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Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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ihm die dick behandschuhten Hände, wobei ihre Empfangsfreude weiterging:
„Gib dein Pferd her!“
„Komm rein zu uns. Wer bist du denn?“
„Ein Junker auf Reise.“
„Ein Junker auf Reise? Ou! Komm rein, kriegst gleich was Warmes.“
„Und wie heißt du?“
„Waldur.“
„Komm besser zu uns rein, Junker Waldur, kommt alle zu uns rein, da ist doch viel mehr Platz.“
Wenig später saß er gemütlich in der Stube des größten Hauses von Icefjord, und alle Icefjorder, die konnten, waren mit hereingekommen und hatten sich um ihn vor den Kamin geschart. Jetzt öffnete Waldur seinen mitgebrachten, prall mit Esskastanien gefüllten Jutebeutel. „ U i i i i “ , freuten sich darüber alle, und Wate, der Hausherr, rief in die Küche zu seiner Frau:
„Skeri, bring alle Röstpfannen her!“, und er selbst brachte das Kaminfeuer zum Lodern.
Die Kastanien wurden geröstet und verteilt, Skeri reichte heißen Met und den Kindern warme Honigmilch dazu, und dann wurde geknabbert, getrunken und geschwatzt. Zunächst fragten die Icefjorder Waldur etwas aus, doch schon bald begannen sie selbst zu erzählen. Nun vernahm Waldur Geschichten über schauerliche Winteralben und Legenden über die Götter. Vor allem über den mächtigen Thor, wie der alljährlich zur Adventszeit in seinem flammendroten Himmelsumhang in den Midgard gerauscht komme, um Dämonen zu vertreiben, aufdass die Menschen zum Julfest Frieden fänden. Atla, ein verstorbener Fischer, habe den gewaltigen Thor sogar mit eigenen Augen gesehen, jawohl, wie ein roter Blitz sei dieser göttliche Feuerriese aus dem Himmel hierher zur Küste geschossen.
„Wenn das mal nicht eher ein Nordlicht war.“
„Nein, Skeri“, widersprach der Erzähler, „und wenn du das hundert Mal behauptest, es war Thor, Atla hat ihn genau erkannt.“
„Mit seinen schlechten Augen, wie?“, zweifelte auch eine andere Frau.
Sie wechselten besser das Thema, worauf Waldur spannende Geschichten von den hiesigen Wettfahrten mit Schlittenhunden hörte, die stets an Ostern veranstaltet wurden. Und draußen heulte derweil der Schneesturm, jagte hin und wieder auch einen Flockenschwarm bis ins Kaminfeuer, doch das gestaltete die Erzählungen nur umso anschaulicher.
    T ags drauf türmten sich in Icefjord die angewehten Schneemassen bis zu den Reetdächern hoch, und die Leute mussten sich zu ihrem Tiefwasserbrunnen in der Siedlungsmitte hinschaufeln.
Das war allerdings erst der Anfang. Vom kommenden Tag an wurden überall Wege freigeschippt, von Nachbar zu Nachbar, stets abwechselnd, Tag und Nacht. Die Schneemassen wurden dann auf Schlitten zum Siedlungsrand transportiert, wo die Männer den damit bereits seit Mittwinter begonnen Schutzwall gegen womöglich auch hier an der Küste angreifende Wölfe weiter erhöhten.
Waldur, den die hiesige Situation an Yannas Schilderungen erinnerte, war der eifrigste Schneeräumer und am Kamin jeweils der hingebungsvollste Zuhörer. Wenngleich ihn dann und wann Nervosität übermannte, denn ihm stand noch ein drei- bis vierwöchiger Ritt bis zur Ostküste bevor, den er bis zum Winterende hinter sich bringen muss, und es wollte einfach nicht aufhören zu stürmen und schneien.
Ein voller Mondumlauf verstrich, bis die Sturmalben eines Nachts ihren Kampfplatz verließen. Urplötzlich.
Darauf verzogen sich die finsteren Schneewolken, und bald regte sich kein Lüftchen mehr. Worüber sich am kommenden Morgen auch die zwischenzeitlich schon erfreulich höher gestiegene Sonne zu ergötzen schien, denn sie strahlte so ungewohnt hell aus blitzblank blauem Himmel, dass sich während der ersten Stunden jetzt alle Iceforder mit den Händen ihre Augen abschirmen mussten.
Waldur, in den letzten Tagen immer unruhiger geworden, freute sich - in zwei, drei Tagen, meinte er, müsse der Schnee außerhalb der Siedlung so fest zusammengesackt sein, dass er endlich zur Ostküste nach Gundholm reiten könne. Doch Wate, mit dem er gerade am Siedlungsrand stand, musste ihn enttäuschen: „Unmöglich, jetzt durch die Berge zu kommen. Der Schnee hielt dich zwar aus, aber kein Einheimischer würde momentan ohne triftigen Grund seine Siedlung verlassen.“
„Wate“, kam es ungeduldig von Waldur, „ich weiß, was mich in euren Bergen erwartet, aber ich muss da schnellstens durch. Ich muss mich doch spätestens einen Tag vor Neujahr bei der Gundholmer Bürgermeisterin vorstellen.“
Darauf forderte Wate ihn mit einer Handbewegung auf, den Schneewall zu erklimmen, und als sie oben standen,

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