Die Hexe und der Leichendieb: Historischer Roman (German Edition)
Misston von sich. »Wein!«, forderte er. Plötzlich bemerkte er seine Frau. »Komm her, Sophie.« Er breitete die Arme aus und sah jung, stürmisch und glücklich aus. Da er um einiges größer als sie selbst war, verschwand sie fast in seinen Armen. Marsilius lachte darüber. »Sauft, Leute, aber ich hab was Besseres zu tun. Komm, Weib! Unser Sieg muss in jedem Stockwerk begossen werden, und ich begieße es in unserem!«
Sophie hatte eine dunkle Ahnung, wie die zweideutige Bemerkung gemeint war, und das Blut schoss ihr ins Gesicht. Sie ließ sich von Marsilius zur Tür ziehen, während in ihrem Rücken die Männer rhythmisch zu klopfen begangen. Allmächtiger, sie hatte nicht damit gerechnet, dass Marsilius mit ihr ins Bett steigen wollte.
In seiner Kammer angekommen, hängte ihr Ehemann die Fackel, die er sich geschnappt hatte, in den Wandhalter und warf sie auf die Decke. Lachend, keuchend, ungeschickt wegen seiner Trunkenheit, riss er sich die Kleider herab und erwartete offenbar von ihr dasselbe. Sophie hatte Mühe, aus dem Mieder zu kommen, und schließlich half er ihr, indem er einfach die Schnüre auseinanderriss.
Sie schrie leise auf und sah an seiner Miene, dass er den Laut als Ausdruck ihrer Leidenschaft deutete. Dann lag sie auch schon nackt unter ihm in den Kissen. Es war das erste Mal seit ihrer Hochzeit, und obwohl sie dagegen ankämpfte, stürzten die Bilder der grässlichen Nacht auf sie ein. Sie selbst, die verschreckt unter dem weißen Laken lag, Edith, die schlangengleich um Marsilius schwänzelte und Dinge an ihm tat, die so peinlich waren, dass Sophie wie gebannt zuschaute. Dann …
O nein! Sie musste tun, wozu Mutter ihr am Abend vor der Hochzeit geraten hatte – nämlich die Augen schließen und an Stickmuster denken. Es funktionierte so wenig wie damals. Stattdessen krallte sie die Hände in die Kissen und starrte auf die geschnitzten Vögel, die wie Nachtmahre den hölzernen Betthimmel bedeckten. Das Stroh in der Matratze verrutschte unter Marsilius’ heftigen Bewegungen. Sein Atem stank. Und als er endlich zustieß, schrie sie auf. Er keuchte und schwitzte noch eine ganze Weile, doch am Ende lag er zufrieden neben ihr, und der Schmerz ließ nach und … Im Grunde ist es gar nicht so schlimm gewesen, dachte Sophie erleichtert. Jedenfalls nicht zu vergleichen mit dem Schrecken ihrer Hochzeitsnacht. Wenn so in Zukunft ihre ehelichen Zusammenkünfte aussähen, könnte sie damit fertig werden. Mutter hatte recht gehabt. Dieser Teil der Ehepflichten war beschämend und lästig, aber auch der Mühe wert, denn Marsilius zog sie nun mit einem Lächeln an sich.
»Sophie, der Kerl hat sich vor Angst in die Hose geschissen, als er merkte, dass er nicht entkommen kann«, nuschelte er berauscht und glücklich. »Ich konnte den Flecken sehen, als er sich umdrehte. Im Ernst. Er wusste, was ihn erwartet, dass ich keine Gnade kenne …«
Marx. Sie hatte ihn völlig vergessen, aber Marsilius, nachdem er sein dringendes Verlangen gestillt hatte, war wieder bei seinem Triumph. »Wir hatten ihn umzingelt – es war aus für ihn. Gott, hat er gegafft, Sophie.«
Sie freute sich, dass er sie beim Namen nannte. Das bedeutete, dass er sie nicht mit Edith verwechselte. Er wusste, mit welcher Frau er das Lager teilte.
»Aber dass er einfach ins Haus stürzt … Was für ein Wahnsinn!«
»Wie klug von Euch, ihn aufzustöbern«, schmeichelte sie.
»Vier Tage hab ich ihn gejagt. Er war wie ein gottverdammtes Wiesel. Am Ende hat ihn einer seiner eigenen Männer verraten. Kerle wie dem ist man nicht treu. Denen dient man, solange sie zahlen. Und deshalb werden sie am Ende alle aufgeknüpft. Oder eben verbrannt.«
»Hat er sich in einen Werwolf verwandelt?«, fragte Sophie mit einer Gänsehaut. Sie musste wieder an die seltsamen Augen denken, die sie hypnotisiert und gezwungen hatten, das Tor zu öffnen.
Marsilius lachte. Sicher hatte er sich mit Amuletten gegen die teuflischen Kräfte des Unholdes gewappnet. »Er ist tot, Sophie«, murmelte er, »und ich fange wieder an zu leben. Ich lebe, Sophie. Ich spüre das Laken und deine Haut. Ich bin so glücklich.« Er wälzte sich über sie und versuchte, ein zweites Mal in sie einzudringen. Dieses Mal klappte es aber nicht. Sie konnte trotzdem seine Zufriedenheit spüren. »Ich lebe wieder!« Er schob sich neben sie und knetete ihre Brüste.
Und da wagte sie es. »Schick Edith fort!« Sie zwang sich bei diesen Worten, mit der Hand über seinen behaarten Leib
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