil, die ungeheuer beschäftigt aussahen, einer sprach in ein Handy und lief dabei die Straße auf und ab, der andere trug etwas in ein Formular ein, das er auf ein Brett geklemmt hatte. »Das sind die Leute von der Kripo. Reden Sie mit denen.«
    »Kripo?«, sagte Gregor.
    Sutter zuckte die Achseln und ließ ihn ganz los. »Wenn Sie was brauchen, wissen Sie, wo ich bin«, sagte sie. »Ich schaue nachher noch mal nach Ihnen.« Und damit zog sie die Tür hinter Gregor wieder zu.
     
    Der Typ mit dem Formular presste sich sofort sein Klemmbrett an die Brust, als Gregor sich vorstellte. Vermutlich war das Geschriebene höchst geheim. »Sie sind also der Sohn«, sagte er.
    »Wie geht es meiner Mutter?«, fragte Gregor. »Wann kann ich sie sehen?«
    »Sie ist schwer verletzt«, sagte der Polizist anklagend.
    Das wusste Gregor schon. »In welches Krankenhaus haben Sie sie gebracht?«
    »Wo kommen Sie jetzt gerade her, Herr Krampe?«, fragte der Bulle dagegen.
    Da öffnete sich die Gartenpforte, neben der sie standen, und eine Frau in Gregors Alter, doch mit mindestens doppeltem Umfang und hochrotem Gesicht trat heraus. »Bist dus, Gregor?«, fragte sie blinzelnd. »Hallo, ach Gott, was für eine Tragödie.«
    »Hallo, Ute«, sagte Gregor.
    Ute war ein warmer Mensch, innen wie außen, sie brauchte auch bei diesen Temperaturen nur eine Steppweste. Händeringend stand sie vor Gregor, unsicher, ob sie ihn in die Arme nehmen und drücken sollte, was sie offensichtlich wollte, das Schüchterne an der energischen Ute hatte Gregor immer schon reizend gefunden.
    »Und Sie sind?«, schnauzte der Polizist sie an.
    »Ute Holmes, die Nachbarin«, stellte Gregor vor, ehe Ute sich über den ruppigen Ton des Bullen aufregen konnte.
    »Ich hab Sie doch gerufen«, sagte Ute mit leiser Verwunderung zu dem Polizisten. »Ich war der Feuermelder.« Damit zog sie Gregor beiseite und ließ den Bullen stehen, so elegant, wie nur sie das konnte. »Ich war im Garten«, sagte sie halblaut und sehr besorgt. »Ich hab das Licht gesehen. Und den Knall gehört.«
    »Eine Explosion?«
    »Ja.«
    »Aber wir haben kein Gas«, sagte Gregor. »Nicht mal zum Kochen.«
    »Ich weiß«, sagte Ute. »Deine Mutter ist kein Freund von offenem Feuer.« Sie blickte zu Gregors Elternhaus hinüber und blinzelte wieder. »Es war auch nicht in der Küche, sondern im ersten Stock, in dem kleinen Erker.« Sie wies vage in die Höhe, sehen konnten sie nichts, der Erker befand sich hinten, zum Garten hin. »Ich hatte meine Brille nicht auf, aber weit entfernte Sachen erkenne ich sehr gut. Das Feuer schlug zuerst aus dem Erker.«
    »Aus Papas Arbeitszimmer.«
    Ute nickte. »Im ersten Moment dachte ich, Georg ist wieder da und macht eins von seinen Experimenten.« Sie blickte Gregor an und biss sich auf die Lippen. »Oh Gott. Entschuldigung. Ich meine –«
    Der Polizist betrachtete sie feindselig und ließ sein Klemmbrett sinken. »Einen Moment, Frau Holmes«, sagte er barsch.
    »Ich möchte mit Herrn Krampe allein sprechen.«
     
    * * *
    Willenbachers Verabschiedung wurde nicht sehr groß begangen, er ging ja nicht für immer weg, ein Jahr Akademie, das war nichts. »Ich werde ruckzuck wieder da sein«, sagte er zu jedem. Alle wussten aber, dass Leute, die auf der Akademie gewesen waren, so gut wie nie in ihre alte Abteilung zurückkamen, und daher war es eben doch ein Abschied, wenn auch ein verlegen klein gehaltener. Sie tranken Sekt und standen in Bettinas und Willenbachers Büro herum, das nun bald auch zwei neue Besitzer bekommen würde, denn ein Büro allein für Bettina, die Halbtagskraft, das war nicht drin.
    »Alles ändert sich«, sagte sie zu Ackermann, der extra in seiner Freizeit gekommen war.
    Er saß neben ihr auf dem Schreibtisch, baumelte mit den Füßen, die in stahlkappenbewehrten Stiefeln steckten, und beobachtete, wie Willenbachers Schulter von verschiedenen Kollegen geklopft wurde. »Er kommt zurück, Tina«, sagte Ackermann und grinste sie von der Seite an. »Und dann wirst du ihn nicht mehr wollen, wart’s ab.« Er beugte sich an ihr Ohr. »Er ist zu klein für dich.«
    »Ach«, sagte Bettina, »sei doch still. Findest du das nicht furchtbar? Die Kinder schießen in die Höhe, wann immer ich nicht hinsehe, Willenbacher macht

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