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Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Titel: Die Hexe von Freiburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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Anzeige zu nennen als die sachlichen. Wie Ihr vielleicht mitbekommen habt, arbeite ich jetzt als Buchhalter im Kaufhaus und damit im Dienst der Stadt. Ihr als Witwe eines Magistratsmitglieds müsstet eigentlich wissen, dass ich allein dadurch verpflichtet bin, Unregelmäßigkeiten anzuzeigen.»
    «Hört doch auf zu predigen wie der Pfarrer in der Kirche. Ich schädige niemanden mit dem Verkauf meiner zwei, drei Fässchen Bier. Von Anfang an habt Ihr mich doch angefeindet.»
    Siferlin schwieg und schloss die Augen. Seine Miene wirkte noch blasierter als sonst. Entschlossen trat Catharina auf ihn zu. Sie überragte den sitzenden Siferlin jetzt um Kopfeslänge.
    «Ihr hasst mich, weil ich eine Frau bin.»
    Siferlin riss die Augen auf. Dann erhob er sich, hinkte zu einer Anrichte und schenkte zwei Gläser aus edlem Kristall mit Obstwasser voll.
    Catharina, die spürte, dass sie mit ihrer Bemerkung ins Schwarze getroffen hatte, hakte nach. «Ihr hinkt stärker als früher.»
    «Haltet den Mund», fuhr er sie an. Hastig kippte er den Obstler hinunter. Ohne zu fragen, nahm Catharina das andere Glas und trank. Vielleicht bringe ich ihn mit Hilfe des Schnapses zum Reden, dachte sie. Aufmerksam beobachtete sie, wie er sich, äußerlich ganz ruhig, ein zweites Mal einschenkte.
    «Verschwindet, oder trinkt noch ein Glas mit mir», sagte er barsch, und sein Blick bekam etwas Lauerndes. Catharina trank aus und hielt ihm ihr Glas hin. Der Obstler stieg ihr zu Kopf, doch jetzt konnte sie nicht zurück.
    «In der Geschichte der Menschheit haben Frauen von Anbeginn immer nur Unheil angerichtet. Vor allem solch schöne Frauen wie Ihr.»
    Sein knotiger Zeigefinger fuhr über ihren Hals und ihren Ausschnitt. Nur nicht die Ruhe verlieren, dachte Catharina, ganz ruhig bleiben. Sie nahm seine Hand und führte ihn zum Lehnstuhl zurück.
    «Setzt Euch und trinkt noch ein Gläschen. Ihr wirkt erschöpft.»
    «Ich brauche Eure Fürsorge nicht.» Dann trank er sein drittes Glas in einem Zug aus.
    «Wie schön Ihr immer noch seid! Und nun bin ich ganz allein mit Euch und ungestört. Ich spüre, wie Euer Zauber auf mich zu wirken beginnt.» Er stöhnte leise auf.
    Catharina wurde es zusehends unwohl in ihrer Haut. Sie betete, dass sie heil aus dieser Lage herausfinden würde. Irgendwie musste sie ihn zum Reden bringen.
    «Warum hasst Ihr mich?»
    Sein Gelächter klang wie von einem lungenkranken Greis. «Ihr seid doch nur ein kleines Licht – wie sollte ich Euch da hassen? Eigentlich schade, dass sich die Natur geirrt und keinen Mann aus Euch gemacht hat. Die Fähigkeiten sind vorhanden, leider aber habt Ihr die hinterhältige Seele einer Frau, und was noch schlimmer ist: Ihr habt einen Busen, der lockt, einen Arsch, der Begierde weckt, und zwischen Euren Schenkeln ein tiefes Loch, das jeden Mann ins Verderben stürzt.»
    Wieder stöhnte er und machte einen Versuch aufzustehen, ließ sich dann aber zu Catharinas großer Erleichterung zurücksinken.
    «Ja, da staunt Ihr. Das alles sage ich, der hinkende Buchhalter Hartmann Siferlin, Euch ins Gesicht. Aber ich bin nicht so dumm wie Euer verstorbener Mann, ich lasse mich nicht von Euch einwickeln.»
    Der Mann ist nicht ganz bei Sinnen, fuhr es Catharina durch den Kopf. Siferlin war nun in seinem Redestrom nicht mehr aufzuhalten.
    «Ihr habt den Mann, den ich am meisten geschätzt habe, in Trunksucht und in den Tod getrieben. Vom ersten Tag an, als ich Euch sah, wusste ich, dass Ihr Bantzers Verderben seid. Eine heidnische Todesgöttin. Michael Bantzer –» Seine Nasenflügel begannen zu zittern. «Er war mein Vorbild, mein Freund, mein Vater, meine Liebe.»
    «Habt Ihr etwa mit Michael –» Sie sprach den Gedanken nicht aus.
    Siferlin lachte. «Jetzt habe ich Eure schmutzige Phantasie entfacht, nicht wahr? Aber im Gegensatz zu Euch ist meine Seele rein, und bis zu meinem Tod wird sie unbefleckt bleiben von diesem Schmutz aus Schleim und Blut und Sperma, in dem sich Männer und Frauen in ihrer Fleischeslust wälzen. Und auch Michael Bantzers Seele war rein, bis er auf Euch getroffen ist. Er hat mich auch geliebt, er wusste, was in mir steckt. Ihm war es gleich, ob ich hinkte oder was meine Herkunft ist.»
    Er nahm einen tiefen Schluck und sprach mit schwerer Zunge weiter.
    «Wisst Ihr, was es heißt, inmitten einer ehrenwerten Kaufmannsfamilie als Bastard aufzuwachsen? Gebrandmarkt zu sein fürs ganze Leben, nur weil die eigene Mutter eine Hure ist und es mit Lehrbuben treibt? Sie hätte mich

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