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Die Hexe vom Niederrhein: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe vom Niederrhein: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe vom Niederrhein: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Thiel
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ihnen den Rücken zu und schloss die Tür leise, indem
er die Klinke herunterdrückte. Ein weiteres Mal fiel sein Blick auf die durchnässte
Kleidung der Brüder, als wolle er sagen, dass dies bei Weitem nicht die richtige
Garderobe für so einen Anlass war.
    Diesmal war Maximilian schneller. »Genau deshalb sind wir hier. Ihr
könnt Eurem Herrn Bürgermeister Dannen ausrichten, dass wir eingetroffen sind.«
    Der Mann stürzte einen Schritt auf Maximilian zu.
    »Er ist nicht mein Herr«, zischte er. »Ich bin Sekretär der Gemeinde
und mir obliegen die Geschicke dieser Stadt, falls Herr Dannen nicht vor Ort sein
sollte.«
    Die beiden funkelten sich an. Maximilian und der Sekretär waren gleich
groß, sodass sie sich Auge in Auge gegenüberstanden. Jeden Moment würde der erste
Schlag fallen, dachte Lorenz.
    »Ah, meine Gäste«, unterbrach die bekannte Stimme des Bürgermeisters
das Aufbäumen der Männer. Sofort wandelte sich die Miene des Sekretärs und er wandte
sich an Dannen.
    »Ja, Herr Bürgermeister. Gerade eingetroffen«, ergänzte er überfreundlich
und mit einem Lächeln im Gesicht, als wäre es das freudigste Ereignis seit Menschengedenken.
    »Meinen Sekretär, Herrn Baier, habt ihr bereits kennengelernt. Ihr
müsst ja ganz durchnässt sein. Eine fürchterliche Nacht, nicht wahr?«
    »Ja, Herr Bürgermeister«, erwiderten beide wie aus einem Munde.
    Mit einer einladenden Geste hielt er sie an, durch
die große Empfangshalle zu kommen. Der Sekretär entschwand mit einem unterwürfigen
Nicken über die große Treppe. Erst jetzt hatten Maximilian und Lorenz Gelegenheit,
ihren Blick schweifen zu lassen. Der Boden war getäfelt mit dunklem Holz, das mit
jedem Schritt ein wenig knarrte. Große Wandteppiche säumten die Halle, nur unterbrochen
von einigen Fackeln, die Licht und gleichzeitig wohltuende Wärme spendeten. Mit
großen Augen gingen sie durch die Halle, von der sie direkt ins Esszimmer gelangten.
Die Freundlichkeit des Bürgermeisters war ihnen beinahe unangenehm.
    »Bitte setzt euch. Meine Töchter werden gleich hier sein.«
    Dannen rückte den beiden sogar den Stuhl zurecht.
Ihre nasse Kleidung scheuerte dabei etwas im Schritt. Doch dank der Wärme, die dieser
Raum bot, würde sie schnell trocknen. Der Speiseraum war mindestens so groß wie
die gesamte Schmiede. In zwei großen Kaminen knisterte das Feuer leise vor sich
hin. Der Tisch war bereits gedeckt, wenn auch die Mahlzeiten fehlten. Der Duft aus
der Küche ließ den jungen Männern sofort das Wasser im Munde zusammenlaufen. Als
sie Platz nahmen, lehnte sich Dannen zu ihnen vor und wies sie mit einer Handbewegung
an, näher zu kommen.
    »Hört mal, Burschen«, sagte er leise. »Ich freue mich, dass ihr heute
Abend meine Gäste seid, aber den Vorfall in der Gaststätte und die Gesellschaft
meiner Töchter, das vergessen wir alles ganz schnell.« Dabei setzte er sein bestes
Politikerlächeln auf. »Ich glaube, dies ist für uns alle das Beste, nicht wahr?«
    In dieser Sekunde trafen sich die Blicke der Brüder. Etwas Falsches
zu sagen wäre jetzt fatal. Auf das Essen konnte Lorenz gut verzichten. Doch mehrere
Stunden in Antonellas Augen blicken zu können, das wollte er sich nicht nehmen lassen.
Und wenn er dafür lügen musste.
    »Natürlich, Herr Bürgermeister«, sagte er deshalb.
    Der Mann klopfte den beiden etwas zu heftig auf die Schultern und begab
sich zu seinem Platz am Kopf des Tisches.
    »Prima, das Essen müsste gleich fertig sein und …« Mitten im Satz stoppte
der Bürgermeister und wandte seine Augen zur Eingangshalle.
    »Seht sie euch an. Meine Engel!«, platzte es aus ihm heraus, als er
mit einer ausladenden Handbewegung in Richtung Tür deutete.
    Mit erhobenem Haupt schritt Elisabeth lächelnd
über die Schwelle. Ihr blondes Haar war hochgesteckt und von einem Netz umspannt.
Dazu trug sie ein langes Kleid, welches mit Spitzen und Verzierungen bedeckt war
und ihren Busen anhob. Ihre grünen Augen funkelten den Brüdern entgegen und bildeten
einen scharfen Kontrast zu dem Purpurrot ihres Kleides. Allem Anschein nach ihre
Lieblingsfarbe. Einige lose Haarsträhnen umspielten ihre Wangen und rahmten ihr
wunderschönes Gesicht ein. Lorenz’ Eindruck des ersten Tages bestätigte sich ein
weiteres Mal. Wahrlich, jeder Mann konnte sich glücklich schätzen, diese Frau auch
nur ansehen zu dürfen. Für einen Moment bildete er sich ein, den Duft von Rosen
zu riechen, als Elisabeth an ihm vorbeischritt. Doch es war nicht sie, die

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