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Die Herzen aller Mädchen

Titel: Die Herzen aller Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Geier
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drückte Bettinas Schulter. »Das heißt bestimmt: Gleich draußen vereint.«
    »Quatsch«, sagte Ritter. »Das ist ein Ort. Irgendein schäbiger Treffpunkt. Gabinetto della Venere, Venuszimmer, irgendwas in der Art.«
    Krampe grinste. »Sie müssen mich jetzt entschuldigen, ich werde mich doch mal um eins von diesen Täubchen kümmern.«
    »Die sind bestimmt schon alle weg«, sagte Ritter misstrauisch. »Sie haben drei Tage im Honig gelegen. Die Leute sind ganz wild drauf.«
    »Ich brauch ja nur eins«, sagte Krampe halblaut in Bettinas Ohr, sodass ihre Knie bedenklich weich wurden. Er sprang von der Bühne und verschwand.
    Ritter sah ihm nach. »Wissenschaftler. Tja. Ein Menschenschlag für sich. So, Frau Boll.« Wieder packte er eisenhart ihren Arm. »Das ist ein Bild nach Ihrem Geschmack, nicht wahr? Können Sie denn auch ein bisschen Latein? Im Original klingt Ovid einfach viel besser: militiae species amor est …«
    Draußen im Hof hielt sich Gregor von den anderen Rauchern fern, weil er fürchtete, in ein Gespräch verwickelt zu werden und Bettina zu verpassen. Es war kalt, das Kloster ragte steil und dramatisch beleuchtet in den Nachthimmel. Nach der dritten Zigarette bekam er Angst, sie würde ihn gerade darum nicht sehen, weil er sich so einsam in den Schatten herumdrückte. Er begann herumzuwandern, zündete sich einen neuen Glimmstängel am alten an und versuchte dabei, das Zittern seiner Hände zu unterdrücken. Jetzt erst merkte er, wie wenig er daran geglaubt hatte, dass sein Plan wirklich gelang. Dass diese fremde Frau ihm folgen würde. Noch hatte sie es ja auch nicht getan. Noch konnte alles passieren. Noch war er frei. Da sah er eine Gestalt im schwingenden Rock in den Hof treten. Sie sah sich suchend um und wurde sogleich von einem dicken älteren Herrn angesprochen. Gregor straffte sich, warf seine Zigarette fort und trat aus dem Dunkel. Mit älteren Herren war jetzt ab sofort Schluss.
     
    * * *
    Lisa träumte. Sie war mit Georg auf der Promenade unterwegs. Die Sonne strahlte. Sie trug ihr rotes Kleid. Männer lächelten ihr zu. Es war später Sonntagnachmittag, in den kleinen Bars an der Straßenseite roch es nach Cinzano. Alle hatten sich herausgeputzt, Familien, würdige Signoras, junge Männer, glückliche Paare. Georg marschierte wohlgelaunt an ihrer Seite. Er sprach von Kindern. Ein kleines blondes Mädchen, Schatz. Mit Locken. Und ein aufgeweckter Junge. Viele davon. Er küsste sie, vor allen Leuten. Lisa wurde bestimmt so rot wie ihr Kleid dabei. Und dann war da dieser Mann mit dem Spazierstock. Er hatte ein feines Gesicht, wirkte etwas zerstreut. Er sah Lisa nicht an wie die anderen Männer. Er hielt ein kleines blondes Mädchen an der Hand, ein wunderschönes Kind. Mit Locken. Ihre Schönheit war ernst und überströmend, verlieh der ganzen Familie Glanz, dem stolzen Vater, der älteren Schwester, vor allem aber der Mutter, in deren Zügen man die Tochter wiederfand. Lisa sah die Fremde an und wurde plötzlich ganz fröhlich. Sie griff nach Georgs Arm. Kinder machten nicht älter, sondern hübscher. Diese Frau war der Beweis. Sie wurde von den Locken und der zarten Haut ihrer Tochter nicht in den Schatten gestellt, sondern profitierte noch davon. Und ihr liebevolles Lächeln rückte die überirdische Erscheinung des Kindes nachsichtig ins Menschliche zurück. Das ist es, dachte Lisa. So muss es sein. So wird es werden.
    Da aber löste sich das Mädchen, das eben doch kein Standbild war, sondern echt, von der Hand seines Vaters, drehte eine Pirouette und hüpfte vergnügt auf sie zu. Lisa lächelte erfreut, doch das Kind meinte nicht sie. »Ge-org, Ge-org!«, rief es und wandte sich zu seiner Mutter zurück. »Mama, da ist Georg!«
    Neun
    Es roch nach Heu und Holz und Kaffee und Liebe. Fremde, verheißungsvolle Geräusche hatten Bettina geweckt, vermutlich das Zischen einer Espressomaschine, zum Duft würde es passen und zu der Nacht auch. Das Geräusch einer Espressomaschine war eigentlich das Beste, was einen überhaupt wecken konnte. Bettina blinzelte – es war schon hell draußen – und schloss die Augen rasch wieder. Dieses Bett war herrlich, bequem, warm und riesig, das Leinen schwer und weiß, frisch aufgezogen und sogar gebügelt, ein Junggesellenluxus, der für Bettina mit ihren bunten, abgewetzten Biberbezügen an Leichtsinn grenzte. Sie streckte sich aus, ganz lang, so weit sie konnte, und stieß an keine Kante. Das Bett war unendlich. Sex war herrlich. All das hier schien

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