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Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Titel: Die Hexe von Freiburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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daheim und fragte sich, ob sie wohl jemals heil in Villingen ankommen würde.

    Ein warmer Sonnenstrahl im Gesicht weckte sie. Zusammengekrümmt lag sie im feuchten Gras, das Messer immer noch in ihrer Faust, und wusste im ersten Augenblick nicht, wo sie sich befand. Dann erinnerte sie sich langsam, wie an einen fernen Traum, an die Ereignisse der letzten vierundzwanzig Stunden. Mit schmerzenden Gliedern stand sie auf. Sie musste schleunigst weg hier, bevor der Wollhändler wieder auftauchte. Doch in welche Richtung? Sie stellte fest, dass sie sich an einer breiten Kreuzung befand, und es war niemand zu sehen, den sie hätte nach dem Weg fragen können. Fröstelnd ging sie auf und ab. Sie hatte Hunger und Durst, aber ihr Beutel lag irgendwo zwischen den Wollsäcken.
    Die Sonne stand hoch am Himmel, als sich ein Pferdekarren näherte. Erleichtert stellte Catharina fest, dass kein Schimmel, sondern ein Brauner eingespannt war. Auf dem Kutschbock saß eine schmale Gestalt, dahinter ein riesiger gelber Hund. Catharina fasste allen Mut zusammen und stellte sich mitten auf die Straße.
    «Geh mir aus dem Weg, Bursche, sonst fahr ich dich über den Haufen!»
    Das war ja eine Frau auf dem Wagen! Catharina traute kaum ihren Augen. Sie sprang zur Seite und lief neben dem Wagen her.
    «Bitte, könnt Ihr mich ein Stück mitnehmen?»
    Die Frau erkannte wohl, dass von diesem Jungen in seinen abgerissenen Kleidern keine Gefahr ausging, und hielt an. Catharina setzte sich neben sie. Verunsichert spürte sie den heißen Atem des Hundes in ihrem Nacken.
    «Der tut nichts», sagte die Frau, als könne sie Gedanken lesen, «solange ich ihm nicht den Befehl dazu gebe. Ich fahre nach Villingen. Wo musst du hin?»
    «Auch nach Villingen.» Catharina fühlte sich zum ersten Mal auf ihrer Reise in Sicherheit.
    «Und woher kommst du?»
    «Aus einem Dorf bei Freiburg.»
    Die Frau sah sie erstaunt an: «Dann musst du ja einen wichtigen Grund für deine Reise haben, wenn du dich so ganz allein auf diesen weiten Weg gemacht hast.»
    Da fing Catharina an zu weinen. Die Anspannung der letzten Zeit löste sich in einen Strom von Tränen. Mütterlich legte ihr die Frau den Arm um die Schultern. Sie hatte Ähnlichkeit mit Tante Marthe.
    «Du brauchst nicht weiter den harten Kerl zu spielen, ich habe gleich gemerkt, dass du ein Mädchen bist.»
    Nachdem sich Catharina mit Brot und Käse gestärkt hatte, erzählte sie der Frau, die sich als Marie vorgestellt hatte, ihre  ganze Geschichte. Marie schüttelte immer wieder den Kopf, sie konnte es offenbar kaum fassen, was sie da hörte.
    «Und was denkst du, wie es weitergeht in Villingen? Dieser Christoph weiß doch gar nicht, dass du kommst, und hat vielleicht ganz anderes zu tun, als sich um dich zu kümmern?»
    «Wir haben uns beim Abschied geschworen, aufeinander zu warten.»
    «Aufeinander zu warten und tatsächlich zusammenzufinden, das sind zwei verschiedene Paar Stiefel. Aber ich will dir nicht den Mut nehmen. Jetzt hast du erst einmal eine gemütliche Reise ohne aufdringliche Mannsbilder vor dir, und ich bin froh, eine Weggefährtin zu haben.»
    Auf Catharinas Fragen hin erzählte sie ein wenig von sich. Ihr Mann war ein bekannter Fellhändler aus Lenzkirch, und seit seinem plötzlichen Tod im letzten Jahr führte sie seine Geschäfte weiter.
    «Habt Ihr als Frau keine Angst, allein unterwegs zu sein?», fragte Catharina erstaunt.
    «Wenn ich mehrere Tage auf Reisen bin, nehme ich den Gesellen mit, einen Mann, auf den ich mich auf Biegen und Brechen verlassen kann. Und sonst habe ich ja Moses.» Sie tätschelte den riesigen Kopf des Hundes.
    «Habt Ihr Kinder?»
    «Leider nicht. Die ersten Jahre unserer Ehe dachte ich, es liege an mir. Mein Mann hat mir zwar nie Vorwürfe gemacht, aber auch er war überzeugt, dass ich keine Kinder bekommen konnte. Inzwischen bin ich mir da nicht mehr so sicher, zu oft habe ich schon erlebt, dass eine Frau nicht von ihrem Mann, sondern von ihrem Untermieter oder Nachbarn schwanger wurde. Möchtest du Kinder?»
    «Ja. Zwei Mädchen und zwei Jungen.» Aber nur zusammen mit Christoph, dachte sie.
    Die Fahrt verlief ohne Zwischenfälle. Catharina döste vor sich hin, unterhielt sich mit Marie oder betrachtete die Landschaft. Hier oben kam der Frühling viel später als zu Hause. Die Laubbäume waren noch kahl, und die Obstbäume setzten gerade ihre ersten Blüten an. Sie fuhren durch ärmliche Dörfer, wo barfüßige Kinder mit zerrissenen Kleidern hinter ihnen

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