Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)
Hand. Sogar die kleinen Kinder schienen mit dem Plappern aufgehört zu haben. Nicht einmal das Schlagen des Teiges auf die Backbretter war mehr zu hören. Als dem Bäcker der Brotschieber auf den Boden fiel, schraken die drei Frauen zusammen wie bei einem Blitzschlag.
»Tags darauf kam er zu mir«, fuhr Frieda fort.
»Du wurdest auch eingekerkert?« Trine riss erschrocken die Hand vor den Mund.
»Nicht so. Noß besuchte seinen Knecht im Haus meiner Schwester und ließ sich von mir einen Krug Bier bringen. Der Knecht war nicht da. Angeblich wollte er auf ihn warten, doch ich glaube eher, dass sie sich abgesprochen hatten. Als ich mit dem Bier kam, hieß er mich am Tisch niedersitzen. Meine Schwester und ihr Mann arbeiteten auf dem Feld und ich kümmerte mich um Kinder, Garten und den Haushalt. Vor Angst tat ich ihm den Gefallen. Von seinen Predigten über die Verderbtheit der Weiber hatte ich schon zur Genüge gehört, also überraschte mich nicht, was er von sich ließ. Nur dass er mich als tugendhaft und gottestreu darstellte, erstaunte mich schon. Sicher tue ich, was Christenpflicht ist, gehe zum Gottesdienst und zur Beichte, gebe auch mal einem Bettler, wenn ich über habe, aber mich wie eine Heilige darzustellen, dazu fehlt doch einiges. Nur genau das tat er. Wie ich die Familie meiner Schwester aufrecht hielte mit meinem starken Glauben, wie ich mein eigenes Leid trüge wie eine Märtyrerin. Und dann kam die Frage, was ich für meinen Glauben bereit sei einzugestehen. Ob tatsächlich eine Märtyrerin in mir steckte. Wenn ich Leid verhindern könne und müsse dafür selbst leiden, ob ich das täte. Ich solle mir vorstellen, ein Landsknecht käme und erschlüge den Schwager und die Schwester. Dann ginge er daran, sich die Kinder vorzunehmen. Jetzt käme ich dazu, was würde ich tun. Würde ich fortlaufen oder ihn überreden, statt der Kinder mit mir Vorlieb zu nehmen.«
»Welche Wahl! Was wollte er denn nur von dir?« Großzügig schenkte Trine von der Buttermilch nach und Frieda trank noch einen Schluck.
»Natürlich sagte ich, um die Kinder zu beschützen, würde ich ihm alles anbieten, was ich nur könne. Ja, brav, so lobe er es sich. Und jetzt solle ich mir vorstellen, es sei ein Hexer, der die Kinder bedrohe. Auch ihm wäre ich gefällig, soweit es geht, um das Seelenheil der Kinder. Und ob ich mich auch anstrengen würde, eine Hexe vor Gericht zu bringen. Da wurde mir schummerig, was er wohl von mir verlangen würde. Weil ich aber um seine Unduldsamkeit wusste, nickte ich auch da. Dann kam wieder ein Vortrag, wie schädlich uns allen doch die Hexen seien, dass wir um Leib und Leben und gar um unsere Seele fürchten müssten. Über lang und breit kam er zum Punkt: Morgen würde die Nachbarin, die Frau des Müllers, eingesperrt und ich solle dem Müller beistehen. Dabei sei es meine Pflicht, so viel wie nötig zu tun, um sein Vertrauen zu erlangen. Alles solle ich tun. Als erfahrene Ehefrau sei mir doch bewusst, wessen es bedarf, einen Mann zum Reden zu bringen. Was seine Frau triebe, mit wem sie verkehre und welche Dinge sie im Verborgenen anstelle, die nach Hexerei aussähen. Es sei ja nur zu seinem Wohle, denn welcher Mann wolle schon offenen Auges mit einer Hexe buhlen? Und es sei vor allem nicht mein Schaden, denn er werde mir alles ablassen, meine Seele reinwaschen wie die einer Heiligen, die, von den Heiden geschändet, doch selig werde. Außerdem werde er persönlich dafür Sorge tragen, dass nach dem Tod der Hexe der Müller mich zur Frau nähme.«
Sprachlos schüttelte Trine den Kopf. Nur Luzia nickte. »Spitzeldienste. Die Fürsten bedienen sich ihrer und besonders die Fürstinnen haben gar manche holde Jungfrau in ihren Diensten, die darin hervorragend ist. Bisher kam mir das immer verwerflich vor. Dass auch die Kirche diese Methoden benutzt, ist mir neu.«
»Und was er mir alles sagte, was ich tun solle! Er bringe mir die Geheimnisse bei, wie eine Maitresse dem König zu Gefallen sei. Und ich solle ihn fragen, ob nicht seine Frau irgendwo heimlich täte, damit er nicht sähe, welches Zeichen Satan auf ihrem Körper hinterlassen habe.«
Genau beschrieb sie die Praktiken, mit denen sie den Müller habe verführen sollen, so schamlos, dass Luzia die Röte ins Gesicht stieg. Ihre Familie hatte sich immer von Prüderie ferngehalten und Luzia wusste schon, wie sie Spaß erleben konnte, doch bei diesen Schilderungen fühlte sie ihre Ohren glühen.
»Sag nur, Frieda, tatest du ihm den
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