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Die Hexe und der Herzog

Die Hexe und der Herzog

Titel: Die Hexe und der Herzog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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ihm eine Gänsehaut. Der Inquisitor schien geradezu besessen von der Vorstellung der Teufelsbuhlschaft. Dass Satan all diese Frauen fleischlich erkannt habe und dies ständig wiederhole, um den Pakt zu festigen und zu erneuern, schien für Kramer eine Tatsache. Wieder und wieder kam er bei seiner Befragung darauf zurück. Je jünger und schöner eine Frau war, desto mehr insistierte Institoris. Besonders bei Hella und Lena ließ er nicht locker, wiederholte seine Anschuldigungen unentwegt, damit sie endlich gestehen sollten. Es war lediglich eine Frage der Zeit, wann er sie unter Folter dazu zwingen würde. Hella war vorerst durch ihre Schwangerschaft geschützt, wenngleich es äußerlich nicht sichtbare und dennoch kaum minder grausame Verhörmethoden gab, um sie zum Reden zu bringen.
    Aber was war mit Lena?
    Lena! Johannes fieberte der Ankunft Georg Golsers entgegen. War der Bischof erst einmal in der Stadt, würde auch der Prozess rasch beginnen. Unter seinen wachsamen Augen würde es schwieriger für Institoris werden, die Fragstatt zu bemühen. Golser würde sich einmischen, alles sehen wollen, selbst Fragen stellen. Und dann könnte endlich Johannes Merwais als Verteidiger der Frauen tätig werden …
    Seufzend wandte er sich wieder der unerfreulichen Lektüre zu. Zum Glück war die großzügigere Schrift von Ludwig Fels einfacher zu lesen als Wankels gestochene Miniaturen, was das nächtliche Studium erleichterte. Denn tagsüber verrichtete Merwais nach wie vor seinen gewohnten Dienst im Kontor der Hofburg. Erst wenn es dunkel wurde, konnte er zum »Goldenen Engel« laufen und sich hier für die Nacht einrichten.
    Bibiana Brocia erschien dem Herrn Inquisitor wohl zu alt für regelmäßige Teufelsbesuche, jedenfalls hatte er bei ihrem Verhör weniger auf diesem Punkt beharrt. Trotzdem hatte er sie der Streckbank ausgesetzt, und Johannes begann zu schwitzen, als er an dieser Stelle des Protokolls angelangt war.
    Das blaue Fläschchen mit den Goldfäden. Hella hat es mir gegeben in jener Nacht, aber sie hat ihn nicht getötet. Ich wusste doch nicht, wohin damit. Da hab ich es vergraben …
    Es hielt ihn nicht länger auf seinem Stuhl, so aufgeregt war er auf einmal. Natürlich – das war es, wonach er die ganze Zeit über vergeblich in seinem Gedächtnis gekramt hatte! Hella hatte ihm von dem Fläschchen erzählt, beim ersten Mal, als er sie im Loch aufgesucht hatte.
    Mit klopfendem Herzen beugte er sich wieder über das Protokoll und las da weiter, wo er eben stehen geblieben war:
    » In meinem Garten. Unter dem Wermutstrauch. Dort werdet Ihr es finden...«
    Wenn stimmte, was Bibiana unter der Folter ausgesagt hatte, dann konnte das eine Entlastung für Hella bedeuten – und für ihn einen wichtigen ersten Schritt in seiner Verteidigung. Sollte er auf der Stelle nach dem Fläschchen suchen? Oder doch lieber erst morgen im hellen Tageslicht?
    Während Merwais noch überlegte, hörte er plötzlich von unten Geräusche. Er begann zu lächeln. Wahrscheinlich der Kater, der unter den Sträuchern scharrte. Sein Lächeln erstarb, als er genauer hinhörte. Kein Kater wäre in der Lage, derartige Töne zu verursachen. Es war auch kein Scharren, es hörte sich eher an, als würde jemand graben.
    Der Jurist packte seine Laterne und sah sich nach einer geeigneten Waffe um. Unten in der Küche packte er die schwerste Pfanne und nahm sie mit nach draußen. Im letzten Moment löschte er das Licht und schlich sich in den kleinen Garten.
    Unter dem Wertmutstrauch kauerte eine dunkel vermummte Gestalt, die mit einer kleinen Schaufel eifrig in der Erde grub. Er hörte halblautes Fluchen. Offenbar lief es nicht so, wie gedacht.
    Merwais ließ die Pfanne fallen, machte einen großen Satz, packte die Gestalt am Arm und riss sie hoch.
    »Was fällt dir ein! Lass mich sofort los!«, begann sie zu kreischen.
    Er kannte diese Stimme und wusste sofort, wer die Person war, noch bevor er ihre Kapuze nach hinten geschoben hatte, und das Mondlicht ihr Gesicht verriet.
    »Wie überaus freundlich von Euch, dass Ihr mir die Arbeit abnehmt, verehrte Hofmeisterin!«, sagte Johannes Merwais. »Ich denke, wir beide werden uns jetzt in aller Ruhe unterhalten.«

Elf
     

     
    H eute trat er den schwierigen Gang quer über die Gasse nicht allein an – und er war um einiges besser vorbereitet als beim ersten Mal. Links von Merwais schritt Jockel Pflüglin, der Mann der Hebamme Barbara, rechts der Brauer Krispin Falk, Vater der Totenwäscherin Rosin,

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